Sphincter-Oddi-Dysfunktion
Synonym: SOD
Englisch: sphincter of Oddi dysfunction
Definition
Bei der Sphincter-Oddi-Dysfunktion, kurz SOD, handelt es sich um eine pathologische Tonuserhöhung des Musculus sphincter Oddi, die häufig mit Gallenkoliken und einer biliären Schmerzsymptomatik einhergeht.
Epidemiologie
Eine SOD tritt typischerweise bei cholezystektomierten Frauen mittleren Alters auf. Aufgrund einer Vielzahl von Faktoren sind Zahlen zur Sphincter-Oddi-Dysfunktion schwierig zu erheben. Die Prävalenz einer SOD nach Cholezystektomie wird, je nach Quelle, zwischen <1 % und 5 % angegeben.
Grundsätzlich kann eine SOD bei beiden Geschlechtern, in jeder Altersgruppe und auch unabhängig von einer Cholezystektomie vorkommen.
Pathophysiologie
Pathogenetisch werden unter dem Krankheitsbild Sphincter-Oddi-Dysfunktion zwei Entitäten beschrieben:
- die Sphincter-Oddi-Stenose und
- die Sphincter-Oddi-Dyskinesie
Sphincter-Oddi-Stenose
Bei der Sphincter-Oddi-Stenose handelt es sich um eine anatomische Anomalie, die mit einer Verengung des Musculus sphincter oddi verbunden ist. Potenzielle Ursachen sind Prozesse, die zu einer Entzündung und Vernarbung im Bereich des Sphinkters führen. Hierzu zählen beispielsweise rezidivierende Pankreatitiden, die Passage kleiner Gallensteine durch die Papille, Infektionen und Traumata im Rahmen einer ERCP. In der Folge kommt es zu einer gestörten Motilität des Sphinkters und zu einem erhöhten basalen Verschlussdruck.
Sphincter-Oddi-Dyskinesie
Die Sphincter-Oddi-Dyskinesie umfasst eine funktionelle Störung des Sphinkters, die in intermittierenden biliären Obstruktionen resultiert. Der exakte Pathomechanismus ist bisher (2022) noch nicht geklärt. Es besteht die Hypothese, dass der Spasmus der Papille durch lokale hormonale Botenstoffe beeinflusst wird, weil sowohl ein Spasmus als auch die Relaxation des Sphinkters medikamentös modulierbar sind.
Klassifikation
Die Einteilung der Sphincter-Oddi-Dysfunktion erfolgt nach den Milwaukee-Kriterien von Hogan und Geenen:
Abnorme Transaminasen, Cholestaseparameter und/oder Lipasämie | Dilatation von Ductus choledochus und/oder pancreaticus | |
---|---|---|
Typ I | Doppelt positiv: Sowohl Cholestaseparameter als auch Lipase auffällig | Beide Gänge dilatiert |
Typ II | Einfach positiv: Nur Cholestaseparameter oder nur Lipase auffällig | Einer der Gänge dilatiert |
Typ III | Doppelt negativ: Negativ ohne jegliche Auffälligkeiten | Keine Auffälligkeiten |
Klinik
- Rezidivierende Abdominalschmerzen
- Häufig kolikartig mit biliärem Charakter
- Ggf. Assoziation mit Nahrungsaufnahme
- Rezidivierende Pankreatitis (seltener)
Diagnostik
Zur Diagnosestellung sollten laborchemische und bildgebende Befunde in der Zusammenschau betrachtet werden.
Labor
Die laborchemische Basisdiagnostik umfasst insbesondere:
- Transaminasen
- Cholestase-Parameter (AP, Gamma-GT)
- Lipase
Bildgebung
Die Bildgebung erfolgt als Stufendiagnostik:
- Abdomensonografie: Sie ist bei guter Darstellbarkeit ausreichend.
- Endosonografie und/oder MRCP: Insbesondere zum Ausschluss einer Mikrolithiasis der Gallenwege und/oder des Pankreasgangsystems. Zusätzlich dient sie dem Ausschluss einer Papillenstenose bzw. -sklerose oder eines Papillenadenoms/-karzinoms mit anatomischer Verengung
- ERCP: Nach Kontrastmitteldarstellung ggf. gute Visualisierung eines verzögerten Abflusses (indirektes diagnostisches Zeichen)
- Ggf. CT-Abdomen: zum Ausschluss von malignen Neoplasien (CCC, Pankreaskarzinom, Papillenkarzinom)
Weiterführende Diagnostik
Neben Laboruntersuchungen und bildgebenden Verfahren können darüber hinaus eine Manometrie der Gallenwege und des Sphinkters sowie eine Bürstenzytologie bei auffälligen Strukturen im Gangbereich durchgeführt werden.
Therapie
Die Therapie erfolgt in Abhängigkeit des jeweiligen SOD-Typs. Grundsätzlich ist die ERCP mit Papillotomie das therapeutische Verfahren der Wahl.
- Typ I: Eine Intervention sollte immer erfolgen
- Typ II: Großzügige Indikationsstellung zur Papillotomie, insb. bei rezidivierender Pankreatitis oder eindeutig Nahrungsaufnahme-assoziierter biliärer Symptomatik mit ≥2 Episoden
- Typ III: Keine Papillotomie empfohlen, erweiterte Diagnostik bezüglich funktioneller Bauchschmerzen sollte eingeleitet werden.
Literatur
- Catalano et al. Clinical manifestations and diagnosis of sphincter of Oddi dysfunction, UpToDate, 2022
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