Calprotectin
Synonyme: Calgranulin A/B, Zystische-Fibrose-Antigen (CFA), L1-Protein, MRP-8/14, humanes Leukozytenprotein
Definition
Calprotectin ist ein heterodimeres Protein, das im Zytosol neutrophiler Granulozyten, Monozyten und Epithelzellen vorkommt. Es gehört zur S100-Proteinfamilie. Calprotectin hat eine antimikrobielle Wirkung und ist Teil des angeborenen Immunsystems.
Biochemie
Calprotectin ist ein Dimer aus den Proteinen S100A8 (Calgranulin A) und S100A9 (Calgranulin B). Es hat ein Molekulargewicht von 24 kDa. Zwei Calprotectin-Dimere können sich zu einem Tetramer von 48 kDa zusammenlagern.
Calprotectin hat eine hohe Affinität zu Calcium, Zink und Mangan. S100A8 und S100A9 besitzen jeweils 2 Bindungsstellen für Calcium, sodass Calprotectin insgesamt 4 Ca2+-Ionen binden kann. Mit der Calciumbindung setzt eine Konformationsänderung ein, welche die Bindung von 2 Übergangsmetall-Ionen wie Mangan oder Zink ermöglicht. Mangan kann nur in Anwesenheit von Calcium gebunden werden, bei Zink ist das auch ohne Calcium möglich.
Die erste Bindungsstelle für Übergangsmetalle weist ein His3Asp-Motiv auf, die zweite Bindungsstelle ein Tetra-Histidin- (His4) oder Hexa-Histidin-Motiv (His6). Mangan wird nur durch das His6-Motiv gebunden, Zink kann beide Bindungsstellen nutzen.
Funktion
Übergangsmetalle sind essentielle Spurenelemente. Säugetiere nutzen sie für ihr unspezifisches Immunsystem, um Bakterien und Pilze abzuwehren. Calprotectin hat eine ausgeprägte antimikrobielle Wirkung, die durch seine Fähigkeit bedingt ist, Zink und Mangan zu binden.
Im Zytosol neutrophiler Granulozyten macht Calprotectin etwa 60% der dort gelösten Proteine aus. Weiterhin kommt Calprotectin im Zytosol von Monozyten und Epithelzellen vor.
Im Rahmen von entzündlichen Darmerkrankungen kommt es zu einer Leukozytenmigration durch die Darmwand, wobei erhöhte Werte von Calprotectin im Stuhl nachweisbar sind.
Labormedizin
Material
Für die Untersuchung wird eine Stuhlprobe benötigt.
Das fäkale Calprotectin ist sehr stabil und auch ungekühlt mindestens eine Woche haltbar.
Nach Testvorschrift entspricht ein Gramm Stuhl einem Milliliter.
Die Bestimmung aus Blutserum ist ebenfalls möglich.
Referenzbereich
Der Referenzbereich für gesunde Erwachsene und Kinder liegt bei bis zu 50 µg/g Stuhl.
Gesunde Neugeborene und Säuglinge zeigen erhöhte Werte zwischen 150 und 250 µg/g Stuhl, was wahrscheinlich auf Anpassungsvorgänge und die Besiedlung des frühkindlichen Darmes zurückzuführen ist.
Bewertung
Die Calprotectin-Konzentration im Stuhl korreliert mit der Anzahl der Granulozyten im Darmlumen. Calprotectin ist daher ein Marker für eine Entzündung der Darmschleimhaut, sowohl durch Infektionen (Enteritis, Colitis) als auch durch chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa). Auch bei Neoplasien des Darms und Mukoviszidose ist der Wert erhöht.
Bewertung | Median [µg/g Stuhl] |
---|---|
Gesunde und Patienten mit funktionellen Darmproblemen (z.B. Reizdarmsyndrom) | 10 bis 31 |
Tumore | 40 bis 240 |
Morbus Crohn | 62 bis 320 |
Colitis ulcerosa | 151 bis 167 |
Bei der Fragestellung einer entzündlichen Darmerkrankung ist zum Vermeidung falsch positiver Ergebnisse ein Ausschluss einer infektiösen Ursache anzuraten (Stuhluntersuchung auf enteropathogene Erreger).
Bei Patienten, die gleichzeitig an einer Granulozytopenie leiden, steigt die Calprotectin-Konzentration im Stuhl möglicherweise nicht entsprechend an - das Untersuchungsergebnis kann dann falsch negativ sein.
Die Bestimmung des fäkalen Calprotectin zur Unterscheidung einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung von einem Reizdarmsyndrom besitzt eine Sensitivität von 93% und Spezifität von 96%.[1]
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 15.02.2021
Quellen
<references>
- ↑ Feld L et al. Diagnosis and Management of Crohn Disease, JAMA. 2019 Apr 10. doi: 10.1001/jama.2019.3684, abgerufen am 08.07.2019