Tumorstroma
1. Definition
Das Tumorstroma ist der nicht-neoplastische Bindegewebsanteil (Stroma) eines Tumors, der die Tumorzellen umgibt und sie funktionell unterstützt. Es spielt eine zentrale Rolle bei der Tumorprogression, Metastasierung und Therapieresistenz. Das Tumorstroma besteht u.a. aus einer extrazellulären Matrix, Fibroblasten, Immunzellen, Blutgefäßen und lymphatischen Strukturen.
2. Aufbau
Das Tumorstroma entsteht durch komplexe Wechselwirkungen der Krebszellen mit gesunden Zellen im Rahmen einer desmoplastischen Reaktion. Seine Hauptbestandteile sind:
- Extrazelluläre Matrix (EZM): Sie besteht aus Kollagenen (v.a. Typ I und III), Fibronektin, Laminin, Hyaluronsäure und Proteoglykanen. Die EZM unterstützt die mechanische Stabilität des Tumors, die Zelladhäsion, die Signaltransduktion der Tumorzellen sowie die Tumorzellmigration.
- Fibroblasten und tumorassoziierte Fibroblasten (CAFs): Dabei handelt es sich um aktivierte Myofibroblasten, die verschiedene Wachstumsfaktoren (TGF-β, PDGF, VEGF) sezernieren. Sie fördern die Proliferation und Invasion des Tumors sowie die Neoangiogenese.
- Blut- und Lymphgefäße: Durch die Wachstumsfaktoren im Tumormikromilieu werden neovaskuläre Strukturen induziert. Sie besitzen meist eine atypische Gefäßarchitektur mit hoher Permeabilität. Dadurch erleichtern sie die Metastasierung.
- Immunzellen: Sie können tumorigen (tumorassoziierte Makrophagen, TAMs) oder immunsuppressiv wirken (regulatorische T-Zellen, tumorinfiltrierende Lymphozyten). Myeloide Suppressorzellen (MDSCs) hemmen zytotoxische T-Zellen und fördern so das Tumorwachstum.
- Perizyten und mesenchymale Stammzellen: Sie modulieren die Neoangiogenese und das Remodeling der EZM und sind wahrscheinlich an der epithelial-mesenchymalen Transition (EMT) beteiligt.
Das Tumorstroma bildet gemeinsam mit molekularen Bestandteilen wie Botenstoffen, Wachstumsfaktoren und microRNA das Tumormikroumgebung.
3. Pharmakologie
Das Tumorstroma ist eine mögliche Zielstruktur der antineoplastischen Therapie. Einige Wirkstoffe sind bereits im klinischen Einsatz, andere sind Gegenstand der Grundlagenforschung oder befinden sich in klinischer Prüfung. Beispiele sind:
- Hemmung der Neoangiogenese: z.B. VEGF-Inhibitoren wie Bevacizumab
- Targeting von Tumor-assoziierten Fibroblasten: z.B. FAP-Inhibitoren, Hedgehog-Signalweg-Inhibitoren
- Immunmodulation: z.B. Checkpoint-Inhibitoren wie Pembrolizumab zur Reaktivierung der immunologischen Tumorabwehr
- Hemmung des EZM-Remodelings: z.B. MMP-Inhibitoren, LOX-Inhibitoren