Blauzungenkrankheit (Wiederkäuer)
Englisch: bluetongue disease
Definition
Bei der Blauzungenkrankheit handelt es sich um eine durch Viren ausgelöste Infektionskrankheit bei Wiederkäuern. Schwere Krankheitsverläufe sind vor allem beim Schaf beschrieben.
Die Erkrankung gehört zu den anzeigepflichtigen Tierseuchen.
Erreger
Erreger ist das Blauzungenvirus (BTV), ein Orbivirus aus der Familie der Reoviridae. Es handelt sich um ein unbehülltes RNA-Virus. Es sind 24 verschiedene, unterschiedlich virulente Serotypen des Erregers bekannt. Die in Deutschland bisher aufgetretenen Fälle wurden größtenteils durch BTV-8 ausgelöst. Seit 2008 gab es in Nordeuropa (Frankreich) zunehmend auch durch den Serotyp 1 ausgelöste Fälle.
Epidemiologie
Es handelt sich bei der Blauzungenkrankheit um eine Vektorenerkrankung, bei welcher die Stechmücken der Gattung Culicoides als Überträger fungieren.
Das Wirtsspektrum des BT-Virus umfasst alle Wiederkäuer, vor allem aber Schafe. Ziegen und Rinder erkranken nur selten schwer und fungieren vorwiegend als Virusreservoir. Die Krankheit stammt aus Südafrika, in Deutschland wurde das Virus erstmalig 2006 nachgewiesen. In Österreich trat die erste Blauzungenerkrankung im Jahr 2008 auf (Serotyp 8). Seit 2017 ist kein Erkrankungsfall mehr in Österreich verzeichnet worden.
Pathogenese
Während der Blutmahlzeit an infizierten Tieren wird der Erreger von der Mücke aufgenommen. Es folgt ein Vermehrungszyklus des Virus innerhalb des Insekts, in dessen Verlauf gelangt das Virus in die Speicheldrüse der Mücken. Die optimalen Temperaturen für die Virusvermehrung im Vektor liegen bei 25 bis 30 °C. Dieser Zyklus findet in einem Zeitraum von ca. 10 bis 15 Tagen statt, er wird auch als extrinsische Inkubationsperiode bezeichnet. Danach kann das Virus über den Stich der Mücke auf andere Tiere übertragen werden.
Die Übertragung des Erregers ist auch über das Sperma infizierter Bullen beschrieben.
Klinik
Der Krankheitsverlauf ist sehr variabel. Subklinische Infektionen treten häufig auf.
Initial kommt es zu mehrtätigen Fieberphasen. Anschließend folgen Hyperämie der Maul- und Nasenschleimhaut sowie der Haut um das Flotzmaul und in den Ohren. Zusätzlich leiden betroffene Tiere an Hypersalivation, Epiphora und Nasenausfluss, Ödeme im Kopf-, Kehlgang und Halsbereich sowie Petechien auf den Schleimhäuten. Schwere Krankheitsverläufe gehen mit Erosionen und Nekrosen der Schleimhäute des Kopfes einher, die denen des bösartigen Katarrhalfiebers sehr ähneln. Da die Zunge stark anschwillt, wird sie zyanotisch. Aufgrund der Schmerzen fressen die Tiere nicht mehr und verlieren stark an Gewicht.
Bei Schafen kann es aufgrund einer Degeneration und Nekrose der Halsmuskeln zu Torticollis kommen. Die Krankheitszeichen sind bei Schafen jenen der Symptome von Rindern sehr ähnlich, in der Regel aber stärker ausgeprägt. Zusätzlich kann es zu einem starken Rückgang der Milchleistung, zu Nachgeburtsverhalten, Fruchtbarkeitsstörungen und Kümmern kommen.
Differenzialdiagnosen
Beim Schaf sind Photodermatitis, Ecthyma contagiosum (Lippengrind) und Moderhinke auszuschließen. Beim Rind kommen Photodermatitis, Mucosal disease, bösartiges Katarrhalfieber, infektiöse bovine Rhinotracheitis und Maul- und Klauenseuche.
Diagnose
Die Klinik gibt häufig schon hinreichende Hinweise für eine Verdachtsdiagnose.
Von verdächtigen Tieren sind Blutproben an ein Referenzlabor zu übermitteln. Es können spezifische Antikörper mittels ELISA nachgewiesen werden. Ein direkter Erregernachweis gelingt mit einer PCR.
Prophylaxe
2008 wurde in Deutschland die verpflichtende Impfung von Rindern, Schafen und Ziegen beschlossen. Bei diesen Impfungen wurde ein monovalenter Impfstoff gegen BTV-8 eingesetzt. Des Weiteren sind Maßnahmen zur Bekämpfung der Vektoren (Insektizide) angezeigt.
Rechtliches
Bei der Blauzungenkrankheit handelt es sich um eine anzeigepflichtige Tierseuche. In Deutschland gilt die Verordnung zum Schutz gegen die Blauzungenkrankheit in der jeweils aktuellen Fassung.[1] Um betroffene Betriebe werden nach dieser Verordnung von der zuständigen Behörde ein Sperrgebiet (mit einem Radius von mindestens 100 km), sowie um dieses Sperrgebiet herum ein Beobachtungsgebiet festgelegt, sowie weitere Maßnahmen ergriffen.
In Österreich ist die Blauzungenkrankheit gemäß §16 des Tierseuchengesetzes und der Bluetong-Bekämpfungsverordnung aus dem Jahr 2013 anzeigepflichtig.[2][3]
Quellen
- ↑ Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz. Verordnung zum Schutz gegen die Blauzungenkrankheit (abgerufen am 12.03.2021)
- ↑ RIS - Rechtsinformationssystem des Bundes Österreich. Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für Tierseuchengesetz (abgerufen am 12.03.2021)
- ↑ RIS - Rechtsinformationssystem des Bundes Österreich. Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für Bluetongue-Bekämpfungsverordnung 2013 (abgerufen am 12.03.2021)
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