Penetrierendes Aortenulkus
Synonym: Penetrierendes atherosklerotisches Ulkus
Englisch: penetrating atherosclerotic ulcer, penetrating aortic ulcer
Definition
Ein penetrierendes Aortenulkus, kurz PAU, ist ein ulzerierender Defekt der Intima der Aorta, der durch die Membrana elastica interna in die muskuläre Tunica media vorbricht. Es tritt zumeist an einer vorbestehenden atherosklerotischen Plaque auf und kann durch sich vorwühlendes Blut zu einem intramuralen Hämatom (IMH) führen.
Terminologie
Aufgrund der teils sehr ähnlichen Symptomatik und Pathophysiologie wird das PAU zusammen mit der klassischen Aortendissektion und dem intramuralen Hämatom unter dem klinischen Überbegriff des akuten Aortensyndroms geführt.
Ob das PAU eine gedeckte Ruptur oder ein Pseudoaneurysma darstellt, ist umstritten.
Ätiologie und Epidemiologie
Das PAU betrifft vor allem ältere Männer und ist mit arterieller Hypertonie, Zigarettenrauchen und koronarer Herzkrankheit vergesellschaftet.[1] Da es zumeist auf dem Boden einer atherosklerotischen Plaque auftritt, sind die Risikofaktoren ähnlich denen der Atherosklerose.
Ein PAU macht 2 bis 10 % der Fälle eines akuten Aortensyndroms aus. In 50 % findet sich gleichzeitig ein Aortenaneurysma, meist der Aorta abdominalis.
Klassifikation
Analog zur Aortendissektion werden PAUs anhand der Stanford-Klassifikation eingeteilt:
- Typ A: jeder Abschnitt der Aorta proximal des Ursprungs der linken Arteria subclavia
- Typ B: distal des Ursprungs der linken Arteria subclavia
Am häufigsten ist die Aorta descendens, weniger häufig der Aortenbogen und selten die Aorta ascendens betroffen.
Klinik
Ein PAU ist in den meisten Fällen asymptomatisch und wird als Zufallsbefund diagnostiziert. Die symptomatische Variante wird, wie oben bereits beschrieben, klinisch unter dem akuten Aortensyndrom geführt und manifestiert sich mit (akut einsetzenden) reißenden bis pulsierenden Thoraxschmerzen, die meist in den Rücken zwischen die Schulterblätter ausstrahlen.
Diagnostik
In der Akutsituation ist die computertomographischer Angiographie (CTA) aufgrund ihrer Verfügbarkeit und schnellen Durchführbarkeit das diagnostische Mittel der Wahl. Das PAU kann aber auch mittels Magnetresonanzangiographie (MRA), transösphagealer Echokardiographie (TEE) und klassischer invasiver Angiographie diagnostiziert werden.
siehe Hauptartikel: akutes Aortensyndrom
Computertomographie
Richtungsweisend für ein PAU ist eine pilzförmige bis kraterartige, Kontrastmittel-gefüllte Ausstülpung, die über die Grenzen der zu erwartenden Aortenwand hinausgeht. Häufig findet sich ein intramurales Hämatom, das in der nativen CT als hyperdense, konzentrische oder sichelförmige Wandverdickung auffällt. Ein Intimaflap oder ein falsches Lumen fehlt. Generell finden sich deutliche atherosklerotische Veränderungen der Aortenwand. Des Weiteren kann neben dem Ulkus eine fokale Weichgewebsvermehrung auffallen, der eine gedeckte Ruptur oder ein Pseudoaneurysma zugrunde liegt.
Der radiologische Befund sollte folgende Aspekte berücksichtigen:
- proximale und distale Ausdehnung des Ulkus
- Vorhandensein und Dicke eines assoziierten intramuralen Hämatoms
- maximaler Durchmesser des betroffenen Aortenlumens
- Tiefe des Ulkus
Komplikationen
Das PAU kann sich vollständig zurückbilden oder stabil bleiben. Häufige Komplikationen sind jedoch:
- Aortendissektion
- sacciformes Aortenaneurysma
- Aortenruptur
- aortales Pseudoaneurysma
- arterielle Embolien: insbesondere bei infrarenalen PAUs
Eine höhere Komplikationsrate weisen PAUs mit einer Tiefe > 10 mm und einem Durchmesser > 20 mm auf. Pleuraergüsse sind ebenfalls mit einem erhöhten Rupturrisiko assoziiert.
Differenzialdiagnosen
Radiologische Differenzialdiagnosen umfassen:
- ulzerierter atheromatöser Plaque: Mittels Bildgebung kann nicht sicher festgestellt werden, ob ein Ulkus die Membrana elastica interna penetriert hat. Ein ulzerierter Plaque geht nicht über die zu erwartenden Grenzen der Aortenwand hinaus und ist geht nicht mit einem IMH einher. Weiterhin haben ulzerierte Plaques eine wellenförmige Grenzfläche zum angrenzenden Thrombus, während ein PAU eine glatte Grenzfläche zu einem intramuralen Hämatom aufweist.
- Ulcer-like Projection (ULP): Kontrastmittelausstülpung mit breiter (> 3 mm) Öffnung zum Aortenlumen. Es entwickelt sich bei 1/3 der IMH-Patienten innerhalb von 1 bis 4 Monaten. Am häufigsten im Bereich der Aorta descendens, seltener der Aorta ascendes und des Aortenbogens. Erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Dissektion, einer Aortenruptur oder einer sacciformen aneurysmatischen Dilatation. Im Gegensatz zum PAU fehlen atherosklerotische Veränderungen mit Intimairregularitäten, wobei PAU und ULP oft nicht zu unterscheiden sind.
- Intramural Blood Pool (IBP): kleine Region mit Kontrastmittelanreicherung innerhalb des intramuralen Hämatoms mit nicht erkennbarer oder kleiner (< 2 mm) Verbindung zum echten Lumen und meist nachweisbarer Verbindung zu einer Interkostal- oder Lumbalarterie. Am häufigsten im Bereich der Aorta descendens bei einem > 10 mm dicken IMH in der initialen CT. Bildet sich in der Regel spontan zurück.
- Aortitis (Takayasu- oder Riesenzellarteriitis): typischerweise konzentrische, gleichmäßige Verdickung der Aortenwand, die im nativen CT normalerweise nicht hyperdens ist. Teilweise zeigen sich ein periaortales entzündliches Stranding sowie Kaliberirregularitäten weiterer Gefäße. In der MRT sieht man ein Enhancement der Aortenwand.
- Infektiöses ("mykotisches") Pseudoaneurysma
- Traumatische Aortenverletzung
Therapie
Die Therapie eines PAUs ist abhängig von der Lokalisation und der Symptomatik. So werden Läsionen der Aorta ascendens aufgrund ihrer erhöhten Rupturgefahr oft frühzeitig chirurgisch behandelt. Ein asymptomatisches PAU der Aorta descendens kann zunächst konservativ mittels Blutdruckkontrolle und engmaschigen Verlaufskontrollen therapiert werden. Symptomatische oder progrediente PAUs werden meist mittels TEVAR behandelt.[2]
Literatur
- Hayashi H et al. Penetrating atherosclerotic ulcer of the aorta: imaging features and disease concept, Radiographics. 2000;20(4):995-1005
- Patatas K et al. Penetrating atherosclerotic ulcer of the aorta: a continuing debate, Clin Radiol. 2013;68(8):753-759
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