Schmerzsyndrom
Synonyme: Schmerzkrankheit
Definition
Bei einem Schmerzsyndrom handelt es sich um eine chronische Schmerzwahrnehmung, bei welcher der Schmerz seine Leit- und Warnfunktion verloren hat und einen eigenständigen Krankheitswert erlangt. Das Symptom Schmerz wird dabei als eigenständiges Krankheitsbild, unabhängig von dessen Ursachen beschrieben.
Allgemeines
Insgesamt leiden in Deutschland rund acht Millionen Menschen am Schmerzsyndrom. Man unterscheidet hierbei den akuten Schmerz vom chronischen Schmerz. Der akute Schmerz tritt infolge einer Verletzung oder einer Organstörung auf und fungiert als Warnzeichen für ein Missverhältnis im Körper. Der chronische Schmerz hingegen, also das Schmerzsyndrom, bildet sich aus dem akuten Schmerz zu einer selbstständigen Krankheit, wobei er vom natürlichen Körperzustand abweicht. Ein Schmerzsyndrom wird dann als solches bezeichnet, wenn die chronische Schmerzempfindung mindestens über einen Zeitraum von sechs Monaten anhält bzw. in kurzen Abständen immer wiederkehrt. Die beim akuten Schmerz vorhandene Schutzfunktion des Körpers geht hier verloren, da die Schmerzempfindung keine organische Ursache mehr hat.
Ursachen
Es können verschiedene Ursachen zur Entstehung eines Schmerzsyndrom führen, z.B.:
- Langfristiges Bestehen von Schmerzzuständen, die unabhängig von den Ursachen des Schmerzes zu psychopathologischen Veränderungen führen
- Unzureichende Schmerztherapie, z.B. weil Patienten meinen, den Schmerz aushalten zu müssen. Besser ist es den Schmerz zu durchbrechen, da sich sonst ein schwer therapierbares Schmerzgedächtnis ausbildet.
- Ungeeigneter Umgang mit dem Schmerz mit Fixierung auf den Schmerz.
Nicht immer sind bei den Betroffenen die Ursachen des Schmerzes offensichtlich.
Schmerztypen
Es existieren verschiedene Schmerztypen, die unterschiedliche Ursachen und Symptome aufweisen und entsprechend behandelt werden:
Diagnostik
- Erhebung einer standardisierten Schmerzanamnese. Im Rahmen der Anamnese werden die Dauer, Häufigkeit, Art, Lokalisation und Stärke des Schmerzes abgeklärt. Mit Hilfe von Schmerzskalen kann der Patient die Schmerzstärke ungefähr einstufen, was für die entsprechende Therapie relevant ist. Organische Ursachen müssen für die Diagnose eines Schmerzsyndroms ausgeschlossen werden.
- Neurologische Abklärung der Schmerzursache. Neuropathische Schmerzen können nach Verletzungen an jeder Stelle des Nervensystems auftreten, vom Kopf über das Rückenmark bis zum peripheren Nerven. Weitere Beispiele sind die Polyneuropathie bei Diabetes mellitus, Schmerzen bei Gürtelrose und Trigeminusneuralgie
- Psychologische Abklärung der Schmerzursache, z.B. kann Schmerzverhalten durch indirekte Belohnung, wie nicht zur Arbeit gehen zu müssen, verstärkt werden
- Arbeitsmedizinische Abklärung der Schmerzursache, z.B. Schädigung des Nervus medianus durch regelmäßiges Arbeiten am Computer
- Abklärung sozialmedizinischer Gesichtspunkte, z.B. Arbeitsunfähigkeit bei Nacken- oder Rückenschmerzen
- Psychosomatische Diagnostik bei chronischen Schmerzpatienten
Therapie
Die Therapie des Schmerzsyndroms ist abhängig von der jeweiligen Ursache und wird individuell festgelegt. Typische Therapiemaßnahmen sind:
- Aufstellung eines inhaltlich und zeitlich gestuften Therapieplanes einschließlich der zur Umsetzung des Therapieplanes erforderlichen interdisziplinären Koordination der Ärzte und sonstigen am Therapieplan zu beteiligenden Personen und Einrichtungen (Disease Management)
- Standardisierte Dokumentation des schmerztherapeutischen Behandlungsverlaufes
- Festlegung einer medikamentösen Langzeit- oder Dauertherapie
- Spezifische Pharmakotherapie (siehe WHO-Stufenschema)
- multimodale Therapie in interdisziplinärer Zusammenarbeit
- Lokal- und Leitungsanästhesien, z.B. bei Migräne
- Sympathikusblockade bei Schmerzen durch Durchblutungsstörungen am Bein
- Stimulationstechniken, z.B. transkutane elektrische Nervenstimulation
- Spezifische Verfahren der manuellen Diagnostik und physikalischen Therapie
- Schmerzbewältigungstraining einschließlich Entspannungsverfahren
- Psychotherapie
Häufig ist nicht das Verschwinden des Schmerzes ein Therapieziel, weil dies unrealistisch ist, sondern die Minimierung auf ein erträgliches Maß.