Globozoospermie
Synonym: Rundköpfige Spermatozoen
Englisch: globozoospermia, globozoospermia syndrome
Definition
Die Globozoospermie ist eine seltene, genetisch-bedingte Form der monomorphen Teratozoospermie, die je nach Ausprägung zu einer Einschränkung der Fertilität bis hin zur Infertilität führt. Die Spermien besitzen kein Akrosom und weisen einen runden, kugelförmigen Kopf sowie Defekte des Zytoskeletts auf. Es bestehen zudem Anomalien der Chromatinstruktur und der Kernmembran sowie Mittelstückdefekte.
Hintergrund
Das Spermium ist aufgrund der morphologischen Defekte nicht in der Lage, die Zona pellucida der weiblichen Keimzelle zu durchdringen, da sich im Akrosom Enzyme befinden, die das Überwinden der Oozytenmembran erst möglich machen. Eine Befruchtung der Eizelle auf natürlichem Wege ist folglich nicht möglich. Eine vollständige Globozoospermie führt zu einer primären Infertilität des betroffenen Mannes.
Epidemiologie
Ätiologie
Die Mehrzahl aller Fälle von Globozoospermie sind auf Mutationen des DPY19L2-Gens (dpy-19-like 2) auf Chromosom 12 (12q14.2) zurückzuführen. Bei Patienten ohne funktionsfähiges DPY19L2-Protein ist die Akrosombildung der Spermien gestört, sie weisen aber in der Regel Spermienkonzentrationen im Normbereich auf.
Weitere Genmutationen, die ggf. mit einer Globozoospermie assoziiert sind, betreffen die folgenden Gene:
- PICK1 (protein interacting with C kinase 1) auf Chromosom 22 (22q13.1)
- SPATA16 (spermatogenesis associated 16) auf Chromosom 3 (3q26.31)
- SPACA1 (sperm acrosome associated 1) auf Chromosom 6 (6q15)
- C2CD6 (C2 calcium-dependent domain containing 6) auf Chromosom 2 (2q33.1)
- ZPBP1 (Zona pellucida binding protein 1) auf Chromosom 7 (7p2.2)
- CCDC62 (Coiled-coil domain containing 62) auf Chromosom 12 12q24.31
- CCIN (Calicin) auf Chromosom 9 (9p13.3)
Pathophysiologie
Es wird davon ausgegangen, dass bei einer Globozoospermie die Spermien nur eine reduzierte Fähigkeit zur Aktivierung der Eizelle besitzen. Verursacht wird diese womöglich durch das Fehlen der Phospholipase C zeta (PLCζ). Bei diesem Protein handelt es sich um einen sogenannten Spermienfaktor, der wahrscheinlich über den Second Messenger IP3 die Ca2+-Oszillationen in der Oozyte bei der Befruchtung induziert. Die Ca2+-Freisetzung aus dem endoplasmatischen Retikulum ist dabei essentiell, damit weitere Entwicklungsprozesse in der Eizelle angestoßen werden – unter anderem die kortikale Reaktion und die Ausschleusung des zweiten Polkörpers.
Einteilung
Die Globozoospermie wird in die folgenden Typen unterteilt:
- Vollständige Globozoospermie (Typ I): 100 % der Spermatozoen besitzen kein Akrosom
- Partielle Globozoospermie (Typ II): 20 bis 90 % der Spermatozoen besitzen kein Akrosom
Klinik
Je nach Ausprägung leiden betroffene Männer entweder an verminderter Fruchtbarkeit oder an irreversibler Infertilität. Betroffene zeigen eine unauffällige geistige und körperliche Entwicklung und weisen normale Hormonparameter auf.
Therapie
Trotz der Anwendung einer intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) ist die Befruchtungsrate – wahrscheinlich aufgrund von der verminderten Oozytenaktivierung – oft deutlich vermindert. Mittels artifizieller Eizellaktivierung, z.B. über Calcium-Ionophore, kann die Befurchtungsrate erhöht werden.
Sonstiges
Ein möglicher Wirkungsmechanismus für ein orales Kontrazeptivum für den Mann ("Pille für den Mann") könnte die aktive Blockade der Genexpression des DPY19L2-Gens sein. Somit würden keine fruchtbaren Spermien mehr gebildet.
Quelle
- ↑ Faja et al.: Molecular Analysis of DPY19L2, PICK1 and SPATA16 in Italian Unrelated Globozoospermic Men, Life (Basel), 2021
Literatur
- DPY19L2 Online Mendelian Inheritance in Man®-Datenbank
- Fesahat et al., Globozoospermia syndrome: An update Andrologia, 2020
- Rybouchkin et al, Fertilization and pregnancy after assisted oocyte activation and intracytoplasmic sperm injection in a case of round-headed sperm associated with deficient oocyte activation capacity Fertility and Sterility, 1997
- Moreno, Human globozoospermia-related genes and their role in acrosome biogenesis WIREs Mechanisms od Disease, 2022