Maligner Mediainfarkt
Definition
Der maligne Mediainfarkt ist ein Schlaganfall, der einen Großteil des Stromgebiets der Arteria cerebri media mit oder ohne Beteiligung anderer Stromgebiete betrifft. Er verursacht ein progredientes raumforderndes Hirnödem mit der Gefahr einer zerebralen Herniation (Hirneinklemmung).
Häufigkeit
Unter 5% aller Schlaganfälle entwickeln sich zu einem malignen Mediainfarkt. Die Häufigkeit hat aufgrund einer breiteren Verfügbarkeit von rekanalisierenden Therapien (systemische Thrombolyse und Thrombektomie) weiter abgenommen.
Risikofaktoren
- Größe des Schlaganfalls: Mehr als 2/3 des Media-Stromgebiets, zusätzlich angrenzende Gefäßterritorien (Anterior- bzw. Posterior-Stromgebiet) betroffen.
- Über längere Zeit bestehender Großgefäßverschluss (Media-Hauptstamm- oder Karotis-T-Verschluss ohne zeitnahe Rekanalisation)
- Ausgeprägte klinische Symptomatik (hoher NIHSS)
- Jüngeres Patientenalter (weniger Atrophie und damit weniger Kompensationsmöglichkeit eines raumfordernden Ödems)
Symptome
Zunächst besteht ein vollständiges Media-Syndrom (Kontralaterale Hemiparese, Blickwendung zur ipsilateralen Seite, Aphasie bei Beteiligung der dominanten Hemisphäre, Neglect bei Beteiligung der nicht-dominanten Hemisphäre).
Je nachdem, ob andere vaskuläre Territorien betroffen sind, bestehen weitere neurologische Ausfälle. Bei der Entwicklung des malignen Mediainfarkts kommt es durch die zunehmende raumfordernde Wirkung zu einer progredienten Vigilanzminderung sowie weiteren Symptomen eines erhöhten Hirndrucks (Kopfschmerzen, Agitation, schwallartiges Erbrechen).
Schließlich entwickelt sich ein Einklemmungssyndrom mit Koma, pathologischem Atemmuster, weiten und lichstarren Pupillen und Atemlähmung, das zum Tod führt. Die maximale raumfordernde Wirkung und damit auch die maximale Symptomausprägung wird zwischen zwei und fünf Tagen nach dem ischämischen Schlaganfall erreicht.
Diagnostik
- CT: Abschätzung der Infarktgröße im Frühstadium durch Infarktfrühzeichen, im Verlauf dann Nachweis der zunehmenden raumfordernden Wirkung durch Kompression der Hirnventrikel und Mittellinienverlagerung.
- MRT: Früher Nachweis der Infarktgröße in der DWI-Sequenz. Das diffusionsgestörte Areal entspricht dem Infarktkern.
- Sonographie: Möglichkeit zum Monitoring der raumfordernden Wirkung durch Messen der Mittellinienverlagerung (Vorteil: Regelmäßige Bedside-Untersuchungen möglich).
Therapie
Dekompressive Hemikraniektomie
Die dekompressive Hemikraniektomie innerhalb von 48 Stunden nach Symptombeginn bei Patienten < 60 Jahre führt zu einer Verbesserung der Überlebenschance und des funktionellen Outcomes und stellt deshalb die Therapie der Wahl dar. Eine dekompressive Hemikraniektomie zu einem späteren Zeitpunkt kann erwogen werden, ist aber eine Einzelfallentscheidung. Auch bei Patienten > 60 Jahren wird die Hemikraniektomie nicht generell empfohlen, da hier zwar die Überlebenschance verbessert wird, das Risiko für ein Überleben mit einer schweren Behinderung (Bettlägerigkeit) jedoch erhöht ist.
Intensivmedizinische Überwachung und Therapie
Alle Patienten mit einem malignen Mediainfarkt sollten intensivmedizinisch überwacht werden. Zur medikamentösen Hirndrucksenkung können osmotisch wirksame Substanzen wie Mannitol oder hypertone Kochsalzlösung gegeben werden. Ob eine therapeutische Hypothermie zu einer Verbesserung des Outcomes führt, ist derzeit unklar. Eine generelle Anwendung wird nicht empfohlen.
Prognose
Ohne operative Therapie ist die Prognose schlecht, da es durch die raumfordernde Wirkung häufig zu einer unteren Einklemmung und damit zum Tod kommt.
Quellen
- Lin J. and Frontera J.: Decompressive Hemicraniectomy for Large Hemispheric Strokes, Stroke, 2021,
- Ringleb P., Köhrmann M., Jansen O., et al.: Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls, S2e-Leitlinie, 2022 Version 1.1, abgerufen am 13.12.2022