Limax (Rind)
Synonyme: LI, Tylom, Zwischenklauenwarze, Hyperplasia interdigitalis
Englisch: interdigital hyperplasia
Definition
Als Limax bzw. Tylom bezeichnet man eine chronisch-proliferative Erkrankung der Haut und der Unterhaut des Zwischenklauenspalts beim Rind.
Epidemiologie
Die Inzidenz dieser Erkrankung ist relativ niedrig und wird mit 1 bis 6 % angegeben. Mit zunehmendem Alter sowie Körpergewicht nimmt das Erkrankungsrisiko deutlich zu. Adulte Stiere scheinen deutlich anfälliger zu sein als Kühe.
Ein Limax kommt hauptsächlich an den Hinterextremitäten vor und kann sowohl ein- als auch beidseitig auftreten. In Herden mit endemischer Dermatitis digitalis wird - im Zusammenhang mit Dermatitis digitalis-assoziierten Läsionen im Interdigitalspalt - ein gehäuftes Auftreten von Limax beobachtet.
Ätiologie
Aufgrund sich wiederholender Mikrotraumen kommt es in der Haut und im Zwischenklauenspalt zu chronischen Entzündungsprozessen, die zu einer Hyper- und Parakeratose im betroffenen Areal führen. Die Läsionen entstehen durch übermäßige Bewegung (Mangel an Liegeflächen) oder durch andere chronische Irritationen (z.B. Dermatitis digitalis oder Ballenfäule). Durch eine zusätzliche Spreizklauenbildung, die oftmals aufgrund einer erblichen Band- und Bindegewebsschwäche im Zwischenklauenbereich oder unsachgemäßer Klauenpflege besteht, wird die Erkrankung begünstigt.
Bakterien spielen ätiologisch keine bedeutende Rolle. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass - aufgrund der chronischen mechanischen Irritation des Zwischenklauenwulstes - oberflächliche Erosionen entstehen, die sekundär durch ubiquitäre Erreger (z.B. Treponema spp.) infiziert werden können (Sekundärinfektion).
Klinik
Im Anfangsstadium entwickelt sich eine kleine, etwa bohnengroße Verdickung der Haut. Diese wulstförmige Umfangsvermehrung wird stetig größer und erstreckt sich später auf den plantaren bzw. palmaren Bereich des Zwischenklauenspaltes. Die Zubildung kann bis zu drei Daumen groß werden. Mit zunehmender Größe wird die Gewebszubildung bei jedem Schritt zwischen den Hornschuhen gequetscht, wobei sie bei starker Klauenspreizung sogar den Boden berühren kann.
Aufgrund der stetigen mechanischen Irritation und der Quetschung bei jeder Bewegung kommt es zu Schmerzen und Lahmheiten, die abhängig von der Größe und Ausbildung (ein- oder beidseitig) zu einer Lahmheit 3. Grades (nach Sprecher et al.) führen können. Sind beide Gliedmaßenpaare betroffen, zeigen die Tiere einen spießigen Gang und vermehrtes Liegen.
Ein infizierter Limax bzw. ein Limax mit akuter Dermatitis digitalis ist äußerst schmerzhaft. Aufgrund der massiven Entzündungsreaktion kommt es zur Ausbildung einer Phlegmone im Bereich der Zwischenklauenhaut mit konsekutiver Interdigitalnekrose.
Bei Zuchttieren führen schmerzhafte Limaxzubildungen zu einer Deckunlust sowie einer Impotentia coeundi aufgrund von Schmerzen beim Sprung. Durch die systemische Beeinträchtigung sinkt die Samenqualität drastisch ab.
Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnostisch sind verschiedene Erkrankungen der Klauen zu berücksichtigen, z.B.:
- Infektiöse Interdigitalnekrose
- Dermatitis digitalis
- Hypergranulation infolge anderer Verletzungen
Therapie
Sowohl geringgradige als auch mittelgradige Limaxzubildungen können lokal mit einer keratolytischen Paste (z.B. Salizylsäure-Paste) behandelt werden. Diese wird mittels Verband für etwa 5 bis 8 Tage in situ gehalten und bei Bedarf mehrmals aufgetragen.
Hochgradige Limaxzubildungen (die mit einer Lahmheit einhergehen) sowie ein Limax, der durch eine akute Dermatitis-digitalis-Erkrankung verkompliziert ist, müssen chirurgisch unter Lokalanästhesie (IVSTAN oder Infiltrationsanästhesie) exzidiert werden.
Prognose
Quellen
- A. Univ.-Prof. Dr. Johann Kofler. Dipl. ECBHM. Orthopädische Erkrankungen & Orthopädische Operationen bei Wiederkäuern. Neu überarbeitet im Jänner 2015 mit 45 Videos abrufbar mittels QR-Code & URL's zur VETmedhiathek. Klinik für Wiederkäuer, Vetmeduni Wien.
- A. Univ.-Prof. Dr. Johann Kofler. Diagnoseschlüssel zu Klauenerkrankungen für Klauenpfleger & Tierärzte, Johann Kofler. Klinik für Wiederkäuer, Vetmeduni Wien, 14.11.14 (abgerufen am 11.10.2019)