Gelatine
Handelsname: u.a. Gelfoam
Englisch: gelatin
Definition
Gelatine ist eine durchsichtige, farblose, geruchslose und fast geschmackslose Substanz, die aus tierischem Kollagen gewonnen wird.
Gewinnung
Zur Gewinnung der Gelatine wird tierisches Bindegewebe, vor allem von Schweinen und Rindern, in Form von Haut, Knochen der Hydrolyse unterzogen, wodurch die Peptidbindungen der Proteine aufgespaltet werden. Das dann wasserlösliche Kollagen kann nach der Hydrolyse extrahiert werden. Gelatine ist eine gelartige Substanz, die durch Erwärmen flüssig wird. Daher lösen sich Lebensmittel wie Götterspeise im Mund in eine flüssige Form auf.
Man unterscheidet zwei Herstellungsverfahren, ein saures und ein basisches Verfahren. Beim sauren Verfahren wird das Tiermaterial innerhalb von zwei Tagen mit starken anorganischen Säuren behandelt. Im basischen Verfahren setzt man es einige Wochen einer Mischung aus NH3 und Ca(OH)2 behandelt. Anschließend wird das Material in beiden Fällen extrahiert, gereinigt, eingedickt und getrocknet, was dann zu den Produkten Gelatine A (A für "acid") und Gelatine B (B für "base") führt.
Verwendung
Gelatine wird in zahlreichen Lebensmitteln, wie zum Beispiel Weingummi, Götterspeise und Halbfettprodukten verwendet. In der Medizin wird Gelatine sehr vielseitig eingesetzt, u.a.:
- in der Mikrobiologie als Geliermittel zur Herstellung von Nährböden
- als Hilfsstoff in Medikamenten (z.B. in Impfstoffen gegen FSME oder Tollwut)
- als Hüllmaterial für die Herstellung bestimmter Darreichungsformen (Gelatine-Kapseln)
- im Rahmen einer Flüssigkeitsersatztherapie als Volumenersatzmittel
- als temporäres Embolisat in der interventionellen Radiologie
Gelatine weist im Vergleich zu anderen Kolloiden bei parenteraler Zufuhr ein erhöhtes Risiko für anaphylaktische Reaktionen auf.
...als Embolisat
Gelatine war das erste Embolisat, das beim Menschen angewandt wurde. Es induziert die Hämostase durch beschleunigte Thrombusbildung, indem es das 45-fache seines Gewichts absorbiert, sobald es in Kontakt mit Flüssigkeiten kommt ("Trocknungseffekt"). Dabei kommt es nur zu einer relativ geringen entzündlichen Gewebereaktion. Gelatine wird in Plättchen, Stücken oder Partikeln vertrieben. Diese werden gegebenenfalls in kleine Stücke geschnitten und mit Kochsalzlösung und Kontrastmittel zu einer gelartigen Suspension vermischt. Alternativ können die Platten in schmale Streifen geschnitten und eng gerollt werden, bis sie wie Torpedos geformt sind.
Je nach Größe und Form kann Gelatine dann durch einen diagnostischen Katheter, einen Mikrokatheter oder eine lange Schleuse appliziert werden. Gelatine wird insbesondere zur Blutstillung nach einem Trauma, bei postpartalen Blutungen sowie zur temporären Devaskularisierung einer Läsion vor einer chirurgischen Entfernung verwendet. Ein weiteres Einsatzgebiet ist die Embolisation eines Punktionstrakts nach perkutanen hepatobiliären Interventionen. Die Gefäßrekanalisation nach Resorption der Gelatine erfolgt meist innerhalb von etwa 2 Wochen. Durch Mischung mit Natriumtetradecylsulfat kann die Zeit auf Monate verlängert werden.