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Intrakranielle neurenterische Zyste

Synonyme: enterogene Zyste, enterische Zyste, endodermale Zyste, neuroendodermale Zyste
Englisch: neurenteric cyst, entereogenous cyst, enteric cyst, endodermal cyst, neuroendodermal cyst, gastrogenic cyst, archenteric cyst

1. Definition

Intrakranielle neurenterische Zyste sind seltene angeborene intrakranielle Zysten, die aus dem Endoderm hervorgehen. Deutlich häufiger sind spinale neurenterische Zysten.

2. Epidemiologie

Neurenterische Zysten können sich in jedem Alter manifestieren, am häufigsten im 3. bis 4. Lebensjahrzehnt und am zweithäufigsten im 1. Lebensjahrzehnt. Männer sind etwas häufiger betroffen.

3. Ätiologie

Neurenterische Zysten zählen zusammen mit den Rathke-Zysten und den Kolloidzysten zu den kongenitalen intrakraniellen Zysten endodermaler Herkunft. Die Zysten entstammen embryonalen multipotenten Endodermzellen, die entlang des Neuroektoderms dorsal der sich entwickelnden Chorda dorsalis wandern. Vermutlich entsteht die Zyste duch unvollständige Resorption des neurenterischen Kanals, einer vorübergehenden Verbindung zwischen Dottersack und Amnionhöhle während der frühen Embryogenese.

4. Lokalisation

Neurenterische Zysten des ZNS sind meist spinal lokalisiert. Intrakranielle neurenterische Zysten machen 25 % der Fälle aus und befinden sich in 75 % der Fälle in der hinteren Schädelgrube. Sie befinden sich fast immer extraaxial und typischerweise mitelliniennah anterior des pontomedullären Übergangs oder in der Cisterna pontocerebellaris inferior. Ungefähr 25 % der intrakraniellen neurenterischen Zysten sind supratentoriell lokalisiert und dann meist fern von Mittellinie angrenzend an den Frontallappen.

5. Klinik

Neurenterische Zysten der hinteren Schädelgrube manifestieren sich meist mit undulierenden Nacken- und okzipitalen Kopfschmerzen. Bei supratentorieller Lokalisation kommen Kopfschmerzen, Verhaltensänderungen und Krampfanfälle vor.

6. Diagnostik

6.1. Pathologie

6.1.1. Makroskopie

Die meisten intrakraniellen neurenterischen Zysten wachsen sehr langsam und sind ca. 1 bis 3 cm groß, insbesondere bei supratentorieller Lokalisation können sie jedoch auch eine Größe von bis zu 9 cm einnehmen. Sie treten fast immer solitär auf. Eine diffuse Disseminierung mit multiplen Zysten wurde bei spinaler Lokalisation in Einzelfällen beschrieben.

Die Zyste wird durch eine dünne, durchsichtige Wand glatt begrenzt. Der Zysteninhalt ist variabel und reicht von klarer, farbloser, liquorähnlicher Flüssigkeit bis hin zu viskösem, muzinösem Sekret.

6.1.2. Mikroskopie

Neurenterische Zysten werden durch drei Gewebearten begrenzt:

Eine squamöse Metaplasie und sogar eine Transformation in ein muzinöses Adenokarzinom wurde beschreiben.

6.2. Radiologie

Neurenterische Zysten sind klar abgrenzbare, rundlich bis ovaläre Raumforderungen. Die Dichte bzw. das Signalverhalten variiert je nach Proteingehalt der Zystenflüssigkeit.

6.2.1. Computertomographie

In der Computertomographie (CT) sind die meisten Zysten iso- bis leicht hyperdens im Vergleich zu Liquor. Deutlich hyperdense ("weiße") neurenterische Zysten kommen in 25 % der Fälle vor. Verkalkungen oder intraläsionale Blutungen treten nicht auf. Im Gegensatz zu spinalen neurenterischen Zysten finden sich nur sehr selten Knochenveränderungen. Nach Kontrastmittelgabe zeigt sich kein Enhancement.

6.2.2. Magnetresonanztomographie

In der Magnetresonanztomographie (MRT) zeigen sich neurenterische Zysten als scharf begrenzte Raumforderungen mit meist nicht erkennbarer Zystenwand. Sie verdrängen angrenzende neurovaskuläre Strukturen, umhüllen sie aber nicht. Das Signalverhalten ist sehr variabel: Die Flüssigkeit ist in T1w-Sequenzen meist iso- bis hyperintens im Vergleich zu Liquor. In PDw- und T2w-Sequenzen sind die Zysten in 90 % der Fälle hyperintens im Vergleich zu Liquor. Ungefähr 5 bis 10 % der Zysten sind aufgrund von eingedicktem, dehydriertem Material hypointens.

In der FLAIR-Sequenz zeigt sich keine Suppression, sodass die Zyste hyperintens im Vergleich zu Liquor ist. Aufgund der fehlenden Verkalkung und Einblutung kommen keine Blooming-Artefakte in der T2*-Sequenz vor. In der DWI-Sequenz zeigt sich allenfalls eine milde Diffusionsrestriktion.

Neurenterische Zysten nehmen normalerweise kein Kontrastmittel auf. In vereinzelten Fällen findet sich ein mildes Enhancement der posterioren Zystenwand am Übergang zum Hirnparenchym.

7. Differenzialdiagnosen

  • andere Zysten endodermaler Herkunft: typische Lokalisation in der Sella (Rathke-Zyste) bzw. am Foramen Monroi (Kolloidzyste).
  • intrakranielle Epidermoidzyste: lobulierte, blumenkohlartig konfigurierte Zyste mit deutlicher Diffusionsrestriktion. Meist weiter entfernt von der Mittellinie und in der Cisterna pontocerebellaris lokalisiert. Vereinzelt werden neurenterische Zysten als vermeintliche weiße Epidermoide fehldiagnostiziert.
  • Arachnoidalzyste: Liquor-isointens in allen Sequenzen und keine Diffusionsrestriktion.
  • Schwannom: häufigste extraaxiale Raumforderung in der hinteren Schädelgrube bei Erwachsenen. Normalerweise deutliches Kontrastmittelenhancement und selten im Bereich der Mittellinie.
  • Ecchordosis physaliphora: seltenes, gelatinöses Überbleibsel der Chorda dorsalis, das typischerweise in der Cisterna pontis lokalisiert ist und über einen dünnen Stiel mit dem Clivus verbunden ist.

8. Therapie

Kleine Zysten können durch regelmäßige Bildgebung verlaufskontrolliert werden. Symptomatische Zysten werden reseziert, wobei die Adhäsion der Membran an neurovaskuläre Strukturen eine vollständige Entfernung erschweren kann.

9. Literatur

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