Tubulotoxizität
Englisch: tubulotoxicity
Definition
Als Tubulotoxizität bezeichnet man die Eigenschaft einer Substanz bzw. eines Arzneistoffs, eine Schädigung der Nierentubuli auszulösen. Es handelt sich um einen Subtyp der Nephrotoxizität.
Pathophysiologie
Vor allem die proximalen Tubuluszellen sind gegenüber toxischen Stoffen sehr vulnerabel, da sie eine hohe Stoffwechselaktivität haben und viele Substanzen aktiv aufnehmen. Der damit verbundene ATP-Bedarf verlangt eine überdurchschnittliche Sauerstoffmenge. Aus diesem Grund erhält die Niere etwa 25 % des Herzzeitvolumens und ist damit den im Blut transportieren Substanzen in erhöhtem Maß ausgesetzt. Die Tubuluszellen selbst nehmen dabei Arzneistoffe über zwei getrennte Wege auf:
- aus dem Blut über basolaterale Transportproteine
- aus dem Primärharn über apikale Transporter
Diese Doppelexposition sorgt für einen verstärkten Substanzanfall. Er wird vor allem dann kritisch, wenn intrazellulär toxische Metaboliten gebildet werden, wie z.B. bei Ifosfamid.
Symptome
Das klinische Bild einer tubulotoxischen Nierenschädigung ist abhängig von ihrem Umfang. Es reicht von asymptomatischen Verläufen bis hin zum akuten Nierenversagen.[1]
Diagnose
Tubulotoxizische Substanzen lösen in der Regel eine tubulo-interstitiellen Nephritis aus. Im Blut können erhöhte Nierenretentionsparameter und Elektrolytstörungen auffallen, im Harn können eine Isosthenurie, eine sterile Leukozyturie oder ein erhöhtes Beta-2-Mikroglobulin auftreten.
Ein möglicher Marker für die Schädigung der proximalen Tubuli ist das Kidney Injury Molecule-1 (KIM-1). Er wird jedoch derzeit (2025) nur im Forschungsbereich eingesetzt.
Tubulotoxische Substanzen
Verschiedene Arzneistoffe besitzen ein tubulotoxisches Potenzial. Dazu zählen unter anderem:
- NSAR
- Antiinfektiva: Aminoglykoside, Amphotericin B, Foscarnet, Tenofovir
- Immunsuppressiva: Ciclosporin, Tacrolimus
- Chemotherapeutika: Cisplatin, Ifosfamid
- Lithium
- Iodhaltiges Röntgenkontrastmittel
- Schwermetalle: Blei, Cadmium
Auch körpereigene Moleküle können tubulotoxisch wirken, wenn sie in hohen Konzentrationen im Tubulusapparat anfallen, wie z.B. freie Leichtketten bei der Cast-Nephropathie oder Myoglobin bei einer Rhabdomyolyse.
Quellen
- ↑ Hall AM, Trepiccione F, Unwin RJ. Drug toxicity in the proximal tubule: new models, methods and mechanisms. Pediatr Nephrol. 2022 May;37(5):973-982. doi: 10.1007/s00467-021-05121-9. Epub 2021 May 28. PMID: 34050397; PMCID: PMC9023418.