Retrobulbärhämatom
Synonyme: retrobulbäres Hämatom, Orbitahämatom, orbitales Hämatom
Englisch: retrobulbar hematoma, orbital hemorrhage
1. Definition
Ein Retrobulbärhämatom ist ein durch eine arterielle oder venöse Blutung entstandener Bluterguss hinter dem Auge. Er kann zu Funktionsstörungen des Auges bis hin zur Erblindung führen.
2. Ätiologie
Ein Retrobulbärhämatom ist meist die Folge eines Traumas. Es tritt häufig als Begleiterscheinung einer Mittelgesichtsfraktur, Orbitawandfraktur oder Orbitabodenfraktur auf. Weitere mögliche Ursachen sind:
- Weichteilverletzungen durch Stöße, Schläge oder Unfälle, zum Beispiel beim Sport
- iatrogene Entstehung im Rahmen von Augenoperationen bzw. HNO-Eingriffen oder bei retrobulbären Injektionen
- Koagulopathien, Antikoagulationstherapie
- Barotrauma
Selten können auch retrobulbäre Neoplasien oder eine hypertensive Krise Ursache einer spontanen Blutung sein.
3. Pathophysiologie
Als Folge des Retrobulbärhämatoms kommt es zu einer intraorbitalen Druckerhöhung und zu einer Kompression des Sehnervs. Zudem können die Arteria infraorbitalis sowie die venösen Abflüsse betroffen sein.
4. Symptome
Zu den Symptomen des Retrobulbärhämatoms gehören u.a.:
- Schwellungen (periorbitales Ödem), Hämatome und Ekchymosen im Bereich der Augenhöhle
- Schmerzen und/oder Druckempfindlichkeit
- Exophthalmus
- Visusminderung oder -verlust
- gestörte Augenbeweglichkeit mit Diplopien
- erhöhter Augeninnendruck
- Störung des Pupillenreflexes (bei Schädigung des Sehnervs)
Als Allgemeinsymptome können zusätzlich Übelkeit und Erbrechen auftreten.
5. Komplikationen
Ein Retrobulbärhämatom kann zu einem orbitalen Kompartmentsyndrom und damit zu einem Verlust des Sehvermögens führen.
6. Diagnostik
Ein Retrobulbärhämatom ist ein Notfall, der eine umfassende augenärztliche Untersuchung erfordert. Sie umfasst:
- Anamnese: Erfassung von Traumata, iatrogenen Eingriffen oder Hinweisen auf Gerinnungsstörungen
- Überprüfung der Pupillenreaktion
- Überprüfung der Augenbeweglichkeit
- Ophthalmoskopie
- Tonometrie
- Visusbestimmung
6.1. Bildgebung
- Sonographie
- Computertomographie (CT) Schädels
- Magnetresonanztomographie (MRT)
- Gerinnungsdiagnostik
7. Therapie
Ein Retrobulbärhämatom erfordert eine schnelle Behandlung, da es innerhalb weniger Stunden zu einem irreversiblen Visusverlust kommen kann. Zu den primären Behandlungsmöglichkeiten gehört z.B. die Druckentlastung der Orbita durch eine laterale Kanthotomie mit Kantholyse. Unterstützend können Glukokortikoide zur Reduktion von Entzündungsreaktionen und Ödemen sowie lokale Kühlmaßnahmen eingesetzt werden.
Die weitere Therapie richtet sich nach der auslösenden Ursache und hängt von der Schwere der Blutung ab. Bei Frakturen steht beispielsweise eine adäquate Frakturversorgung im Vordergrund.
8. Literatur
- Kumar S, Blace N. Retrobulbar Hematoma. [Updated 2022 Nov 28]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2024 Jan
- Basic - MKG von H. Holtmann, B. Wilhelm, 2024