Monieziose (Wiederkäuer)
Synonym: Moniezia-Infektion beim Wiederkäuer
Definition
Als Monieziose des Wiederkäuers bezeichnet man eine parasitär bedingte Erkrankung beim Wiederkäuer, die durch Angehörige der Familie der Anoplocephalidae verursacht wird.
Erreger
Die Arten Moniezia expansa und moniezia benedeni gehören zur Familie der Anoplocephalidae und sind meterlange Bandwürmer. Sie leben im Dünndarmlumen und kommen bei einer Vielzahl von Wiederkäuern vor.
Adulte
Ihr Skolex ist mit vier Saugnäpfen bewaffnet, jedoch ist kein Rostellum und kein Haken ausgebildet. Die graviden und mit dem Kot ausgeschiedenen Endglieder (Proglottiden) sind deutlich breiter als lang und weisen aufgrund doppelt angelegter Geschlechtsorgane lateral je eine Genitalöffnung auf. Eine einzelne Proglottis enthält hunderte polygonale Eier, deren mit sechs Haken ausgestattete Onkosphäre von einer Embryophore (birnenförmiger Apparat) umgeben ist. Diese Formation ist charakteristisch für Moniezia-Eier.
Moniezia expansa | Moniezia benedeni | |
---|---|---|
Länge der Strobila: | bis zu 10 m | bis zu 4 m |
Breite der Endglieder: | bis zu 1,6 m | bis zu 2,6 m |
Form der Saugnäpfe: | oval | rund |
Zwischenglieddrüsen: | auf ganzer Breite | nur zentral |
Eier
Moniezia-Eier sind 65 bis 70 x 80 μm groß und mit einer dicken Schale umgeben. Die äußerste Hülle ist unregelmäßig geformt und kann sowohl rundlich als auch viereckig bis polygonal ausgebildet sein. Die Eizelle enthält die typische Onkosphäre.
Vorkommen
Moniezia spp. ist weltweit verbreitet. In Mitteleuropa sind sie bei den Hauswiederkäuern die einzigen in adulter Form parasitierenden Bandwürmer. Beim Rind ist hauptsächlich Moniezia benedeni, beim Schaf v.a. Moniezia expansa zu finden. Beide Arten parasitieren auch bei wild lebenden Wiederkäuern.
Bei bis zu 60 % der Schafe und bei bis zu 10 % der Rinder, die geschlachtet werden, können im Dünndarm Bandwürmer gefunden werden.
Entwicklung
Die Entwicklung von Moniezia spp. verläuft obligat über Moosmilben (Oribatiden), die als Zwischenwirte fungieren. Moosmilben sind ca. 1 mm große Milben die in humusreichen Böden leben, um sich von organischem Material zu ernähren. Bei ihrer Nahrungsaufnahme verzehren sie auch die in den Proglottiden mit dem Kot ausgeschiedenen Bandwurmeier. Bandwurmeier können im mitteleuropäischen Klima viele Monate überleben und auch überwintern.
Bei Temperaturen um 28 °C bildet sich in der Leibeshöhle des Zwischenwirtes nach etwa 4 Wochen (nach der Aufnahme) ein infektionsfähiges Zystizerkoid. Bei mitteleuropäischen Verhältnissen läuft dieser Prozess im Sommer innerhalb von drei Monaten ab. Aufgrund der langen Lebenserwartung von Moosmilben können Zystizerkoide von Moniezia expansa in diesen bis zu 2 Jahre, von Moniezia benedeni bis zu 18 Monate überleben. Da Moniezia-Eier auch die Passage durch den Verdauungstrakt von Vögeln überleben, kommt diesen Tieren ebenso eine gewisse Bedeutung bei der Verbreitung zu.
Nach dem Verzehr eines zystizerkoidhaltigen Zwischenwirtes werden die Finnen im Duodenum des Endwirtes frei und entwickeln sich dort in 30 bis 52 Tagen zu geschlechtsreifen Bandwürmern. Bei Schafen beträgt die Patenz meist nur drei Monate, gelegentlich bis zu acht Monate. Endwirte infizieren sich fast ausschließlich auf der Weide, wobei eine Infektion v.a. bei Jungtieren auftritt. So sind Lämmer gehäuft im 2. bis 4. Weidemonat mit Moniezia expansa infiziert, während Moniezia-benedeni-Infektionen verstärkt im Herbst auftreten. Rinder sind im Juni am wenigsten befallen, im Januar hingegen am stärksten. Kühe sind dabei seltener betroffen als Jungrinder.
Pathogenese
Der Großteil der Rinder und Schafe ist nur mit einzelnen oder wenigen Exemplaren von Moniezia expansa befallen. Im Zuge der Schlachtung klinisch unauffälliger Tiere findet man aber auch nicht selten eine beachtliche Menge an Würmern. Bei der Schlachtbefundung werden oftmals unregelmäßige Verdickungen der Darmschleimhaut sowie katarrhalische Enteritis beschrieben.
Nach experimentellen Untersuchungen führten Infektionen mit Moniezia expansa zu oberflächlichen Nekrosen im Dünndarm, zu einer Hyperplasie der Peyer-Platten und zu einer Lymphozyteninfiltration in der Mukosa.
Klinik
Ein Befall mit Moniezia spp. bleibt oftmals klinisch inapparent. Chronische Verläufe können mit Dysbakterie einhergehen und zu abwechselnder Diarrhö bzw. Verstopfung führen. Schafe und Rinder - die mit Anthelmintika von Bandwürmern befreit wurden - zeigten oftmals bessere Gewichtszunahme als unbehandelte Tiere. Während der Sektion findet man lediglich eine exsudative, selten eine hämorrhagische Dünndarmentzündung.
Es besteht der Verdacht, dass ein Bandwurmbefall die Clostridiose begünstigen soll.
Diagnose
Im Kot können die schubweise und in Ketten von mehreren Gliedern abgehenden (bis zu 0,5 cm langen und 1,2 cm breiten) weißlichen Proglottiden nachgewiesen können. Die Eier sind unregelmäßig polygonal geformt und im mikroskopischen Bild nach dem Flotationsverfahren eindeutig von den den übrigen Kotbstandteilen zu unterscheiden.
Eine Artdifferenzierung kann anhand der Eier nicht erfolgen, jedoch anhand der Proglottiden.
Therapie
Sollte eine Monieziose behandlungswürdig sein (v.a. bei Schafen), stehen mehrere Präparate zur Verfügung: Albendazol (3,8 bis 5 mg/kgKG p.o, beim Rind 10 mg/kgKG p.o.), Febantel (5 bis 15 mg/kgKG p.o.), Fenbendazol (10 mg/kgKG p.o., beim Rind 15 mg/kgKG p.o.), Mebendazol (10 bis 20 mg/kgKG p.o.), Netobimin (20 mg/kgKG p.o.), Oxfendazol (5 mg/kgKG p.o.) und Praziquantel (3,75 mg/kgKG p.o., bei Ziegen 20 mg/kgKG p.o.).
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Literatur
- Boch, Josef, Supperer, Rudolf. Veterinärmedizinische Parasitologie. 6. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Parey Verlag, 2005