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Vergrößerter perivaskulärer Raum

(Weitergeleitet von Erweiterter Virchow-Robin-Raum)

Synonym: erweiteter perivaskulärer Raum, vergrößerter Virchow-Robin-Raum, prominenter perivaskulärer Raum
Englisch: enlarged perivascular space, dilated perivascular space

1. Definition

"Vergrößerte perivaskuläre Räume" ist ein radiologischer Befund in der Bildgebung des Gehirns. Dabei handelt es sich um Größenveränderungen des Virchow-Robin-Raums, die meist eine anatomische Normvariante darstellen.

2. Hintergrund

Die perivaskulären Räume (PVS) werden auch als Virchow-Robin-Räume bezeichnet. Sie umgeben die Arterien und Arteriolen des ZNS, wo diese das Hirnparenchym penetrieren. Die Spalträume sind durch die Pia mater begrenzt und mit Flüssigkeit gefüllt. Die PVS kommunizieren nicht direkt mit dem Subarachnoidalraum.

Die perivaskulären Räume formen ein komplexes intraparenchymales Netzwerk, das die Großhirnhemisphären, das Mittelhirn und das Kleinhirn durchzieht. Sie sind mit interstitieller Flüssigkeit und nicht mit Liquor gefüllt. Vermutlich spielen sie eine entscheidende Rolle für die Zirkulation von zerebralen Metaboliten im Rahmen des glymphatischen Systems. Außerdem sind sie wichtig für die Homöostase des intrakraniellen Drucks.

3. Ätiologie

Die Ursache für erweiterte perivaskuläre Räume ist derzeit (2023) unklar. Sie kommen in der Regel sporadisch vor. Da sie mit höherem Alter, lakunären Infarkten und White Matter Lesions assoziiert sind, stellen sie möglicherweise einen Marker für eine zerebrale Mikroangiopathie dar.

Eine Assoziation mit Demenz, akkumulierten Mukopolysacchariden bei Hurler-, Hunter- und Sanfilippo-Syndrom sowie mit einigen kongenitalen Muskeldystrophien ist beschrieben.

4. Lokalisation

Vergrößerte perivaskuläre Räume können überall im Gehirn vorkommen. Prädilektionsstellen sind:

5. Pathologie

Erweiterte Virchow-Robin-Räume kommen oft gruppiert in unterschiedlicher Größe vor. Die meisten Räume sind unter 2 mm groß, wobei die Prävalenz und die Größe mit dem Alter zunehmen. Riesige, sogenannte tumefaktive perivaskuläre Räume mit einer Ausdehnung bis 9 cm wurden in Einzelfällen beschrieben.

Das umgebende Hirparenchym ist regelrecht ausgebildet und zeigt weder eine Gliose, noch eine Entzündung, noch eine Hämorrhagie oder Amyloidablagerungen.

6. Klinik

Sehr große perivaskuläre Räume im Mesencephalon können zu einem Hydrocephalus occlusus und Kopfschmerzen führen. In der Regel stellen sie jedoch einen asymptomatischen radiologischen Zufallsbefund dar. Unspezifische Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schwindel, Gedächtnisstörungen und Parkinson-ähnliche Symptome wurden beschrieben, der Zusammenhang zu vergrößerten perivaskulären Räumen ist jedoch umstritten.

7. Diagnostik

Vergößerte perivaskuläre Räume werden radiologisch diagnostiziert. Dabei zeigen sich vereinzelte oder gruppierte liquorähnliche "Zysten" variabler Größe. Sie führen zu einem fokalen raumfordernden Effekt.

7.1. Computertomographie

In der Computertomographie (CT) zeigen sich vergrößerte perivaskuläre Räume als rundliche, ovaläre, lineare oder punktförmige liquor-isodense Läsionen. Verkalkungen oder Blutungen kommen nicht vor. Nach Kontrastmittelgabe zeigt sich kein Enhancement

7.2. Magnetresonanztomographie

In der Magnetresonanztomographie (MRT) zeigen vergrößerte perivaskuläre Räume in allen Sequenzen ein nahezu identisches Signalverhalten zu Liquor. Blutungen, Diffusionsrestriktion oder Kontrastmittelenhancement kommen nicht vor. Ein perifokales Ödem fehlt, wobei es bei 25 % der tumefaktiven PVSs zu einer minimalen Signalanhebung um die Zysten kommt. Teilweise können innerhalb des PVS Gefäße erkennbar sein.

Bei subkortikaler Lokalisation ist der angrenzende Gyrus cerebri durch den raumfordernden Effekt verbreitert und der Sulcus cerebri verschmälert. Bei Lokalisation im Mesencephalon kann der Aquaeductus mesencephali und der 3. Ventrikel komprimiert sein, sodass ein Hydrocephalus occlusus auftritt.

Bei sehr prominenten PVS in den Basalganglien spricht man auch von état criblé bzw. Status cribrosum.

Eine Sonderform stellen perivaskuläre Räume im anterioren Temporallappen dar: Hier fällt in ca. 80 % der Fälle ein perifokales Ödem auf. Weiterhin sind sie mit einem Ast der Arteria cerebri media und einer fokalen kortikalen Ausdünnung assoziiert.[1][2][3]

8. Differenzialdiagnosen

  • chronischer lakunärer Infarkt: betrifft ebenfalls häufig die Basalganglien und führt zu einer Signalsupression in der FLAIR-Sequenz, jedoch kein gruppiertes Auftreten um die Commissura anterior, meist irreguläre Form und häufig Signalanhebung im umgebenden Hirnparenchym.
  • infektiöse Zysten (z.B. Neurozystizerkose): treten im Gegensatz zu vergrößerten perivaskulären Räumen meist nicht als gruppierte Zysten unterschiedlicher Größe auf.

9. Therapie

Bei erweiterten perivaskulären Räumen ist keine Behandlung notwendig. In den vereinzelten Fällen von obstruktivem Hydrozephalus kommt eine intraventrikuläre Shuntanlage in Frage.

10. Prognose

Vergrößerte perivaskuläre Räume können in Einzelfällen einen Größenwachstum aufweisen. In der Regel bleiben sie jedoch stabil.

11. Literatur

12. Quellen

Fachgebiete: Radiologie

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21.03.2024, 08:56
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