Sichelzellenretinopathie
Synonym: Sichelzellretinopathie, Sichelzellen-Retinopathie
Englisch: sickle cell retinopathy
Definition
Die Sichelzellenretinopathie, kurz SCR, ist eine Erkrankung der Netzhaut, die im Rahmen einer Sichelzellanämie durch Störung der retinalen Mikrozirkulation entsteht.
Pathogenese
Eine Punktmutation im β-Globin führt bei Patienten mit Sichelzellanämie zur Bildung von Hämoglobin S (HbS). ß-Globin liegt auf Chromosom 11 an Genlokus 11p15.5. Bei Sauerstoffmangel kristallisiert HbS in Form länglicher Kristalle, die dazu führen, dass die normalerweise bikonkaven Erythrozyten eine Sichelform annehmen.
Die Sichelzellen verklumpen und bilden zusammen mit Thrombozyten, Fibrin und Leukozyten kleine Thromben, welche die feinen Netzhautgefäße verlegen. Im Anschluss kann es unter dem Einfluss von inflammatorischen Zytokinen (z.B. TNF-α) und Wachstumsfaktoren (z.B. VEGF) zu Entzündungsprozessen und Proliferationen kommen.
Einteilung
Aufgrund der morphologischen Veränderungen der Netzhaut unterscheidet man:
- nicht-proliferative Sichelzellen-Retinopathie (NPSCR)
- proliferative Sichelzellen-Retinopathie (PSCR)
Diagnostik
Die Diagnose ergibt sich aus der Anamnese und dem ophthalmologischen Befund (Fundoskopie, Retinographie, Fluoreszenzangiographie, OCT).
Typische Veränderungen sind retinale Blutungen, die sich je nach Größe, Alter und Tiefe der Blutung in Form von Lachsflecken ("salmon patch"), Glitzerflecken ("iridescent bodies") und schwarzen Sonnenflecken ("black sunburst") präsentieren. Sie führen zunächst zu keiner relevanten Visusminderung.
Klassifikation
Die Sichelzellen-Retinopathie wird nach der Goldberg-Klassifikation in 5 Stadien eingeteilt:
Stadium | Klinik |
---|---|
I | Periphere arterielle Verschlüsse. Die okkludierten Gefäße treten in der Fundoskopie als dunkelrote Linien hervor. |
II | Periphere arteriovenöse Anastomosen als Folge von sequentiellen Obstruktionen. Das Blut aus den blockierten Arteriolen wird in die Venen umgeleitet. |
III | Periphere retinale Neovaskularisationen, die aus den Anastomosen entstehen und in die ischämische Retina einwachsen. |
IV | Glaskörperblutungen aus Neovaskularisationen |
V | Teils traktive, teils rhegmatogene Netzhautablösung |
Differentialdiagnosen
Therapie
Zu den therapeutischen Optionen zählen u.a.:
- Laserkoagulation der Neovaskularisationen
- Intravitreale Gabe von Bevacizumab
- Pars-plana-Vitrektomie (PPV)
Literatur
- A. M. Joussen. Retinale Gefäßerkrankungen. Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 2012
- Heimann. Atlas des Augenhintergrundes. Thieme Verlag, 2010
- Grehn. Augenheilkunde. Springer Verlag, 31. Auflage, 2012
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