Sugammadex
Handelsname: Bridion®
Wirkstoff: Sugammadex-Octanatrium
Definition
Sugammadex ist ein spezifisches Antidot zur Antagonisierung der neuromuskulären Blockade durch nicht-depolarisierende Muskelrelaxanzien vom Steroid-Typ (z.B. Rocuronium, Vecuronium).
Chemie
Bei Sugammadex handelt es sich um ein modifiziertes γ-Cyclodextrin mit einem lipophilen Zentrum und einer hydrophilen Peripherie.
Die einzelnen Monomere sind an der 6-Position über einen Thioether mit einer Propionsäurestruktur derivatisiert, was dem Arzneistoff saure Eigenschaften verleiht und ihn nach außen hin noch hydrophiler macht. Bei einem physiologischem pH-Wert sind die Säurefunktionen deprotoniert und somit negativ geladen. Über Ionenbindung können die kationischen Muskelrelaxanzien des Steroidtyps deshalb gut gebunden und im Inneren des Moleküls eingeschlossen werden.[1]
Das Molekulargewicht beträgt 2002,2 g/mol.[2]
Wirkmechanismus
Sugammadex bindet bzw. enkapsuliert Muskelrelaxanzien vom Steroid-Typ und vermindert dadurch ihre Konzentration im synaptischen Spalt der motorischen Endplatte. Dabei besteht eine hohe Affinität zu Rocuronium, eine geringere zu Vecuronium oder Pancuronium. Durch die direkte Bindung des Muskelrelaxans unterscheidet sich der Wirkmechanismus von dem der Acetylcholinesterase-Hemmer (z.B. Neostigmin), da Sugammadex das auslösende Agens und nicht dessen Wirkung antagonisiert. Deshalb hat Sugammadex auch keine cholinergen Effekte.
Eine Antagonisierung der Muskelrelaxation mit Muskelrelaxanzien vom Benzylisochinolin-Typ (z.B. Atracurium, Mivacurium) ist durch Sugammadex nicht möglich.
Pharmakokinetik
Das Verteilungsvolumen im Steady State beträgt 11 bis 14 Liter. Die Elimination erfolgt mit einer Eliminationshalbwertszeit von 2 Stunden über die Nieren.
Indikation
Sugammadex wird zur Aufhebung einer durch Rocuronium oder Vecuronium medikamentös induzierten Muskelrelaxation verabreicht.
Darreichungsform und Dosierung
Sugammadex ist als Injektionslösung erhältlich.
Die genaue Dosierung hängt von der Tiefe der neuromuskulären Blockade ab. Routinemäßig werden 4 mg/kg KG verwendet, wenn sich die neuromuskuläre Blockade auf mindestens 1 bis 2 Post Tetanic Counts erholt hat. Soll die Blockade sofort aufgehoben werden, wird eine Dosierung von 16 mg/kg KG eingesetzt.[3]
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
Wie bei operativen Eingriffen üblich, wird der Patient nach Aufheben der Narkose v.a. in Hinsicht auf die Atemfunktion oder ein Wiederauftreten der neuromuskulären Blockade überwacht. Nebenwirkungen von Sugammadex sind beispielsweise:[3]
- Erhöhung der aktivierten partiellen Thromboplastinzeit (apTT) und Prothrombinzeit
- Verflachung der Narkose
- Bradykardie
- prozedurale Hypotonie, Narkosekomplikationen
Wechselwirkungen
Da Sugammadex nicht über das Cytochrom P450-System metabolisiert wird, sind keine pharmakokinetischen Wechselwirkungen zu erwarten. Andere mögliche Wechselwirkungen sind:
- Verdrängung von Rocuronium oder Vecuronium aus der Sugammadex-Einschlussverbindung durch andere Arzneistoffe (z.B. Toremifen, Fusidinsäure i.v.)
- Abschwächung der Wirkung anderer Arzneistoffe durch Bildung einer Einschlussverbindung (v.a. hormonelle Kontrazeptiva)
- Beeinträchtigung der Ermittlung von Gestagen-Plasmaspiegeln[3]
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
Quellen
- ↑ Welliver et al. Discovery, development, and clinical application of sugammadex sodium, a selective relaxant binding agent, Drug design, development and therapy, 2008
- ↑ Pubchem- Sugammadex, abgerufen am 03.09.2022
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels (Fachinformation)
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