Lungenödem (Radiologie)
Definition
Das Lungenödem ist ein häufiger Befund in der Bildgebung der Lunge.
Einteilung
...nach nach Lokalisation der Flüssigkeit
Beide Formen können gleichzeitig vorkommen.
...nach Ursache
- kardiogenes Lungenödem (Linksherzinsuffizienz)
- neurogenes Lungenödem
- vermehrte Volumenbelastung (TACO)
- ARDS
- Lungenödem durch Opiatintoxikation
- TRALI
- HAPE
- Reexpansionsödem
Röntgen-Thorax
Beim hydrostatischen bzw. kardiogenen Lungenödem fällt im Röntgen-Thorax eine Verbreiterung des Vascular Pedicle auf. Es handelt sich um Marker der zentralvenösen Drucks und des zirkulierenden Blutvolumens. Bei pulmonalvenöser Hypertension durch chronisch erhöhten linksatrialen Druck wird der Durchmesser der oberen Lungengefäße im Vergleich zu den Gefäßen im Unterfeld gleich oder größer. Man spricht deshalb auch von einer Kranialisation.
Interstitielles Lungenödem
Typische Zeichen der interstitiellen Lungenödems sind:
- perihiläre Unschärfe: die Hilusgefäße sind unscharf abgrenzbar
- subpleurales Ödem
- peribronchiales Cuffing
- septale Linien bzw. Kerley-Linien: entstehen durch verdickte Interlobulärsepten
- erhöhte Lungendichte
Alveoläres Lungenödem
Das alveoläre Lungenödem ist gekennzeichnet durch:
- Konsolidierungen: insbesondere rechtspulmonal
- Schmetterlingsödem (< 10 %): bei akut auftretender Herzinsuffizienz
- Asymmetrie: z.B. durch zugrundeliegende Lungenerkrankung oder Lagerung des Patienten. Bei akuter Mitralinsuffizienz bei Papillarmuskelruptur ist insbesondere der rechte Oberlappen betroffen.
Besonderheiten bei einzelnen Ödemursachen
Beim kardiogenen Lungenödem finden sich typische Begleitbefunde wie eine Kardiomegalie sowie Pleuraergüsse, die meist bilateral (rechts > links) und auch in den Lungenfissuren lokalisiert sind.
Bei anderen Ursachen ergeben sich folgende Besonderheiten:
- ARDS: Die akute exsudative Phase (ca. 1 Woche) ist gekennzeichnet durch bilaterale symmetrische heterogene Verschattungen. In der anschließenden proliferativen oder organisierenden Phase (2. Woche) treten retikuläre Verschattungen in den Vordergrund. Ab der 2. Woche kann es zu einer fibrotischen Spätphase kommen. Kardiomegalie und Kerley-Linien fehlen in der Regel. Weiterhin ist meist ein auslösendes Agens bekannt.
- Opiatintoxikation: typischerweise bilaterale diffuse Konsolidierungen, die sich schnell wieder auflösen.
- TRALI: bilaterale interstitielle und/oder alveoläre Verschattungen
- HAPE: zentrales interstitielles Ödem ohne Kerley-Linien; asymmetrische fleckige und noduläre Konsolidierungen, welche den Apex und die basalen Lungenareale aussparen. Unter der Therapie lösen sie sich schnell auf.
- neurogenes Lungenödem: akut auftretene bilaterale, Oberlappen-betonte Verschattungen, die schnell wieder verschwinden. Zurückliegendes Schädel-Hirn-Trauma.
- Reexpansionsödem: bei vorheriger, über 3 Tage anhaltender Atelektase, z.B. nach Drainage eines Pleuraergusses oder eines Pneumothorax. Initial meist progrediente ipsilaterale Verschattungen, im Verlauf auch bilaterale Beteiligung.
CT-Thorax
Beim kardiogenen Lungenödem finden sich auch in der Computertomographie typische Begleitbefunde wie eine Kardiomegalie, Pleuraergüsse sowie eine erhöhte Dichte des mediastinalen Fettgewebes und eine reaktive Lymphadenopathie.
Das interstitielle Lungenödem ist gekennzeichnet durch:
- verdickte Interlobulärsepten: meist glatt, selten nodulär
- subpleurales Ödem: verdickte Interlobien
- peribronchovaskuläre Verdickung
Beim alveolären Lungenödem finden sich:
- diffuse oder fleckige Milchglastrübungen
- zentrilobuläre Milchglasherde
- lobuläre oder azinäre Milchglastrübungen
- diffuse oder fleckige, meist schwerkraft-abhängige Konsolidierungen
- Schmetterlingsödem: zentrale und perihiläre Konsolidierungen
Bei interstitiellem und alveolärem Lungenödem führen die verdickten Interlobulärsepten sowie die Milchglastrübungen zum Bild des Crazy Paving.
Bei anderen Ursachen ergeben sich folgende Besonderheiten:
- ARDS: anfangs bilaterale Milchglastrübungen und Konsolidierungen mit anteroposteriorem Gradienten, Dilatation der Bronchien und Pleuraergüsse. In der Spätphase Milchglastrübungen, grobretikuläre Verdichtungen und Architekturstörungen in nicht-schwerkraft-abhängigen Arealen.
- HAPE: asymmetrische, teils noduläre, perihiläre Milchglastrübungen und Konsolidierungen
- Reexpansionsödem: ipsilaterale Milchglastrübungen
Differenzialdiagnosen
Radiologisch muss ein interstitielles Lungenödem von anderen Ursachen eines retikulären Musters (z.B. Lymphangiosis carcinomatosa) unterschieden werden.
Beim alveolären Lungenödem kommen eine Vielzahl an Differenzialdiagnosen in Frage, z.B.
- Pneumonie: Infektzeichen, fokale oder multifokale Konsolidierungen, ggf. zelluläre Bronchiolitis
- Pneumocystis-Pneumonie: Milchglastrübungen und Lungenzysten bei Immunsupprimierten
- pulmonale Hämorrhagie: Milchglastrübungen, teils mit Crazy Paving, und zentrilobuläre Noduli
- pulmonale Alveolarproteinose: Crazy Paving
Literatur
- Bentz MR, Primack SL. Intensive care unit imaging. Clin Chest Med. 2015
- Gluecker T et al. Clinical and radiologic features of pulmonary edema. Radiographics. 1999