Arthrofibrose
Definition
Unter einer Arthrofibrose versteht man eine pathologische Vermehrung von Bindegewebszellen (Fibrozyten) durch Entzündungsprozesse innerhalb eines Gelenks. Die Arthrofibrose ist eine der häufigsten Komplikationen nach Knieoperationen, z.B. nach arthroskopischer Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes oder Implantation einer Kniegelenksendoprothese.
- ICD10-Code: M24.6
Ätiologie
Es werden zwei Formen der Arthrofibrose unterschieden:
Primäre Arthrofibrose
Die primäre Arthrofibrose ist gekennzeichnet durch eine massive Bindegewebsbildung und generalisierte Narbenbildung im Kniegelenk. Die Entstehung einer primären Arthrofibrose ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Zu den Hauptrisikofaktoren gehören:
- Verminderte präoperative oder postoperative Bewegungsaktivität
- Eine zu kurze Zeitspanne zwischen der Rekonstruktion und einem bestehenden präoperativen Reizzustand
- Übermäßige perioperative Schmerzen und die physiotherapeutische Behandlung in den Schmerz hinein
- Zu frühzeitiges Muskeltraining postoperativ
- Infektionen im und/oder Einblutung in das Gelenk
- Begleitverletzungen bei der Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes (VKB-Rekonstruktion)
- Chronische Fremdkörperreaktionen
- Lang anhaltende lokale Gelenkirritation
- Generell erhöhte Inzidenz nach Kreuzbandrekonstruktion 4 Wochen postoperativ
Weitere Risikofaktoren können systemische Grunderkrankungen wie [[rheumatoide Arthritis], Diabetes mellitus oder die generelle Neigung zur Keloidbildung sein.
Sekundäre Arthrofibrose
Die sekundäre Arthrofibrose ist meist auf mechanische Faktoren zurückzuführen. Hierzu zählen zum Beispiel eine fehlerhafte Transplantatplatzierung oder eine Einklemmsymptomatik (Impingement).
Pathogenese
Die Pathogenese ist bisher noch nicht geklärt. Die meisten Hypothesen beschreiben eine Entstehung von Granulationsgewebe und interstitiellem Ödem durch Einblutung bei posttraumatisch oder postoperativ bedingter (temporärer) Hypoxie. Daraus resultiert eine vermehrte Freisetzung von Entzündungsmediatoren und letztlich eine Dilatation der Blutgefäße mit Exsudation von Plasma. Das entstehende Ödem bedingt zunehmende Schmerzen und eine eingeschränkte Beweglichkeit. Über eine pathologisch gesteigerte Kollagensynthese (Kollagen I, III und VI) wird die interstitielle Flüssigkeit durch eine extrazelluläre Matrix ersetzt. Typ-VI-Kollagen vermittelt die vermehrte Adhäsion und Proliferation von Fibroblasten und die Bindung von anderen Kollagentypen.
Neuere Hypothesen beschreiben die Arthrofibrose als "pathologische Wundheilung" oder gestörtes Remodeling. Durch Dysregulation von pro- und antiinflammatorischen Zytokinen kommt es aufgrund gesteigerter antiinflammatorischer Zytokinreaktionen zu einer gestörte Wundheilung mit übermäßiger Narbenbildung und irreversibler Gewebsfibrose.
Klinik
Das klinische Bild der Arthrofibrose ist sehr heterogen. Charakteristisch sind die zum Teil schmerzhaften und persistierenden Bewegungseinschränkungen. Weitere Symptome sind:
- Rötung und Überwärmung
- Schwellung
- Ergussbildung
- Einklemmsymptomatik (Narbenimpingement)
Ein einheitliches Schmerzbild für die Arthrofibrose kann nicht beschrieben werden. Die starke Bewegungseinschränkung kann auch ohne Schmerzsymptomatik auftreten. Klinisch definiert wird die Arthrofibrose als eine dauerhafte Einschränkung der Beweglichkeit von > 10 Grad bei der Streckung und > 125 Grad bei der Beugung. Dies kann zum Funktionsverlust des Knies führen.
Differentialdiagnose
Postoperative Komplikationen verursachen auch andere Krankheitsbilder. Daher ist eine Abgrenzung zur Arthrofibrose nötig. Sehr häufig verursachen mangelnde postoperative Bewegung und zu lange Immobilitation eine persistierende Bewegungseinschränkung. Hervorgerufen werden kann dies neben der Arthrofibrose auch durch Kapselschrumpfung des Kniegelenkes. Ursache ist eine ungenügende postoperative Schmerzausschaltung, die einen Physiotherapieerfolg erschwert.
Selten weist ein postoperatives CRPS die Symptome einer Arthrofibrose auf. Die Ursachen hierfür sind bisher weitgehend unbekannt.
Therapie
Die Therapie hängt von der Form der Arthrofibrose ab. Die sekundäre Arthrofibrose kann meist durch eine chirurgische Revision behandelt werden. Hierzu zählen u.a.:
- Arthroskopische Entfernung von Narbensträngen und übermäßigem Bindegewebe
- Transplantatanpassung durch kreuzbandchirurgischen Eingriff zur Erweiterung des Kniedaches
Die Therapie der primären Form ist schwieriger. Arthroskopische Revisionen sind meist nicht erfolgreich. Konservative Behandlungsmethoden umfassen u.a.
- Physiotherapie
- NSAR
- Physikalische Therapie (Wärme, Kälte, Elektrotherapie, Ultraschall etc.)
- Manuelle Lymphdrainage
Bei persistierender Arthrofibrose erfolgt die Therapie über Narkosemobilisation und offene Arthrolyse. Bei vorliegender Persistenz der Arthrofibrose ist ein Endoprothesenwechsel indiziert.