Lösungsmittel-induzierte toxische Enzephalopathie
Synonyme: lösungsmittelbedingte Enzephalopathie, organisches Lösungsmittelsyndrom, berufsbedingte Lösungsmittelenzephalopathie, Lösungsmittelvergiftung, toxisches Lösungsmittelsyndrom
Definition
Bei der Lösungsmittel-induzierten toxischen Enzephalopathie handelt es sich um eine diffuse Störung der Hirnfunktion, die unter anderem mit Konzentrationsdefiziten, Merkschwächen, Denkstörungen, Persönlichkeits- und Affektveränderungen einhergeht und durch eine Vielzahl unterschiedlicher Lösungsmittel ausgelöst werden kann.
Ätiologie
Eine Lösungsmittel-induzierte toxische Enzephalopathie kann durch verschiedene Substanzen verursacht werden. Gesicherte neurotoxische Lösungsmittel sind beispielsweise:
- Aliphatische Kohlenwasserstoffe (z.B. n-Hexan, n-Heptan)
- Ketone (z.B. Butanon-2)
- Alkohole (z.B. Methanol)
- Aromatische Kohlenwasserstoffe (z.B. Benzol, Toluol)
Neurotoxische Lösungsmittel sind einzeln oder in Form von Gemischen in verschiedenen Produkten zu finden. Zur Anwendung kommen sie unter anderem in folgenden Einsatzgebieten:
- als Lösungsmittel für z.B. Farben, Lacke, Klebstoffe
- zum Reinigen und Entfernen, z.B. in der Metall- oder Kunststoffindustrie
- für chemische Reaktionen, z.B. als Ausgangs- oder Zwischenprodukt bzw. als Lösungsvermittler
Organische Lösungsmittel sind meistens sehr flüchtig. Daher verdampfen sie auch bei niedrigeren Temperaturen recht schnell und können sich somit in höheren Konzentrationen in der Atemluft anreichern. Darüber hinaus können die Lösungsmittel auch über direkten Hautkontakt aufgenommen werden.
Klinik
Typischerweise tritt das Krankheitsbild im Zeitraum der akuten Exposition auf. Die Symptome können jedoch auch nach Beendigung der Exposition weiter fortschreiten.
Der klinische Verlauf der Lösungsmittel-induzierten toxischen Enzephalopathie kann in verschiedene Schweregrade eingeteilt werden.
Schweregrad | Klinik |
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I |
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II A |
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II B |
Zusätzlich zu den Symptomen von II A:
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III |
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Diagnostik
Die Diagnose wird durch die Anamnese und den psychopathologischen Befund gestellt. Der psychopathologische Befund wird durch verschiedene psychologische Testverfahren objektiviert. In der Regel sind ab dem Schweregrad II A testpsychologische Leistungsminderungen nachweisbar. Bildgebende Verfahren sowie neurophysiologische Untersuchungen (z.B. EEG, Nervenleitgeschwindigkeit) zeigen in niedrigeren Stadien meist keine Auffälligkeiten. Liegt ein Schweregrad III vor, können in manchen Fällen hirnatrophische Veränderungen in der kranialen Computertomographie oder in einer Kernspintomographie nachgewiesen werden. Die Diagnose einer Lösungsmittel-induzierten toxischen Enzephalopathie kann durch erhöhte Werte im Biomonitoring gestützt werden. Dabei werden die Lösungsmittel oder deren Metabolite im Blut oder Urin bestimmt.
Therapie
Die wichtigste therapeutische Maßnahme ist die Expositionskarenz.
Prognose
Die Prognose ist abhängig vom Schweregrad und ist interindividuell verschieden.
Quellen
- Merkblatt zur Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV), abgerufen am 16.08.2022
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