Nieswurz
Botanische Bezeichnung: Helleborus sp.
Englisch: hellebore
Definition
Die Nieswurzen, botanisch als Helleborus bezeichnet, sind eine Gattung von Giftpflanzen aus der Familie der Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae).
Eigenschaften
Es handelt sich um 15 bis über 30 cm große, ausdauernde Stauden mit über 15 cm langen, tief eingeschnittenen Blättern, die wenigstens im vorderen Bereich gezähnt sind. Die Blüten erscheinen weißlich, rötlich oder grünlich. Besonders ausgebildet sind die Kelchblätter, sie bestimmen das Erscheinungsbild der Blüte. Die Blüte bildet vielsamige Balgfrüchte.
Arten
Die wichtigsten Arten sind:
- Helleborus foetidus (Stinkende Nieswurz)
- Helleborus niger (Schwarze Nieswurz)
- Helleborus orientalis (Orientalische Nieswurz)
- Helleborus viridis (Grüne Nieswurz)
Sowie weitere Arten und Hybriden. Alle europäischen Helleborus-Arten werden in Anlage 1 zur Bundesartenschutzverordnung (Dtl.) geführt und stehen unter Artenschutz.
Etymologie
Die Bezeichnung "Nieswurz" geht auf die frühere Verwendung in Niespulvern zurück.
Pharmazeutische Drogen
Helleborus niger dient als Stammpflanze für die Droge Rhizoma Hellebori nigri (Schwarze Nieswurzel). Dazu werden der getrocknete Wurzelstock mit Wurzeln verarbeitet. Die Droge hat einen schwachen Geruch und stark bitteren, verzögert brennend kratzigen Geschmack.
Indikationen
Die Verwendung von Rhizoma Hellebori nigri in der Schulmedizin ist obsolet. In der Homöopathie werden Zubereitungen aus der Droge jedoch nach wie vor bei "Wassersucht", Schrumpfniere, Nephritis und nachlassender Herzleistung mit Ödemen angewandt.
Inhaltsstoffe
Alle Pflanzenteile enthalten Helleborin, ein Gemisch von Saponinen mit Steroid-Struktur. Zum Teil kommt das Steroid-Glykosid Hellebrin vor (besonders bei Helleborus viridis, weniger bei Helleborus niger). Helleborus viridis enthält ferner die Alkaloide Celliamin, Sprintillamin und Sprintillin ("Viridis-Alkaloide"). Sowohl Helleborus niger als auch Helleborus viridis enthalten herzwirksame Bufadienolide.
Toxikologie
Die Viridis-Alkaloide stehen in ihrer Wirkung dem Aconitin des Blauen Eisenhutes nahe. Sie entfalten spezifische Wirkungen auf das Nervensystem. Zunächst erfolgt eine Erregung desselben, gefolgt von Lähmungen. Es kommt zu Unruhe, Agitation, Bradykardie und Tod durch zentrale Atemlähmung. Zudem weisen die Substanzen negativ inotrope Effekte am Herzen auf (digitalisartige Wirkung). Hellebrin bewirkt zudem Herzrhythmusstörungen und Störungen des Gastrointestinaltraktes. Helleborus niger führt ebenfalls zu Digitalis-Wirkungen und Tod durch Atemlähmung. Unter Umständen können Azidose und Krämpfe auftreten.
Therapie
Als Sofortmaßnahme wird künstlich Erbrechen herbeigeführt. Weiterhin erfolgt die Gabe von Aktivkohle (Dos.: 10 g) und Natriumsulfat. Klinisch kann eine Magenspülung erfolgen. Als Azidose-Ausgleich wird Natriumbikarbonat verabreicht. Bei Auftreten von Krämpfen kann auf Benzodiazepine, etwa Diazepam, zurückgegriffen werden. Die Möglichkeit der künstlichen Beatmung ist sicherzustellen.
Literatur
- Roth et al.: Giftpflanzen - Pflanzengifte, Nikol Verlag, Karlsruhe/ München, 2008.