Hyperlipämie (Pferd)
Englisch: hyperlipemia
Definition
Als Hyperlipämie bezeichnet man erhöhte Triglyzeridkonzentrationen im Serum beim Pferd.
Einteilung
Erhöhte Triglyzeridkonzentrationen können anhand der Serumkonzentration sowie des morphologischen Erscheinungsbildes des Serums in zwei Gruppen unterteilt werden:
- Hyperlipidämie: < 500 mg/dl Triglyzeride, Serum verändert
- Hyperlipämie: > 500 mg/dl Triglyzeride, Serum unverändert
Vorkommen
Eine Hyperlipämie tritt bevorzugt bei Ponies (v.a. Shetlandpony), kleinrassigen Pferden und Eseln auf. Selten leiden auch Pferde anderer Rassen an erhöhten Triglyzeridkonzentrationen, z.B. Quarterhorse, Paso Fino oder Tennessee Walking Horse.
Übergewichtige bzw. adipöse Tiere sind besonders gefährdet.
Ätiologie
Eine Hyperlipämie entsteht aufgrund unterschiedlicher Auslöser. Ausschlaggebend für die erhöhte Triglyzeridkonzentration ist eine gesteigerte Lipolyse, die meist durch verschiedene Noxen getriggert wird, u.a.:
- negative Energiebilanz (z.B. Nahrungskarenz, Trächtigkeit, Laktation, Anorexie)
- Stress
- verschiedene Primärerkrankungen (z.B. Enterocolitis, Azotämie, Endoparasiten, Neoplasien)
Pathophysiologie
Die Leber spielt eine große Rolle in der Regulation des Energiehaushalts, insbesondere bei Großtieren. Neben Glukose werden v.a. flüchtige Fettsäuren als Hauptenergiequelle genutzt. Glukose wird in der Leber großteils aus Fettsäuren sowie Aminosäuren synthetisiert und in Form von Glykogen gespeichert. Kommt es zu einer verminderten Glykogensynthese (z.B. aufgrund einer Nahrungskarenz), nimmt der Glykogenspeicher ab. Der Organismus reagiert darauf mit einer gesteigerten β-Oxidation, um den Energiehaushalt aufrecht erhalten zu können.
Durch eine gesteigerte Lipolyse gelangen hohe Konzentrationen an freien Fettsäuren, ungesättigten Fettsäuren und Glycerin in den Blutkreislauf. Diese werden (großteils gebunden an Albumin) in die Leber transportiert, wo Glycerin zu Glukose umgewandelt wird. Im Gegensatz dazu werden freie Fettsäuren zu Acetyl-CoA oxidiert, für die ATP-Produktion herangezogen, in Triglyzeride umgewandelt und in der Leber gespeichert oder als VLDL verpackt im peripheren Blut genutzt.
Übersteigt die Synthese an Triglyzeriden den Verbrauch, akkumuliert dieses in der Leber und es entsteht das klinische Bild einer Leberverfettung. Durch die zunehmende Verfettung des Parenchyms kommt es zum Verlust an funktionellem Lebergewebe (Hepatozyten) und folglich zu einer Leberinsuffizienz.
Klinik
Betroffene Pferde sind ikterisch, zeigen Anorexie, Schwäche, Depression, Ataxie, Muskelschwäche, vermehrtes Liegen, Diarrhö, Koliksymptome, Fieber und multiple Ödeme. In schweren Fällen kommt es zum Leberversagen.
Diagnose
Die Diagnose wird anhand der Anamnese, der Klinik und mithilfe von Blutuntersuchungen gestellt.
Neben den typischen Symptomen (Anorexie, Depression, vermehrtes Liegen, Muskelschwäche, Ikterus) sind erhöhte Blutfette (v.a. Triglyzeride, ungesättigte Fettsäuren, VLDLs) hinweisend. Zusätzlich können erhöhte GGT-, Gallensäure-, Bilirubin und Ammoniakwerte bei gleichzeitig erniedrigten Glukose-, Harnstoff- und Albumin-Konzentrationen nachgewiesen werden.
Therapie
Die Therapie richtet sich nach den Symptomen und dem Schweregrad der Erkrankung und beinhaltet meist folgende Maßnahmen:
- Behandlung der Leberinsuffizienz bzw. der Begleitsymptome
- Steigerung bzw. Regulierung des Energiehaushalts (Glukose-Infusion, Verfütterung von qualitativ hochwertigem Heu usw.)
- Vermeidung von Stress (Haltung optimieren)
- Behandlung von Primärerkrankungen (Reheprophylaxe u.ä.)
Literatur
- Reed SM, Bayly WM, Sellon DC. Equine internal medicine. 4th edition. Elsevier, 2018