Thrombozytenaktivierung
Definition
Die Thrombozytenaktivierung ist eine komplexe morphologische und biochemische Veränderung der Thrombozyten am Ort einer Gefäßläsion, die die Blutstillung einleitet. Sie wird vor allem durch den Kontakt von Thrombozytenglykoproteinen mit subendothelialen Kollagenfasern und von-Willebrand-Faktor ausgelöst.
Physiologie
Zur Thrombozytenaktivierung gehören mehrere Vorgänge:
- Adhäsion
- Formwandel (shape change)
- Aggregation
- Freisetzungsreaktion (release reaction)
Adhäsion
Die Adhäsion der Thrombozyten an eine Gefäßverletzung wird ausgelöst
- durch von-Willebrand-Faktor aus den Weibel-Palade-Körperchen der Endothelzellen, der an den Thrombozyten-Rezeptor Glykoprotein Ib/IX/V bindet, und
- durch Kontakt des Rezeptors Glykoprotein Ia/IIa mit Kollagenfasern der subendothelialen Matrix.
Hinzu kommen weitere Aktivatoren, unter anderem Thrombin, ADP, PAF und Adrenalin.
Formwandel
Die Thrombozyten schwellen von einer diskoiden Form zur Kugel an und breiten sich aus. Durch Kontraktion von intrazellulären Mikrofilamenten werden Pseudopodien gebildet.
Aggregation
Die Bindung der Thrombozyten untereinander, die Aggregation, wird wesentlich durch den Rezeptor Glykoprotein IIb/IIIa vermittelt, der im aktivierten Zustand an Fibrinogen binden kann. Dies führt zur Vernetzung der Thrombozyten und zur Bindung weiterer Thrombozyten aus dem Blutstrom.
Freisetzungsreaktion
Aus den Granula und dem Zytoplasma der Thrombozyten werden eine Reihe von Substanzen freigesetzt, die auf die Gefäßwand wirken, die plasmatische Gerinnung fördern und auch die Thrombozytenaktivierung selbst verstärken. Hierzu dienen u.a. das in den α-Granula gespeicherte P-Selektin und das in den δ-Granula gespeicherte ADP, das eine positive Rückkoppelung über den ADP-Rezeptor erzeugt.
Außerdem ändert sich die Konformation der Zellmembran, so dass negative geladene Phospholipide nach außen verlagert werden, die als Mikromilieu für die plasmatische Gerinnung dienen. Dieser Mechanismus wurde früher als Plättchenfaktor 3 bezeichnet.
Klinik
Für den therapeutischen Eingriff in die Thrombozytenaktivierung, zum Beispiel bei Herzinfarkten oder Schlaganfällen, stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung, die als Thrombozytenaggregationshemmer bezeichnet werden.
Bei einer Reihe von Erbkrankheiten ist die Thrombozytenaktivierung vermindert. Diese werden als angeborene Thrombozytopathien bezeichnet. Dabei können verschiedenste Mechanismen der Thrombozytenaktivierung gestört sein.
Viele Medikamente haben als Nebenwirkung eine Störung der Thrombozytenfunktion. Bekanntestes Beispiel ist die Acetylsalicylsäure.
Labordiagnostik
Störungen der Thrombozytenaktivierung können durch verschiedene Methoden der Thrombozytenfunktionsdiagnostik diagnostiziert werden.
Thrombozytenkonzentrate
Aufgrund der Tatsache, dass Thrombozyten auch durch längeren Kontakt mit anderen Thrombozyten aktiviert werden, müssen Thrombozytenkonzentrate in ständiger Bewegung gehalten werden, um eine Sedimentation zu verhindern und eine vorzeitige Thrombozytenaktivierung während der Lagerung zu vermeiden.
Merkhilfe
Merkhilfe für die Aktivatoren der Thrombozyten:
Kalle säuft die Tonne auf ex | |
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Kalle | Kollagen |
säuft | Serotonin |
die | ADP |
Tonne | Thrombin |
auf | Adrenalin |
ex | Thromboxan A2 |
um diese Funktion zu nutzen.