Echinococcus multilocularis
von altgriechisch: ἐχῖνος ("echinos") - Igel; κόκκος ("kokkos") - Korn
Synonym: Fuchsbandwurm
Englisch: Echinococcus multilocularis
Definition
Echinococcus multilocularis ist ein Endoparasit aus der Gruppe der Bandwürmer (Cestoda), der zur Gattung Echinococcus gehört. Beim Menschen löst er die alveoläre Echinokokkose aus.
Morphologie
Echinococcus multilocularis ist 1-3 mm lang und hat nur etwa 3-5 Bandwurmglieder (Proglottiden). Er besitzt in der Kopfregion einen Hakenkranz und Saugnäpfe zur Anhaftung an Wirtsoberflächen. Der Wurm ist ein Endoparasit, der Nährstoffe direkt über die Körperoberfläche aufnimmt, da er keinen Darm besitzt. Zwischenwirte des Fuchsbandwurms sind Mäuse und andere Kleintiere. Hauptwirt ist der Fuchs, allerdings werden auch manchmal Hunde befallen.
Vorkommen
Der Fuchsbandwurm kommt nur in der nördlichen Hemisphäre vor. Verbreitet ist er vor allem in Ostfrankreich, der Schweiz, Österreich und Deutschland (hier sind vor allem die Rhön und das Gebiet südlich des Mains betroffen). In europäischen Endemiegebieten beträgt die jährliche Inzidenz etwa 0,18 bis 0,74/100.000 Einwohner.
Lebenszyklus
Fuchsbandwürmer leben im Dünndarm ihres Endwirts. In ihrem letzten Fortpflanzungsglied (Proglottis) reifen Eier heran, die das erste Larvenstadium der kommenden Wurmgeneration enthalten. Wird das Fortpflanzungsglied abgestoßen, flottieren die Eier im Darm und werden mit dem Kot ausgeschieden. Ein einzelner Wurm kann dabei bis zu 200 Eier pro Tag abgeben. Im Boden bleiben sie auch unter ungünstigen klimatischen Bedingungen monatelang infektiös.
Werden die Eier von einem Zwischenwirt (Nagetier) aufgenommen, löst sich die Eikapsel auf, wodurch die so genannten Onkosphären (Hexacanthenlarven) frei werden. Die Larven bohren sich durch die Darmschleimhaut und gelangen in den Blutkreislauf. Über die Mesenterialvenen und die Pfortader werden sie hauptsächlich zur Leber des Zwischenwirts transportiert. Gelegentlich befallen sie auch Lunge, Herz oder Milz.
Im Lebergewebe setzen sich die Onkosphären fest und verwandeln sich in ihr zweites Larvenstadium, die Metazestoden oder Finnen. Sie bilden dabei Gallertblasen aus, die durch eine dünne Bindegewebswand vom Leberparenchym abgrenzt werden.
Im weiteren Verlauf der Infektion knospen aus der Wand der Metazestoden weitere Finnen ab, die das Wirtsgewebe zunehmend infiltrieren. Lösen sie sich so ab, dass sie in die Blutbahn gelangen, können sie sich metastasenartig in andere Organe des Wirts ausbreiten.
Nach einigen Monaten bilden sich in den Finnen als drittes Larvenstadium die Protoscolices mit eingestülpten Kopfanlagen aus. Das Wachstum der Metazestoden kommt dann zum Stillstand.
Durch die Erkrankung wird der Zwischenwirt so geschwächt, dass er eine leichte Beute für die potentiellen Endwirte (Fuchs, Hund, Katze) ist. Die Metazestoden bleiben dabei auch über den Tod hinaus im Kadaver des Zwischenwirts infektiös, so dass die Infektion auch durch Aas verbreitet werden kann. Wenn der Endwirt seine Beute aufgenommen hat, werden die Protoscolices durch die Verdauung aus dem Gewebe gelöst und können sich im Dünndarm des Endwirts festsetzen. Dort wachsen sie zu adulten Würmern heran und der Vermehrungszyklus beginnt aufs Neue.
Beim Menschen als Fehlwirt läuft die Knospung der Metazestoden stark verlangsamt ab. Es bilden sich nur wenige Protoscolices. Die Metazestoden wachsen als relativ dünne Schicht infiltrativ nach außen, wobei das Zentrum des Befallsherds nekrotisiert.
Infektion
Der Mensch kann sich durch den Verzehr von kontaminierten Pilzen oder Waldbeeren infizieren. Selten können auch Ernteprodukte aus dem eigenen Garten zur Infektion führen, wenn ihnen Eier des Fuchsbandwurms anhaften. Eine Schmierinfektion durch Kontakt mit Waldboden oder Erdreich ist eine weitere mögliche Infektionsquelle. Auch der Boden in Siedlungsgebieten kann kontaminiert sein, wenn Füchse in ihnen auftreten.
Hunde und Katzen, die infizierte Mäuse gefressen haben, können die Eier ausscheiden und dadurch Menschen, die mit ihrem Kot oder kaum wahrnehmbaren Spuren davon in Kontakt kommen, infizieren.
Die Inkubationszeit liegt zwischen 5 und 15 Jahren.
Klinik
Die Krankheit, die durch den Fuchsbandwurm verursacht wird, heißt alveoläre Echinokokkose. Die Infektion äußert sich durch die Ausbildung von charakteristischen Zysten im Körper. Diese sind sehr oft in der Leber oder Lunge lokalisiert und meist aufgrund des diffusen Befalls inoperabel. Während die Zysten des Hundebandwurms (Echinococcus granulosus) das umliegende Gewebe verdrängen, wachsen die typischen Fuchsbandwurm-Zysten invasiv, das bedeutet, sie dringen in das befallene Organ ein.
Es entstehen Ansammlungen von haselnussgroßen Zysten, die von Bindegewebe und Granulationsgewebe umgeben sind und meist untereinander verbunden sind. Dadurch wird das befallene Organ sukzessive zerstört. Da eine Metastasierung möglich ist, kann sich die Infektion im Körper ausbreiten und auch entfernte Organe befallen. Daher können die klinischen Symptome mit denen eines langsam, aber unaufhaltsam wachsenden Karzinoms verglichen werden. Dasselbe gilt für die Prognose - ohne Behandlung verläuft eine Infektion meist tödlich.
Diagnose
Durch bildgebende Verfahren (CT, MRT, Sonografie) wird die Verdachtsdiagnose gestellt. Die gezielte serologische Diagnostik erfolgt durch:
- ELISA
- indirekte Immunfluoreszenz
- Immunelektrophorese
- Nachweis parasitenspezifischer IgE-Antikörper
Therapie
Optimal wäre eine operative Entfernung der Echinococcus-Zysten. Aufgrund des infiltrativen Wachstums der Zysten ist dies jedoch oft unmöglich und es kommt auch nach operativem Vorgehen zu Rezidiven.
In diesem Fall sollte eine Chemotherapie mit Mebendazol oder Albendazol versucht werden. Ein spezifisch gegen den Fuchsbandwurm wirkendes Medikament ist zur Zeit (2016) nicht verfügbar.
Prophylaxe
Die Eier des Fuchsbandwurms werden durch Erhitzen mit mindestens 70° C über mehrere Minuten inaktiviert.[1] Kochen tötet den Erreger umgehend. Die Wurmeier sind jedoch äußerst kälteresistent. Sie überstehen das Tiefkühlen (-18° C) im haushaltsüblichen Gefrierschrank mehrere Monate. Erst durch Temperaturen von -70° C können sie deaktiviert werden.[2]
Schlachtabfälle oder rohes Fleisch, die als Hunde- oder Katzenfutter vorgesehen sind, sollten durchgekocht werden, um die eventuell darin enthaltenen Fuchsbandwurmlarven abzutöten. Hunde und Katzen sollten regelmäßig entwurmt und nicht ins Bett gelassen werden. Nach körperlichem Kontakt mit Hunden oder Katzen sollte man die Hände gründlich waschen.
Gesammelte Waldfrüchte und Pilze, aber auch die Ernte aus dem eigenen Garten sollte man gründlich waschen, besser aber ausreichend erhitzen, um eventuell darin enthaltene Fuchsbandwurmeier abzutöten.
Eine weitere Vorbeugemaßnahme ist, den intensiven Kontakt mit Waldboden oder Erdreich zu vermeiden. Nach einem Aufenthalt im Wald oder Garten sollte man die Hände gründlich waschen und das Schuhwerk vor Betreten der Wohnung ausziehen. Ungewaschene Hände stellen eine mögliche Infektionsquelle dar.
Quellen
- ↑ Federer K et al.: In vivo viability of Echinococcus multilocularis eggs in a rodent model after different thermo-treatments. Exp Parasitol. 2015 Jul;154:14-9. doi: 10.1016/j.exppara.2015.03.016. Epub 2015 Mar 25.
- ↑ Hildreth MB, Blunt DS, Oaks JA: Lethal effects of freezing Echinococcus multilocularis eggs at ultralow temperatures. J Parasitol. 2004 Aug;90(4):841-4.
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