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Metaphysäre kortikale Irregularität

Synonyme: kortikale Avulsionsverletzung, kortikales Irregularitätssyndrom, kortikales Desmoid, periostales Desmoid, fibroplastische Periostreaktion, höckeriger Kortikalisdefekt
Englisch: cortical irregularity, cortical irregularity syndrome, distal femoral cortical irregularity, cortical avulsive injury, chronic avulsive injury, tug lesion, Bufkin lesion, cortical desmoid, paraosseous desmoid, juxtacortical desmoid, periosteal desmoid, fibroplastic periosteal reaction, proliferative periostitis, nodular cortical defect

1. Definition

Die metaphysäre kortikale Irregularität ist ein häufiger radiologischer Zufallsbefund bei Kindern und seltener bei Jugendlichen. Sie kann als Normvariante bzw. als physiologische Stressreaktion angesehen werden.

2. Terminologie

Die Abgrenzung zwischen einer metaphysären kortikalen Irregularität und einem fibrösen metaphysären Defekt (FMD) ist unklar. Teilweise werden beide Begriffe synonym verwendet und als eine Entität angesehen. Da der FMD die Vorstufe eines nicht-ossifizierenden Fibroms (NOF) darstellt bzw. mit diesem identisch ist, müsste man konsequenterweise auch die metaphysäre kortikale Irregularität als einen Vorläufer des NOFs ansehen.

Die metaphysäre kortikale Irregularität zeigt keine pathohistologischen Merkmale eines Desmoidtumors, sodass die Bezeichnungen kortikales oder periostales Desmoid irreführend sind und nicht mehr verwendet werden sollten.

3. Ätiopathogenese

Die genaue Ursache der metaphysären kortikalen Irregularität ist derzeit (2024) unklar. Vermutlich handelt es sich um eine Stressreaktion des Knochens, die durch vermehrte Zugbelastung am Muskel- bzw. Sehnenansatz hervorgerufen wird. Durch die Traktion kommt es zu einer passageren Resorption der Kortikalis, die 2 Wochen bis zu einem Jahr andauert. Die freiliegende Spongiosa bedingt die radiologisch sichtbare unregelmäßige und teilweise spikulierte Knochenbegrenzung.

4. Epidemiologie

Die häufigste Lokalisation ist der posteromediale distale Femur am Ansatz des medialen Musculus gastrocnemius oder des Musculus adductor magnus ("distale femorale kortikale Irregulärität"). Weitere Lokalisationen sind der Ansatz des lateralen Musculus gastrocnemius, der proximale Humerus am Ansatz des Musculus pectoralis major oder Musculus deltoideus und sehr selten der distale Radius und die tibiale Metaphyse.

Metaphysäre kortikale Irregularitäten sind häufig. Im 3. bis 17. Lebensjahr werden sie bei 11,5 % der Jungen und 3,6 % der Mädchen an den distalen Femurmetaphysen und am proximalen Humerus beobachtet.[1] Jungen sind aufgrund der zumeist höheren körperlichen Aktivität häufiger betroffen.

5. Klinik

Metaphysäre kortikale Irregularitäten verursachen keine Beschwerden.

6. Diagnostik

Bei typischer Röntgenmorphologie, Lokalisation im Ansatzbereich von Muskeln oder Sehnen und klinischer Beschwerdefreiheit gilt die Diagnose einer metaphysären kortikalen Irregularität als gesichert. Die diagnostische Sicherheit wird durch den Nachweis eines identischen Befundes auf der Gegenseite erhöht. Weitere Kontrolluntersuchungen sind nicht erforderlich.

6.1. Radiologie

Im konventionellen Röntgenbild fallen flache, irreguläre, scharf berandete Arrosionen der Kortikalis im Ansatzbereich von Muskel und Sehnen auf. Manchmal bildet das Periost an der Außenseite des Prozesses eine dünne Knochenhülle. Die resorptiven Veränderungen können eine überschießende reparative Reaktion bis hin zur paraossären Verknöcherung hervorrufen.

In der Magnetresonanztomographie (MRT) stellt sich die Läsion in der T2w-Sequenz hyperintens mit hypointensem Skleroserand dar. In der T1w-Sequenz zeigt sich ein geringes Signal und meistens eine Kontrastmittelanreicherung. Die angrenzenden Weichteile sind unauffällig.[2][3]

6.2. Nuklearmedizin

Kortikale Irregularitäten sind im Knochenszintigramm zumeist nicht vermehrt speichernd. Teilweise wird in der Literatur jedoch aufgrund der chronischen Belastung eine abnorme Aktivitätszunahme in der Knochenszintigraphie beschrieben.

In der FDG-PET weisen kortikale Irregularitäten einen erhöhten Uptake auf.[4]

6.3. Pathohistologie

Die metaphysäre kortikale Irregularität zählt zu den Do-Not-Touch-Läsionen. Wird trotzdem eine Biopsie durchgeführt, zeigt sich histologisch ein reaktiver Prozess mit erhöhter osteoklastischer Aktivität und proliferierendem fibrösem und osteokartilaginärem Gewebe.

7. Differenzialdiagnostik

Bestehen im Periost unregelmäßige Verknöcherungen, kann die Abgrenzung zu einem beginnenden Malignom (z.B. Osteosarkom) schwierig sein. Dieses geht überwiegend mit einer Schmerzsymptomatik einher. In der CT oder MRT lässt sich im Zweifel feststellen, ob der Befund auf die Kortikalis beschränkt bleibt oder wie beim Osteosarkom von der darunter gelegenen Spongiosa ausgeht. Weiterhin sind Osteosarkome in der Knochenszintigraphie stark anreichernd.

Weiterhin muss an ein Osteoidosteom gedacht werden, welches sich als kortikale sklerotische Läsion mit Verdickung des Kortex und gegebenenfalls erkennbarem Nidus darstellt. Meist werden nächtliche Schmerzen beklagt.

8. Prognose

In der Regel kommt es innerhalb von Wochen bis Monaten zu einer Reparation der metaphysären kortikalen Irregularität.

9. Literatur

10. Quellen

  1. Simon H. Medial distal metaphyseal femoral irregularity in children. Radiology. 1968; 90 258-262
  2. Suh JS et al. MR appearance of distal femoral cortical irregularity (cortical desmoid), Comput Assist Tomogr. 1996;20(2):328-332
  3. Yamazaki T et al. MR findings of avulsive cortical irregularity of the distal femur, Skeletal Radiol. 1995;24(1):43-46
  4. Goodin GS et al. PET/CT characterization of fibroosseous defects in children: 18F-FDG uptake can mimic metastatic disease, AJR Am J Roentgenol. 2006;187(4):1124-1128

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