Infektiöse Bronchitis (Geflügel)
Synonym: IB
Englisch: avian infectious bronchitis(AIB)
Definition
Die infektiöse Bronchitis, kurz IB, ist eine hochkontagiöse und akut verlaufende Infektionskrankheit des Huhns.
Erreger
Die infektiöse Bronchitis wird durch das Infektiöse-Bronchitis-Virus (IBV), ein Virus aus der Gattung der Gammacoronaviren (Unterfamilie der Coronavirinae, Familie der Coronaviridae), verursacht.[1]
Gammacoronaviren sind behüllte und sphärische Viren, die rund 120 nm groß sind. Das Genom enthält eine lineare, einsträngige RNA (ssRNA) positiver Polarität und ist 27 bis 32 kb groß. Die Viren heften sich mithilfe eines sogenannten Spike-Proteins (S-Protein) an die Wirtszelle, um dann durch Endozytose in die Zelle zu gelangen. Anschließend fusioniert die Virusmembran mit der Endosomenmembran, worauf das Genom in das Zytoplasma freigesetzt wird. Nachdem sich das Virus repliziert hat, werden die neuen Virionen über Exozytose aus der Zelle hinaus geschleust.[2]
Mittlerweile sind zahlreiche antigenetisch unterschiedliche Stämme beschrieben:
Verbreitung | Stammbezeichnung | Attenuierter Impfstoff |
---|---|---|
Zentraleuropa | Massachusetts-Typ | ja (z.B. H120, H52, Ma5, IB primer) |
D274 | ja (z.B. IB primer) | |
D1466 | ja (in D keine Zulassung) | |
793B (4/91 oder CR88) | ja | |
Italy O2 | nein | |
USA | Arkansas und Arkansas-ähnlich | ja |
Delaware | ja |
Zusätzlich kursieren noch etliche andere Stämme, z.B. australische T-Stämme oder QX China-Stamm.
Die Tenazität der Erreger ist gering. In der Außenwelt geht die Infektiosität rasch verloren. Die Viren sind gegenüber Hitze, Lipidlösungsmitteln und gebräuchlichen Desinfektionsmitteln empfindlich.
Epidemiologie
Über virushaltige Staubpartikel und Tröpfchen erfolgt eine aerogene Infektion (Tröpfcheninfektion), bei der sich das Virus an Epithelzellen des oberen Respirationstraktes anheftet. Eine Erregerübertragung ist auch über große Entfernungen möglich (air borne disease).[3]
Aufgrund der hohen Kontagiosität des Virus sowie der schnellen Vermehrung und Ausscheidung kommt es zu einer raschen Infektion weiterer Tiere und damit zur schnellen Ausbreitung in empfänglichen Beständen. Auch wenn die Durchseuchung in kurzer Zeit abläuft, können einzelne Virusausscheider über einen längeren Zeitraum hinweg nachgewiesen werden, sodass das Virus im Bestand während der gesamten Nutzungszeit persistiert.
Im zentraleuropäischen Bereich ist hauptsächlich der Massachusetts-Typ verbreitet. Seit 1991 breiten sich in Europa sowie auch in anderen Teilen der Welt die Stämme 793B, Italy 2, QX China u.a. aus, die neue Impfstoffe notwendig machten. Diese Stämme verursachen ausgeprägtere klinische Erscheinungen und können auch bei älteren Hühnern zum Tod führen.
Pathogenese
Durch die schnelle Ausbreitung des Virus auf den respiratorischen Schleimhäuten (Inkubationszeit zwischen 18 und 36 Stunden) führt der Erreger zu typischen Veränderungen und zu einer weiteren Verbreitung im gesamten Organismus, vor allem in den Epithelien des Urogenitaltraktes.[4]
Findet die Infektion schon früh im Leben eines Huhnes statt (ca. 2. Lebenswoche), können Eileiterdefekte in Form von Zystenbildung entstehen, sodass die Legefähigkeit verloren geht. Werden diese Junghennen eingestellt, treten diese später als sogenannte "falsche Leger" in Erscheinung. Nachdem die akuten Symptome abgeklungen sind, bildet sich eine längere Zeit anhaltende lokale und humorale Immunität aus.
Klinik
Herde
Bei einer Erkrankung in Küken- oder Junghennenherden ist die Morbidität hoch. Küken zeigen deutlich ausgeprägte respiratorische Störungen, verbunden mit einer verminderten Lebhaftigkeit, gesteigertem Wärmebedürfnis und geringem Futterverzehr. Bei sehr jungen Küken kann die Mortalität bis zu 25 % betragen.[3] Bei Mastküken kommt es in erster Linie zu Entwicklungsstörungen. Durch eine Mitbeteiligung der Nieren kommt es zu vermehrt dünnflüssigem Kot.
Junghennen zeigen meist einen milderen Krankheitsverlauf bei einer geringen Mortalität. Eine Infektion kann in diesem Alter auch symptomlos ablaufen. Bei Legehennen bestehen nur geringe klinische Zeichen (meist ohne respiratorische Symptome). Am häufigsten kann ein Leistungsabfall beobachtet werden - verbunden mit einem hohen Anteil von Eiern mit deformierten oder dünnen Schalen und wässrigem Eiklar. In Zuchtherden kommt es zu schlechten Brut- und Schlupfergebnissen. Das klinische Bild in einem Bestand ist hauptsächlich von der Immunitätslage abhängig.
Einzeltier
Junge Küken leiden oftmals an starker Atemnot (Bronchitis), Nasenausfluss, Husten, Niesen und Konjunktivitis. Die Tiere verenden infolge Erschöpfung nach Futterverweigerung oder durch Ersticken. Bei Junghennen kann eine ausgeprägte Schnabelatmung festgestellt werden. Atemgeräusche sowie Husten und Niesen sind oft weniger stark ausgeprägt, während Legetiere häufig keine Störungen des Atemwegssystems aufweisen. Fressunlust sowie Legeleistung sind jedoch bei allen Tieren vermindert.[4]
Pathologie
Im Zuge der Sektion sind vor allem Ödeme und katarrhalische Entzündungen der Schleimhäute von Trachea und Bronchien auffallend. Bei jüngeren Küken sind auch die Nasen- und Kopfschleimhäute entzündet und zeigen (z.B. infolge von Sekundärinfektionen) muköses bis käsiges Exsudat. Im Bereich der Bronchien können pneumonische Herde festgestellt werden.
Bei einer Beteiligung der Harnorgane kommt es zu blassen und geschwollenen Nieren mit Uratstauungen sowie Uratablagerungen auf den serösen Häuten. Bei Legehennen findet man oftmals Involutionen des Eileiters sowie Dotterflüssigkeit in der Leibeshöhle. Bei "falschen Legern" ist der Eileiter vor allem im Bereich des Isthmus oder des Magnums verengt oder obliteriert - auch können hier Zysten mit enormer Flüssigkeitsansammlung aufgefunden werden.
Im histologischen Schnittbild ist vor allem ein stark ausgeprägtes submuköses Ödem in der Trachea und in den Bronchien mit monozytärer Infiltration charakteristisch. Die Epithelzellen sind hyperplastisch und vermehrt von Becherzellen durchsetzt (bei erhaltenem Flimmerepithel). Die histologischen Veränderungen im Bereich des Urogenitaltraktes entsprechen jenen des Respirationstraktes.
Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnostisch müssen andere Erkrankungen des Respirationstraktes berücksichtigt werden, z.B. die Newcastle-Krankheit. Bei Legeleistungsabfall - verbunden mit Eischalenveränderungen - muss unbedingt auch an das Egg-Drop-Syndrome gedacht werden. Neben den infektiösen Auslösern müssen auch nicht-infektiöse Ursachen abgeklärt werden, wie z.B. Fütterungs- und Haltungsmängel.
Diagnose
Eine Verdachtsdiagnose ergibt sich aus der Anamnese und der Klinik (plötzliches Auftreten respiratorischer Symptome). Mittels pathologischen und histologischen Untersuchungen und einer anschließenden Erregerisolierung (Kultivierung im Hühnerembryo, in Trachealring- und verschiedenen Zellkulturen) kann die Diagnose gesichert werden.
Alternativ kann auch eine RT-PCR durchgeführt werden, bei der die virale RNA in Tupferproben (Trachea) oder aus Gewebeproben (Tonsillen) nachgewiesen wird.
Therapie
Eine kausale Therapie ist zurzeit (2019) nicht verfügbar. Durch die Vermeidung von Sekundärinfektionen mithilfe geeigneter Antibiotika kann eine Besserung des erkrankten Bestandes erzielt werden. Die Therapie richtet sich nach den Symptomen: optimale Belüftung und erhöhte Wärmezufuhr sowie Anfeuchten des Futters u.ä. um den Tieren das Atmen und die Futteraufnahme zu erleichtern.
Prophylaxe
Durch die Impfung mit verschieden stark attenuierten Lebendvakzinen kann ein wirksamer Schutz auf Herdenebene erreicht werden. Die Erstimpfung wird mit einem stärker attenuierten, alle Revakzinationen mit weniger attenuierten Impfstoffen durchgeführt.
Literatur
- Siegmann, Otfried, Neumann, Ulrich. Kompendium der Geflügelkrankheiten. 7., überarbeitete Auflage. Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co KG. 2012
Quelle
- ↑ Skript Virologie für die Module Tierseuchen, Verdauung, Respiration + Kreislauf, ZNS, Reproduktion. Für Studierende der Veterinärmedizin. Institut für Virologie, Veterinärmedizinische Universität Wien. Stand 1/2017.
- ↑ [1] Gammacoronavirus, ViralZone.org; abgerufen am 23.08.2019
- ↑ 3,0 3,1 [2] Ignjatović J et al. Avian infectious bronchitis virus. Rev Sci Tech. 2000 Aug;19(2):493-508; abgerufen am 23.08.2019
- ↑ 4,0 4,1 [3] Bande Faruku et al. Pathogenesis and Diagnostic Approaches of Avian Infectious Bronchitis. Adv Virol. 2016; 2016: 4621659. Published online 2016 Feb 3. doi: 10.1155/2016/4621659; abgerufen am 23.08.2019
um diese Funktion zu nutzen.