Pleomorphes Adenom
Englisch: pleomorphic adenoma
Definition
Das pleomorphe Adenom ist der häufigste benigne Tumor der Speicheldrüsen. Er betrifft überwiegend die Ohrspeicheldrüse. Bei Befall des Parotisinnenlappens ist ein Vorwachsen bis in den Parapharyngealraum möglich.
Epidemiologie
Der Tumor hat seinen Altersgipfel in der 4. bis 6. Lebensdekade. Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer (3:2).
Ätiologie
Die genaue Ätiologie des Tumors ist unbekannt. Risikofaktoren sind nicht bekannt. Molekulargenetisch sind mit dem Tumor eine Translokation und Überexpression der Gene PLAG1 und HMGA2 assoziiert. Sie kodieren für Transkriptionsfaktoren.[1]
Klinik
Das pleomorphe Adenom ist nicht schmerzhaft und wächst langsam. Bei Sitz in der Parotis macht es sich als Vorwölbung des präaurikulären Weichteilgewebes bemerkbar und kann zu einer Eversion des Ohrläppchens führen. Der derbe Knoten ist unter der Haut gut verschieblich.
Tumoren des tiefen Parotispols können sich in den Parapharyngealraum ausbreiten. Sie wölben die Schleimhaut des weichen Gaumens vor und führen so zu Schluckbeschwerden. Da ihre Ausdehnung im Gewebe meist größer ist, als es der klinische Befund erwarten lässt, bezeichnet man sie auch als Eisbergtumore.
Prädilektionsstellen
Rund 85% der pleomorphen Adenome haben ihren Sitz in der Ohrspeicheldrüse (Glandula parotidea). Die kleinen Mundspeicheldrüsen sind zu 10 %, die Glandula submandibularis zu etwa 5 % betroffen.[2] Die Glandula sublingualis stellt eine Ausnahmelokalisation dar. Innerhalb der Ohrspeicheldrüse befällt der Tumor meist die oberflächlichen Anteile (75 %), seltener die tiefen Drüsenpartien (25 %).
Pathohistologie
Das pleomorphe Adenom ist ein epithelial-mesenchymaler Mischtumor. Der Tumor ist von einer bindegewebigen Pseudokapsel umgeben (Benignitätszeichen), die durch Verdrängung des umgebenden Bindegewebes entsteht. Das Tumorgewebe besteht aus neoplastisch proliferierendem Epithel. Es zeigt sich ein buntes Bild von epithelialen und mesenchymalen Anteilen, weshalb dieses Adenom auch als pleomorph bezeichnet wird. Die Tumorepithelzellen aus Gangepithelien oder Myoepithelzellen nehmen solide oder trabekuläre, aber auch tubuläre und zystische Formationen ein. Das Stroma ist ebenfalls durch seine Vielgestaltigkeit gekennzeichnet. Es kann einen mukoiden, myxoiden, chondroiden, faszikulären oder auch hyalin-fibrösen Aufbau zeigen.
Diagnostik
In der Diagnostik steht die Bildgebung mittels Sonographie zur Lokalisation und Größenbestimmung im Vordergrund. Eine Probeexzision mit Biopsie ist nicht indiziert, da dabei die Pseudokapsel verletzt wird und die Gefahr der Verschleppung von Tumorzellen besteht. Stattdessen wird eine ultraschallgesteuerte Feinnadelaspiration durchgeführt. Das Risiko der Streuung von Tumorzellen wird bei diesen Verfahren als gering eingestuft.[3]
Bei Innenlappentumoren ist die Magnetresonanztomographie hilfreich. Die myxoiden Stromaanteile erscheinen in der T1-Wichtung hypointens, in der T2-Wichtung stark hyperintens. Die zarte Pseudokapsel kann in T2w- und fettgesättigten T1w-Sequenzen dargestellt werden.
Differentialdiagnosen
- Andere Speicheldrüsentumoren
- Sarkoidose
- Lymphome
- Lymphadenopathie
Therapie
Die Therapie erfolgt operativ mittels kompletter Exstirpation als partielle Parotidektomie unter Schonung des Nervus facialis. Hierbei ist darauf zu achten, dass alle Tumoranteile erfasst werden und die Tumorkapsel nicht verletzt wird - andernfalls kommt es häufig zu Rezidiven. Aus diesem Grund wurde auch die früher verbreitete Enukleation verlassen. Größere und/oder schlecht abgrenzbare Tumoren können eine radikale Parotidektomie notwendig machen.
Aufgrund der Möglichkeit einer malignen Entartung und der mit zunehmender Tumorgröße schwierigeren Entfernung ist eine schnelle Operation anzustreben. Eine Entartung ist jedoch selten.
Prognose
Die Prognose des pleomorphen Adenoms ist rechtzeitiger Operation gut. Rezidive treten bei vollständiger Exstirpation (R0-Resektion) selten auf. Ihre Häufigkeit wird zwischen 1 und 5 % angegeben und ist maßgeblich abhängig von der Erfahrung des durchführenden Zentrums bzw. Operateurs.
Das Entartungsrisiko beträgt im Mittel 5-6%, steigt aber mit der Erkrankungsdauer. Nach sehr langen Zeiträumen (> 10 Jahre) ist auch eine Absiedelung von Metastase möglich, wenn auch selten.
Quellen
- ↑ Fletcher C: Histopathology of Tumors. 3. edition. Churchill Livingston Elsevier, 2007
- ↑ Voz ML et al.: First insights into the molecular basis of pleomorphic adenomas of the salivary glands. Adv Dent Res. 2000 Dec;14:81-3. doi: 10.1177/08959374000140011301 PMID: 11842929
- ↑ Zbären P et al.: Preoperative diagnostic of parotid gland neoplasms: fine-needle aspiration cytology or core needle biopsy? European Archives of Oto-Rhino-Laryngology volume 275, pages 2609–2613 (2018)
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