Traumaspirale (Computertomographie)
Synonyme: Trauma-CT, Polytrauma-CT, Ganzkörper-Computertomographie, GKCT
Definition
Bei der Traumaspirale handelt es sich um eine computertomographische Ganzkörperuntersuchung (Ganzkörper-CT). Sie ist ein zentraler Bestandteil der Schockraumversorgung von Schwerstverletzen. Ziel der Untersuchung ist es, innerhalb kürzester Zeit eine vollständige bildgebende Diagnostik des Patienten zu erhalten, um potentielle Einblutungen oder Verletzungen rasch erkennen zu können.
Abgrenzung
Die Traumaspirale im Rahmen der Schockraumdiagnostik muss von der psychotraumatologischen Traumaspirale unterschieden werden. Zusätzlich ist sie von der sogenannten Schockspirale abzugrenzen.
Indikationen
Die Indikationen unterscheiden sich je nach Krankenhaus. Allerdings definieren aktuelle Leitlinien (vor allem die S3-Leitlinie Polytrauma 2022/2023) klare Kriterien für den Einsatz einer Traumaspirale.
Grundsätzlich soll bei jedem polytraumatisierten Patienten so früh wie möglich eine Traumaspirale durchgeführt werde, sofern keine sofortige Not-OP oder -Intervention (z.B. Thoraxdrainage) erforderlich ist und der systolische Blutdruck stabil bei > 60 mmHg liegt. Wichtige Indikationen sind:
- Beeinträchtigung der Vitalfunktionen: Zeichen von Schock (Hypotonie < 90 mmHg), respiratorische Insuffizienz, Bewusstseinsstörung (GCS < 14) oder andere erhebliche Vitalparameter-Abweichungen
- pathologischer Untersuchungsbefund und/oder Bildgebungsbefund von Thorax, Abdomen, Becken und/oder Wirbelsäule
- Muskuloskelettale Mehrfachverletzungen, z.B. Frakturen von mindestens zwei Röhrenknochen (etwa Oberschenkel und Oberarm)
- Hochrasanztrauma, z.B. Sturz aus > 4 m Höhe oder Einklemmung/Kompression von Thorax und/oder Abdomen beim Unfall
Sobald mindestens eines dieser Kriterien erfüllt ist, sollte gemäß Leitlinienempfehlung eine Ganzkörper-CT erfolgen.
In manchen Krankenhäusern wird die Traumaspirale erst nach einer initialen Stabilisierung und einer FAST-Sonographie durchgeführt. Es wird empfohlen, die Traumaspirale nach Aufnahme in den Schockraum so früh wie möglich durchzuführen. In der Regel erfolgt zunächst ein natives CCT zum Blutungsausschluss im Gehirn. Die Protokollvarianten verschiedener Krankenhäuser unterscheiden sich im weiteren Verlauf.
Im Anschluss an das CT erfolgt eine sofortige Auswertung, sodass die weitere Versorgung des Patienten unmittelbar und entsprechend der Befunde eingeleitet werden kann.
Durchführung
Neben lokalen und klinikinternen Protokollen werden durch deutsche Fachgesellschaften (z.B. Arbeitsgemeinschaft Radiologie der DGOU) Standardverfahren empfohlen. Generell bezeichnet die „Traumaspirale“ eine Mehrphasen-CT von Kopf bis Becken, typischerweise nach folgendem Schema:
- Natives CT des Schädels zum Ausschluss intrakranieller Blutungen
- Ganzkörper-CT: anschließend wird Kontrastmittel angewendet, meist in hoher Flussrate (z.B. ~1–1,5 ml/kg mit 2–4 ml/s). In optimaler Timing-Abstimmung beginnt dann ein Spiral-CT vom Hals/Thorax bis zum Becken (inkl. Abdomen). Einige Traumaprotokolle nutzen ein Split-Bolus-Verfahren, bei dem zwei gestaffelte Kontrastgaben kombiniert werden, um sowohl die arterielle Gefäßphase als auch die portalvenöse Organphase in einem Scan abzudecken. So können in einem einzigen CT-Durchgang gleichzeitig Rückschlüsse auf arterielle Blutungen und parenchymatöse Organverletzungen gezogen werden. Manche Zentren führen auch eine CT-Angiographie der Halsgefäße in diesem Schritt mit durch, um traumatische Dissektionen der Arteria carotis oder Arteria vertebralis feststellen zu können (Inzidenz ca. 5–10% bei Schwerverletzten).
Vorteile
Durch die frühzeitige Untersuchung des gesamten Körpers können einerseits kritische Verletzungen schnell erkannt werden; andererseits verhindert die Bildgebung Fixierungsfehler und ermöglicht eine umfassende Diagnostik. Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit der Verlaufskontrolle.
Nachteile
Die Traumaspirale geht mit einer relativ hohen Strahlenbelastung einher. Sie wird mit 10 bis 40 mSv angegeben.
Literatur
- Jehmann. Update Ganzkörper-CT-Traumaspirale: Empfehlungen und Strahlenschutz. Radiopraxis. 16(03):108-115. 2023
- AWMF online – S3-Leitlinie Polytrauma /Schwerverletzten-Behandlung. 187-023. 2022
- Ernstberger et al. Computertomographie bei Polytrauma. Trauma und Berufskrankheit. 19:57-63. 2017