AV-Block 3. Grades (Pferd)
Synonyme: Totaler AV-Block, kompletter AV-Block
Englisch: complete/third-degree AV block
Definition
Als AV-Block 3. Grades bezeichnet man eine Form des AV-Blocks beim Pferd, die durch einen kompletten Ausfall der Reizleitung zwischen Vorhof und Ventrikel gekennzeichnet ist.
Epidemiologie
Der AV-Block 3. Grades kommt bei Pferden nur selten vor.
Ätiologie
Komplette AV-Blöcke entstehen häufig infolge von entzündlichen oder degenerativen Veränderungen des AV-Knotens. Zusätzlich können auch Verschiebungen des Elektrolythaushalts sowie metabolische Störungen (z.B. aufgrund eines Uroperitoneums) einen AV-Block 3. Grades auslösen.
In seltenen Fällen führen kongenitale Missbildungen, ein mediastinales Lymphom oder Intoxikationen (z.B. nach einem Biss einer Klapperschlange) zu einem kompletten AV-Block.
Pathophysiologie
Beim AV-Block 3. Grades ist die Reizleitung zwischen Vorhof und Ventrikel vollständig blockiert. Die Folge ist eine Unterbrechung des elektrischen Impulses, sodass die Vorhöfe unabhängig von den Ventrikeln kontrahieren. Aufgrund der Blockade und der fehlenden Impulse entwickelt sich ein Ersatzrhythmus, der von einer beliebigen Stelle in den Ventrikeln (rechts oder links) ausgeht und zu einer Kontraktion der Herzkammern führt.
Da die Ventrikel nicht mehr vom übergeordneten Sinus-Knoten gesteuert werden, liegt die Kammerfrequenz deutlich unterhalb des physiologischen Bereichs (< 28 Schläge pro Minute).
Klinik
Betroffene Pferde sind leistungsintolerant und erleiden häufig Synkopen. Sie weisen einen äußerst niedrigen Ruhepuls (ventrikuläre Bradykardie) bei gleichzeitig unphysiologisch schneller Vorhofkontraktion (atriale Tachykardie) auf.
Auch unter Belastung kommt es zu keinem signifikanten Anstieg der Herzfrequenz.
Diagnose
Bei der Anamnese sind v.a. eine deutlich ausgeprägte Leistungsintoleranz sowie vorausgegangene Synkopen hinweisend für eine Störung der Herzaktivität. Bei der klinischen Untersuchung ist die niedrige Herzfrequenz auffällig.
Bei der Auskultation des Herzens sind entweder der 1., 2. und 4. Herzton einzeln und laut hörbar oder es fällt ein sogenannter Kanonenschlag-ähnlicher Herzton auf (lautes Geräusch, das aufgrund der Summation mehrerer Herztöne entsteht). Die Diagnose wird letztendlich mittels Elektrokardiographie (EKG) gestellt: Den normal konfigurierten P-Wellen folgt kein QRS-Komplexe (AV-Dissoziation). Weiterhin sind die QRS-Komplexe bizarre konfiguriert.
Anschließend sollte eine Echokardiographie durchgeführt werden, um zusätzliche Pathologien auszuschließen.
Therapie
Betroffene Pferde müssen umgehend ruhig gestellt werden. Bei degenerativen Veränderungen im Bereich des AV-Knotens sind Therapieversuche erfolglos. Bei entzündlichen Erkrankungen kann eine mehrwöchige Glukokortikoid-Therapie (Dexamethason 0,05-0,2 mg/kgKG i.v.) versucht werden. Die Pferde müssen in dieser Zeit unbedingt strikte Boxenruhe einhalten.
In der Literatur sind auch erfolgreiche Implantationen von Herzschrittmachern beschrieben.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Literatur
- Marr, CM. Cardiac murmurs: congenital heart disease. In: Marr CM, Bowen IM (Editors). 2010. Cardiology of the horse. Second edition. Saunders Elsevier Limited. 193-205. ISBN: 978-0-7020-2817-5
- Gehlen H, Hopster-Iversen C, Schmitz RR. Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems. In: Brehm W, Gehlen H, Ohnesorge B, Wehrend A (Hrsg.). 2017. Handbuch Pferdepraxis. 4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in Georg Thieme Verlag KG. 237-283. ISBN: 978-3-13-219621-6
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