Xenotransplantation
Synonyme: xenogenetische Transplantation, heterogene Transplantation, heterologe Transplantation, Hetero-Transplantation
Englisch: xenotransplantation, heterologous transplantation
Definition
Die Xenotransplantation ist eine Übertragung (Transplantation) von lebenden Zellen, Geweben oder Organen zwischen Individuen verschiedener Spezies. Die Transplantate selbst werden als Xenografts bezeichnet.
Hintergrund
In der Klinik sind Transplantationen von Schweineherzklappen bereits etabliert und werden seit 1968 eingesetzt. Die Transplantation ganzer Organe ist hingegen aktueller Forschungsgegenstand.
Hierbei steht die Transplantation von Organen gentechnisch veränderter Schweine im Fokus. Im Jahr 2022 wurde erstmals erfolgreich ein Schweineherz bei einem Menschen transplantiert. Der Patient überlebte zwei Monate mit dem Xenotransplantat. Ein Jahr später erfolgte eine weitere Transplantation, der Patient überlebte für 6 Wochen. Auch Transplantationen von Niere, Leber und Pankreas eines Schweins sind möglich.[1]
Das seit dem 01.12.1997 geltende Transplantationsgesetz regelt nur die Übertragung von menschlichen Organen, Organteilen oder Geweben auf andere Menschen. Nach §6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 des Tierschutzgesetzes ist eine Organentnahme zu wissenschaftlichen und Transplantationszwecken unter Betäubung erlaubt.
Nach §2 und 3 des Arzneimittelgesetzes gelten tierische Organe als Arzneimittel. Es gibt keine Definition für Tierorgane, die als Ganzes für Transplantationen vorgesehen sind, wie z.B. Herz, Niere, Leber, Darm, Lunge und Pankreas.
Juristisch gesehen handelt es sich bei der Xenotransplantation von Organen um einen individuellen Heilversuch[2], bei Herzklappen dagegen um ein etabliertes Ersatzverfahren.
Indikation
Bei den Indikationen einer Xenotransplantation wird zwischen etablierten Verfahren und der noch nicht ausreichend untersuchten Transplantation tierischer Organe in toto unterschieden.
Herzklappen
Für die Verwendung biologischer Herzklappen tierischen Ursprungs gelten die üblichen Indikationen des Herzklappenersatzes.
Organe
Die Xenotransplantation tierischer Organe ist ausschließlich für einzelne schwer kranke Patienten vorgesehen, bei denen keine reelle Chance auf ein allogenes Transplantat oder andere zugelassene Therapiemaßnahmen besteht. Da es sich um einen Eingriff handelt, zu dem wenige Daten und Erfahrungen existieren, müssen Patienten sehr gut über die Risiken aufgeklärt werden. Die Haftung für diesen Eingriff liegt ausschließlich beim Behandlungsteam.
Voraussetzungen
Wenn das Spenderorgan von einer anderen Spezies kommt, sind die immunologischen Unterschiede zum Wirtsorganismus größer als bei der Transplantation eines Organs innerhalb einer Spezies. Um eine Xenotransplantation zu ermöglichen, müssen daher mehrere Voraussetzungen erfüllt werden.
Die immunologische Barriere ist einer der Hauptunterschiede. Bei Schweineherzklappen wird die Immunogenität durch eine Fixation mit Glutaraldehyd verringert. Zusätzlich ist Klappengewebe bradytroph, d.h. nur geringfügig stoffwechselaktiv und dadurch wenig immunogen.[3]
Zur Vorbereitung von ganzen Organen werden menschliche Genbestandteile in die Keimbahn der Spendertiere eingebracht. Es entsteht eine transgene Linie, deren Nachkommen ebenfalls die genetischen Veränderungen aufweisen. Einen solchen Organismus, der Merkmale verschiedener Spezies in sich vereinigt, nennt man eine Chimäre. Dadurch wird das Transplantatabstoßungsrisiko minimiert.
Neben den immunologischen Hürden ist bei der Transplantation eines Xenografts die Größe des Organs von Bedeutung. Beispielsweise ist das Herz eines Hausschweins, das älter als ein Jahr ist, bereits zu groß für eine Transplantation beim Menschen. Auch bei einer rechtzeitigen Transplantation wächst das Herz im Körper weiter. Eine mögliche Lösung könnten genetisch veränderte Miniaturschweine sein, die nur etwa 70 bis 90 kg wiegen.[4]
Jedes transplantierte Organ muss dem Stoffwechsel des menschlichen Organismus angepasst sein. Eine transplantierte Leber muss z.B. Gerinnungsfaktoren produzieren und Inselzellen des Pankreas müssen ihre endokrinen Funktionen erfüllen können. Eine Möglichkeit zur Verbesserung der Kompatibilität besteht in der Anwendung von gentechnischen Veränderungen oder einer Supplementierung der nicht produzierten Stoffe.[5]
Risiken
Die beschriebenen Risiken betreffen vor allem die Xenotransplantation von Schweineorganen.
In-vitro-Untersuchungen zeigen, dass nicht humanpathogene Viren nach der Implantation eines tierischen Organs durch Rekombination mit menschlichen Viren äußerst gefährlich werden können.
Ein Beispiel ist die Übertragung des porcinen endogenen Retrovirus (PERV) auf menschliche Zellen in vitro. Die Subtypen PERV-A und PERV-B sind speziesübergreifend infektiös. Der Subtyp PERV-C infiziert vor allem das Schwein. Eine Kombination von PERV-A und -C ist möglich, wodurch PERV-C infektiös für den Menschen wird. PERVs sind im Schweine-Genom als DNA-Proviren integriert. Eine Infektion von menschlichen Empfängern von Schweine-Xenotransplantaten ist aufgrund der Qualitätskontrollen der Xenografts und der Ausbildung von Restriktionsfaktoren des menschlichen Immunsystems unwahrscheinlich, aber möglich.[2]
Es gibt gentechnische Methoden, um die PERVs auszuschalten. Es existieren bereits Züchtungen des Yucatan-Miniaturschweins, die weder ein voll funktionsfähiges PERV-A noch ein PERV-B Genom besitzen. Das PERV-C Genom könnte durch Genom-Editierung der Retrovirus-Gene entfernt werden.[2]
Menschen besitzen in der Regel keine T-Zell-Immunität gegen Erreger des Schweins, die von Schweine-Leukozyten-Antigenen präsentiert werden. Ein Beispiel ist das porcine Cytomegalievirus (PCMV). Daher ist es vor der Transplantation von Schweineorganen wichtig, diese auf Erreger zu untersuchen.[5]
Quellen
- ↑ More people need transplants than there are organ donors. Pigs might be a solution 2024, January 30 CNN
- ↑ 2,0 2,1 2,2 Pressemitteilungen - Schweine als Organspender – neue Erkenntnisse zur Prävention von Infektionen durch Retroviren, Paul-Ehrlich-Institut (2023)
- ↑ Goldemund, A. In Vitro Endothelialisierung glutaraldehydfixierter porciner Herzklappen, Ludwig-Maximilians-Universität München (2006)
- ↑ Kamla et al. Cardiac xenotransplantation in Germany, Zeitschrift für Herz-,Thorax- und Gefäßchirurgie (2023)
- ↑ 5,0 5,1 Sykes et al. Progress in xenotransplantation: overcoming immune barriers, Nature Reviews Nephrology, 18(12), 745–761 (2022)
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