Bufadienolid
Englisch: bufadienolide
Definition
Bufadienolide sind organische Verbindungen aus der Klasse der kardiotonen Steroide. Ihre Glykoside entfalten eine kardiale Wirkung und werden deshalb zu den Herzglykosiden gerechnet.
Chemie
Der Unterschied zu Cardenoliden besteht im ungesättigten Lactonring, der an Position C17 des Steroidgrundgerüstes in β-Stellung gebunden ist. Bufadienolide weisen einen sechsgliedrigen Lactonring (δ-Lacton) mit 2 Doppelbindungen (-dienolid) und ein Aglykon mit 24 C-Atomen auf. Cardenolide haben hingegen einen fünfgliedrigen Lactonring (γ-Lacton) mit einer Doppelbindung (-enolid) und ein Aglykon mit 23 C-Atomen.
Wirkmechanismus
Bufadienolide haben eine positiv inotrope und negativ dromotrope Wirkung. Sie beruht auf Hemmung der membranständigen Natrium-Kalium-ATPase des Herzmuskels und des Na-K-2Cl-Cotransportersystems. Die Bindung erfolgt über extrazelluläre alpha-Untereinheit der Natrium-Kalium-ATPase. Dies führt zur Erhöhung der Konzentration freier Ca2+-Ionen in den Herzmuskelzellen und damit zur Verstärkung der Kontraktionskraft.
Die gesteigerte Nierendurchblutung und die Beseitigung des venösen Rückstaus führen über Steigerung der Diurese zur Ausschwemmung von Ödemen.
Bufadienolide besitzen wie andere Herzlykoside eine sehr schmale therapeutische Breite, daher muss der Blutspiegel streng kontrolliert werden.
Vorkommen
Bufadienolide kommen neben Pflanzen auch im Tierreich wie bei Kröten der Gattung Bufo (z.B. Bufo marinus) als Bestandteil ihres Hautgifts vor. Die Kröte ist auch der Namensgeber der Bufadienolide. Daneben findet man sie bei Glühwürmchen (eigentlich ein Leuchtkäfer) und Schlangen (Nattern). Beispiele für Pflanzen mit Bufadienoliden sind:
- Weiße Meerzwiebel (Drimia maritima): Sie gehört zu den Asparagaceae (Spargelgewächsen) und enthält 15 Bufadienolide, u.a. Scillaren A, Proscillaridin A, Meproscillarin (4'-Methylproscillaridin A), Scillarenin (Aglykon), Glucoscillaren A, Scillirosid, Scillirosidin (Aglykon) Bei Meerzwiebel-Bufadienoliden ist der Effekt auf das Herz schneller und kürzer, als bei Digitalispräparaten, wodurch die Kumulation der Wirkung nach mehrfacher Anwendung geringer ausfällt.
- Christrose (Helleborus niger): Sie gehört zu den Ranunculaceae (Hahnenfußgewächsen). Ihre Bufadienolide sind Hellebrin und Hellebrigenin (Aglykon des Hellebrins).
In geringer Menge findet die Synthese auch in der Nebennierenrinde und im Hypothalamus des Menschen statt.[1]
Medizinische Bedeutung
Bufadienolide werden in geringem Umfang auch endogen beim Menschen gebildet. Ihre genaue Funktion ist noch Gegenstand der Forschung. Beispiele sind Marinobufagenin und 19-Norbufalin. Marinobufagenin konnte aus dem Urin von Patienten mit akutem Herzinfarkt isoliert werden. Desweiteren ist seine Blutkonzentrationen bei Präeklampsie erhöht.
Literatur
- Hänsel R, Sticher O et al.: Pharmakognosie - Phytopharmazie. 9. Auflage, 2009. Springer Verlag
- Bagrov AY, Shapiro JI, Fedorova OV: Endogenous cardiotonic steroids: physiology, pharmacology, and novel therapeutic targets. Pharmacol Rev. 2009 Mar;61(1):9-38. doi: 10.1124/pr.108.000711.
- Diederich M, Muller F, Cerella C: Cardiac glycosides: From molecular targets to immunogenic cell death. Biochem Pharmacol. 2017 Feb 1;125:1-11. doi: 10.1016/j.bcp.2016.08.017.
- Pieter S. Steyn*, Fanie R. van Heerden: Bufadienolides of Plant and Animal Origin Natural Product Reports 15(4):397-413 · September 1998 DOI: 10.1039/A815397Y
- Dr. Györgyi Horváth, Prof. Dr. Péter Molnár, Dr. Tímea Bencsik: Pharmakognosy 2, UP MS Department of Pharmacognosy; 31. Mar 2014
Quellen
- ↑ Rassow et al., Duale Reihe Biochemie, Georg Thieme Verlag Stuttgart, 4. Auflage, Seite 613