Emetin
Synonyme: Cephaelinmethylether, Methylcephaelin
Englisch: emetine
Definition
Emetin ist ein Isochinolinalkaloid der Brechwurzel und anderer Pflanzen mit brechreizauslösender (emetischer) Wirkung.
Vorkommen
Emetin wurde in Pflanzen aus der Familie der Rötegewächse (Rubiaceae, z.B. Carapichea ipecacuanha), der Hartriegelgewächse (Cornaceae, z.B. Alangium ssp.) und der Araliengewächse (Araliaceae, z.B. Hedera helix) nachgewiesen.[1]
Chemie
Emetin ist ein biogenes Monoterpen-Isochinolinalkaloid. Die Summenformel lautet C29H40N2O4. Die chemischen Namen sind:
- 6′,7′,10,11-Tetramethoxyemetan
- (1R)-1-{[(2S,3R,11bS)-3-Ethyl-9,10-dimethoxy-1H,2H,3H,4H,6H,7H,11bH-pyrido[2,1-a]isoquinolin-2-yl]methyl}-6,7-dimethoxy-1,2,3,4-tetrahydroisoquinolin (IUPAC)
Die molare Masse beträgt 480,64 g/mol, der Oktanol-Wasser-Koeffizient (logP) 4,18. Die CAS-Nummer lautet 483-18-1. Als Arzneistoff wurden in der Vergangenheit Emetinhydrochlorid oder Dehydroemetin eingesetzt.
Biosynthese
Durch Kondensation von Dopamin und Secologanin entstehen zwei Epimere, von denen das (S)-Deacetylisoipecosid in die Ipecacuanhaalkaloide Cephaelin und Emetin umgewandelt wird.[2]
Wirkmechanismus
Emetin löst Erbrechen sowohl durch periphere als auch durch zentrale Mechanismen aus. Emetin stimuliert sensorische Rezeptoren des Nervus vagus in der Magenschleimhaut, sodass das Brechzentrum im Gehirn aktiviert wird. Zudem aktiviert es auch Chemorezeptoren der Triggerzone in der Area postrema des Gehirns.[3]
Die antiprotozoische Wirkung von Emetin gegen Amöben und andere Protozoen beruht auf einer Hemmung der Proteinsynthese durch Blockierung der Translation.[4]
Pharmakokinetik
Emetin wird nach oraler Aufnahme zu etwa 20 % resorbiert. Erbrechen tritt in der Regel 15 bis 30 Minuten nach der Einnahme auf. Die meisten Patienten erbrechen zwei- bis dreimal innerhalb von 30 Minuten. Emetin wird in der Leber geringfügig metabolisiert und mit einer Halbwertzeit von 1 bis 2 Tagen nur langsam renal eliminiert. Deshalb besteht bei wiederholter Einnahme von mehr als 1 mg/kgKG pro Tag Kumulationsgefahr.[5][6]
Indikationen
Emetin wurde in der Vergangenheit als Bestandteil des Brecherregenden Sirups (NRF 19.1) zur primären Giftentfernung durch Auslösen von Erbrechen eingesetzt. Diese Indikation ist heute (2023) bis auf wenige Ausnahmen obsolet.
siehe auch: Brechwurzel
Zudem wurde Emetin früher zur Behandlung von Infektionen mit Entamoeba histolytica oder Leishmania tropica, insbesondere bei Amöbiasis, eingesetzt. Heute (2023) wird es nur noch als Reservetherapeutikum in schweren Fällen von intestinaler und extraintestinaler Amöbiasis verwendet.
Toxikologie
Emetin wirkt kardiotoxisch (Herzrhythmusstörungen, Kardiomyopathie) und hepatotoxisch. An der Skelettmuskulatur treten Myalgien und Rigor auf. Die für den Menschen letale Dosis Emetin wird mit 10 bis 25 mg/kgKG angegeben.
ATC-Code
- P01AX02 - Arzneimittel gegen Amöbiasis und andere Protozoeninfektionen
Quellen
- ↑ Lotus - the natural products occurrence database - Emetine, abgerufen am 21.05.2023
- ↑ Nomura T, Kutchan TM. Three new O-methyltransferases are sufficient for all O-methylation reactions of ipecac alkaloid biosynthesis in root culture of Psychotria ipecacuanha. J Biol Chem. 2010
- ↑ Krenzelok EP et al. Position statement: ipecac syrup. AACT; EAPCCT. J Toxicol Clin Toxicol. 1997
- ↑ Grollman AP. Structural basis for inhibition of protein synthesis by emetine and cycloheximide based on an analogy between ipecac alkaloids and glutarimide antibiotics. Proc Natl Acad Sci U S A. 1966
- ↑ Neues Rezeptur-Formularium (DAC/NRF), Tabellen für die Rezeptur 2022, Stand 2022/2, abgerufen am 19.05.2023
- ↑ Ellenhorn MJ, Barceloux DG. Medical toxicology: diagnosis and treatment of human poisoning. New York : Elsevier 1988
Literatur
- Teuscher E, Lindequist U. Biogene Gifte. 3. Aufl., Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2010
Weblinks
- Drugbank - Emetine, abgerufen am 21.05.2023
- PharmaWiki - Emetin, abgerufen am 21.05.2023
- PubChem: 10219
- MeSH: 68004640