Matrix-Metalloproteinase 9
Synonyme: MMP9, Gelatinase B, CLG4B
Englisch: matrix metallopeptidase 9
Definition
Die Matrix-Metalloproteinase 9, kurz MMP-9, ist ein Enzym der EC-Klasse III (Hydrolasen), das zur Familie der Matrix-Metalloproteinasen gehört. Es spielt eine zentrale Rolle im Gewebeumbau, bei Entzündungsprozessen und in der Pathophysiologie verschiedener Erkrankungen.
Genetik
Das MMP9-Gen befindet sich auf Chromosom 20 am Genlokus 20q13.12. Es unterliegt einer komplexen transkriptionellen Regulation durch Zytokine (z. B. IL-1β, TNF-α), Wachstumsfaktoren und mechanische Reize.[1]
Vorkommen
MMP-9 wird von verschiedenen Zelltypen exprimiert, darunter Neutrophile, Makrophagen, Fibroblasten, Endothelzellen und bestimmte Tumorzellen. Besonders hohe Konzentrationen finden sich bei akuten Entzündungen und in Tumormikromilieus.
Biochemie
Matrix-Metalloproteinasen gehören zur Gruppe der zinkabhängigen Endopeptidasen. MMP-9 ist in der Lage, Bestandteile der extrazellulären Matrix, insbesondere Typ IV und V Kollagen sowie Gelatine, zu degradieren.
Die Synthese erfolgt inaktiv als Zymogen (Pro-MMP-9), das durch Proteasen wie Plasmin oder andere MMPs aktiviert wird.[2]
Funktion
MMP-9 ist essentiell für Prozesse wie:
- Gewebeumbau und Wundheilung
- Angiogenese
- Mobilisierung hämatopoetischer Stammzellen aus dem Knochenmark
- Remodellierung der Blut-Hirn-Schranke[3]
Klinische Relevanz
Neurologie
MMP-9 wird als Biomarker in der Schlaganfallmedizin diskutiert. Erhöhte Serumspiegel korrelieren mit einem erhöhten Risiko für eine hämorrhagische Transformation nach ischämischem Schlaganfall, insbesondere nach Thrombolyse oder mechanischer Thrombektomie.[4][5]
Onkologie
MMP-9 fördert die Invasion und Metastasierung verschiedener Tumoren durch EZM-Degradation und Angiogeneseinduktion. Eine Überexpression ist bei verschiedenen Karzinomen mit einer ungünstigen Prognose assoziiert.[6]
Kardiologie
MMP-9 ist an der Atherogenese sowie an Umbauvorgängen nach Myokardinfarkt beteiligt. Es wird auch im Zusammenhang mit kardialem Remodeling und Herzinsuffizienz diskutiert.[7]
Nachweis
MMP-9 kann in Plasma-, Serum- oder Gewebeproben mittels ELISA, Western Blot oder Gelatine-Zymographie quantifiziert werden. In translationalen Studien werden zunehmend aktivitätsassoziierte Messmethoden eingesetzt, z.B. FRET-basierte Substrate oder an die Durchflusszytometrie gekoppelte Assays.
Pharmakologie
Die Hemmung von MMP-9 wird als mögliches therapeutisches Ziel bei verschiedenen Erkrankungen untersucht. Klinisch zugelassene selektive MMP-Inhibitoren existieren derzeit (2025) noch nicht. Frühere Versuche (z.B. Marimastat) waren durch einen Mangel an Spezifität und Nebenwirkungen gekennzeichnet.[8]
Quellen
- ↑ Vandooren et al. Biochemistry and molecular biology of gelatinase B or matrix metalloproteinase-9 (MMP-9): The next decade. Critical Reviews in Biochemistry and Molecular Biology. 48(3): 222–272. 2013
- ↑ Nagase und Woessne. Matrix metalloproteinases. The Journal of biological chemistry. 274(31): 21491–21494. 1999
- ↑ Rosenberg. Matrix metalloproteinases and their multiple roles in neurodegenerative diseases. The Lancet. Neurology. 8(2): 205–216. 2009
- ↑ Montaneret al. Matrix metalloproteinase-9 pretreatment level predicts intracranial hemorrhagic complications after thrombolysis in human stroke. Circulation. 107(4): 598–603. 2003
- ↑ Castellanos et al. Serum cellular fibronectin and matrix metalloproteinase-9 as screening biomarkers for the prediction of parenchymal hematoma after thrombolytic therapy in acute ischemic stroke: a multicenter confirmatory study. Stroke. 38(6): 1855–1859. 2007
- ↑ Björklund und Koivunen. Gelatinase-mediated migration and invasion of cancer cells. Biochimica et biophysica acta. 1755(1): 37–69. 2005
- ↑ Lindsey et al. Matrix metalloproteinase-9 gene deletion facilitates angiogenesis after myocardial infarction. American journal of physiology. Heart and circulatory physiology. 290(1): H232–H239. 2005
- ↑ Cathcart et al. Targeting Matrix Metalloproteinases in Cancer: Bringing New Life to Old Ideas. Genes & diseases, 2(1): 26–34. 2015