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''Synonyme: Ren mobilis, Ren migrans, Senkniere, "Wanderniere"''<BR>
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'''''Englisch''': nephroptosis, hypermobile kidney
'''''Englisch''': <name lang="en">nephroptosis</name>, hypermobile kidney


==Definition==
==Definition==
Unter einer '''Nephroptose''' versteht man eine abnorme Beweglichkeit der [[Niere]]n, bei der es im Stehen zu einer übermäßigen Senkung der Niere nach [[kaudal]] kommt.
Unter einer '''Nephroptose''' versteht man eine abnorme Beweglichkeit der [[Niere]]n, bei der es im [[Stehen]] zu einer übermäßigen Senkung der Niere nach [[kaudal]] kommt.
 
== Hintergrund ==
Beim Wechseln von der liegenden in die stehende Position ist ein Absinken der Niere um bis zu zwei [[Wirbelkörper|Wirbelkörperhöhen]] physiologisch.


== Epidemiologie ==
== Epidemiologie ==
Die genaue Inzidenz ist unklar, was auch daran liegt, dass ein Großteil der Fälle asymptomatisch verläuft. Es wird berichtet, dass (insbesondere schlanke) Frauen häufiger betroffen sind als Männer.<ref name=":0">Barber NJ, Thompson PM: "[https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0302283804001794 Nephroptosis and Nephropexy - Hung Up on the Past?]" European Urology, 2004.</ref>
Die genaue [[Inzidenz]] ist unklar, was auch daran liegt, dass ein Großteil der Fälle [[asymptomatisch]] verläuft. Insbesondere schlanke Frauen sind häufiger betroffen als Männer.<ref name=":0">Barber NJ, Thompson PM: "[https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0302283804001794 Nephroptosis and Nephropexy - Hung Up on the Past?]" European Urology, 2004.</ref>


==Ätiologie und Pathogenese==
==Ätiopathogenese==
Die genauen Ursachen den Nephroptose sind unklar. Es wird angenommen, dass eine unzureichende Fixierung der Niere durch einen Mangel an retroperitonealen Baufett oder eine Schwäche der [[Fascia renalis]] ursächlich istGehäuft tritt die Nephroptose bei sehr schlanken Patienten (z.B. bei [[Magersucht]]) auf.
Die genauen Ursachen den Nephroptose sind unklar. Es wird angenommen, dass eine unzureichende Fixierung der Niere durch einen Mangel an retroperitonealen Baufett oder eine Schwäche der [[Fascia renalis]] zugrunde liegtDies geht zurück auf das häufige Auftreten einer Nephroptose bei sehr schlanken Patienten (z.B. bei [[Magersucht]]).


Als mögliche Entstehungsmechanismen für den Schmerz wird eine Abknickung der Nierengefäße (temporäre [[Ischämie]] und/oder venöser Stau) oder des Ureters sowie eine Dehnung der Nerven in der Beckengegend diskutiert.
Als mögliche Entstehungsmechanismen für den Schmerz wird eine Abknickung der [[Nierengefäß|Nierengefäße]] (temporäre [[Ischämie]] und/oder [[Venös|venöser]] Stau) oder des [[Ureter|Ureters]] sowie eine Dehnung der [[Nerv|Nerven]] in der Beckengegend diskutiert.


In ca. 70% der Fälle ist die rechte Niere, in 10% die linke und in 20% sind beide Nieren betroffen.<ref name=":1">Srirangam, Pollard, Adeyoju, O’Reilly: "[https://bjui-journals.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1464-410X.2008.08082.x Nephroptosis: seriously misunderstood?]" BJU International, 2008.</ref>
In ca. 70 % der Fälle ist die rechte Niere, in 10 % die linke und in 20 % sind beide Nieren betroffen.<ref name=":1">Srirangam, Pollard, Adeyoju, O’Reilly: "[https://bjui-journals.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1464-410X.2008.08082.x Nephroptosis: seriously misunderstood?]" BJU International, 2008.</ref>


==Symptome==
==Symptome==
Die Nephroptose ist in den meisten Fälle [[asymptomatisch]]. In anderen Fällen kommt es zu:<ref name=":1" />
Die Nephroptose ist in den meisten Fällen [[asymptomatisch]].  
* Flanken- oder Rückenschmerzen (Leitsymptom), oft ziehend oder [[kolik]]artig und mit einem Schweregefühl im [[Abdomen]] verbunden; typischerweise treten die Schmerzen beim Aufstehen, im Stehen oder nach längerem Gehen auf und zeigen eine Besserung im Liegen
 
* begleitender Übelkeit, Erbrechen
Mögliche Symptome sind:<ref name=":1" />
* abdominaler Vorwölbung bei sehr schlanken Patienten
* Flanken- oder Rückenschmerzen ([[Leitsymptom]]), teils ziehend oder [[kolik]]artig und mit einem Schweregefühl im [[Abdomen]] verbunden. Typischerweise treten die Schmerzen beim Aufstehen, im Stehen oder nach längerem [[Gehen]] auf und zeigen eine Besserung im [[Liegen]].
* transienter [[Mikrohämaturie|Mikro]]- oder [[Makrohämaturie]]
* [[Übelkeit]], [[Erbrechen]]
* rezidivierenden Harnwegsinfektionen
* abdominale Vorwölbung bei sehr schlanken Patienten
* seltener [[arterielle Hypertonie]] durch Aktivierung des [[Renin-Angiotensin-Aldosteron-System|RAAS]]
* transiente [[Mikrohämaturie|Mikro]]- oder [[Makrohämaturie]]
Teilweise kann es durch Abknickung des Ureters zu einer schweren [[Hydronephrose]] ("Dietl-Krise") mit starken Schmerzen, Übelkeit, Tachykardie, Oligurie, Hämaturie und Proteinurie kommen.
* rezidivierende [[Harnwegsinfekt|Harnwegsinfektionen]]
* selten [[arterielle Hypertonie]] durch Aktivierung des [[Renin-Angiotensin-Aldosteron-System|RAAS]]
 
== Komplikationen ==
Teilweise kann es durch Abknickung des Harnleiters zu einer schweren [[Hydronephrose]] (sogenannte [[Dietl-Krise]]) mit starken Schmerzen, Übelkeit, [[Tachykardie]], [[Oligurie]], [[Hämaturie]] und [[Proteinurie]] kommen.


==Diagnostik==
==Diagnostik==
Zur Diagnosestellung erfolgt ein bildgeberischer Nachweis des Absinkens der Niere bei Übergang von der Horizontalen in die Vertikale um mehr als 5 cm oder 2 Wirbelkörperhöhen<ref name=":0" />. Dies kann sonografisch oder per [[i.v.-Pyelogramm]] geschehen. Typischerweise sinkt die betroffene Niere hierbei nicht nur ab, sondern rotiert auch dergestalt, dass sich der untere Pol nach anterior verlagert. Begleitend kann sich eine Hydronephrose finden.
Zur Diagnosestellung erfolgt ein radiologischer Nachweis eines Absinkens der Niere bei Übergang von der Horizontalen in die Vertikale um mehr als 5 cm oder 2 Wirbelkörperhöhen<ref name=":0" />. Dies kann sonografisch oder per [[i.v.-Pyelogramm]] geschehen. Typischerweise kommt es beim Absinken zu einer zusätzlichen Rotation, sodass der untere Pol nach ventral verlagert wird. Begleitend kann sich eine [[Hydronephrose]] finden.
 
Bei V.a. auf eine Minderperfusion kann eine [[Nierenszintigraphie]] durchgeführt werden.  


==Therapie==
==Therapie==
Die Therapie ist in der Regel konservativ. Bei Versagen erfolgt eine operative Fixierung der Nieren ([[Nephropexie]]), die offen oder mittels [[Retroperitoneoskopie]] erfolgen kann. Dadurch wird eine möglicherweise durch Kompression des [[Ureter]]s bedingte [[Harn]]stauung beseitigt.
In der Mehrzahl der Fälle ist keine Therapie notwendig. Bei Bedarf erfolgt eine operative Fixierung der Nieren ([[Nephropexie]]), die offen oder mittels [[Retroperitoneoskopie]] erfolgen kann. Die Niere wird dabei am [[Musculus psoas]] fixiert. So kann eine eventuelle [[Harnstauung]] behoben werden.


Bei einer Dietl-Krise kann versucht werden, die betroffene Niere durch manuellen Druck oder Anziehen der Knie in ihre natürliche Position zu befördern.<ref name=":1" />
Bei einer Dietl-Krise kann versucht werden, die betroffene Niere durch manuellen Druck oder Anziehen der Knie in ihre natürliche Position zu befördern.<ref name=":1" />
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[[Fachgebiet:Urologie]]
[[Fachgebiet:Urologie]]
[[Kategorie:Lageanomalie]]
[[Kategorie:Niere]]

Aktuelle Version vom 21. März 2024, 10:08 Uhr

Synonyme: Ren mobilis, Ren migrans, Senkniere, "Wanderniere"
Englisch: nephroptosis, hypermobile kidney

Definition

Unter einer Nephroptose versteht man eine abnorme Beweglichkeit der Nieren, bei der es im Stehen zu einer übermäßigen Senkung der Niere nach kaudal kommt.

Hintergrund

Beim Wechseln von der liegenden in die stehende Position ist ein Absinken der Niere um bis zu zwei Wirbelkörperhöhen physiologisch.

Epidemiologie

Die genaue Inzidenz ist unklar, was auch daran liegt, dass ein Großteil der Fälle asymptomatisch verläuft. Insbesondere schlanke Frauen sind häufiger betroffen als Männer.[1]

Ätiopathogenese

Die genauen Ursachen den Nephroptose sind unklar. Es wird angenommen, dass eine unzureichende Fixierung der Niere durch einen Mangel an retroperitonealen Baufett oder eine Schwäche der Fascia renalis zugrunde liegt. Dies geht zurück auf das häufige Auftreten einer Nephroptose bei sehr schlanken Patienten (z.B. bei Magersucht).

Als mögliche Entstehungsmechanismen für den Schmerz wird eine Abknickung der Nierengefäße (temporäre Ischämie und/oder venöser Stau) oder des Ureters sowie eine Dehnung der Nerven in der Beckengegend diskutiert.

In ca. 70 % der Fälle ist die rechte Niere, in 10 % die linke und in 20 % sind beide Nieren betroffen.[2]

Symptome

Die Nephroptose ist in den meisten Fällen asymptomatisch.

Mögliche Symptome sind:[2]

Komplikationen

Teilweise kann es durch Abknickung des Harnleiters zu einer schweren Hydronephrose (sogenannte Dietl-Krise) mit starken Schmerzen, Übelkeit, Tachykardie, Oligurie, Hämaturie und Proteinurie kommen.

Diagnostik

Zur Diagnosestellung erfolgt ein radiologischer Nachweis eines Absinkens der Niere bei Übergang von der Horizontalen in die Vertikale um mehr als 5 cm oder 2 Wirbelkörperhöhen[1]. Dies kann sonografisch oder per i.v.-Pyelogramm geschehen. Typischerweise kommt es beim Absinken zu einer zusätzlichen Rotation, sodass der untere Pol nach ventral verlagert wird. Begleitend kann sich eine Hydronephrose finden.

Bei V.a. auf eine Minderperfusion kann eine Nierenszintigraphie durchgeführt werden.

Therapie

In der Mehrzahl der Fälle ist keine Therapie notwendig. Bei Bedarf erfolgt eine operative Fixierung der Nieren (Nephropexie), die offen oder mittels Retroperitoneoskopie erfolgen kann. Die Niere wird dabei am Musculus psoas fixiert. So kann eine eventuelle Harnstauung behoben werden.

Bei einer Dietl-Krise kann versucht werden, die betroffene Niere durch manuellen Druck oder Anziehen der Knie in ihre natürliche Position zu befördern.[2]

Einzelnachweise

  1. Hochspringen nach: 1,0 1,1 Barber NJ, Thompson PM: "Nephroptosis and Nephropexy - Hung Up on the Past?" European Urology, 2004.
  2. Hochspringen nach: 2,0 2,1 2,2 Srirangam, Pollard, Adeyoju, O’Reilly: "Nephroptosis: seriously misunderstood?" BJU International, 2008.