Intramuskuläre Injektion (Veterinärmedizin)
von lateinisch: intra – ein, hinein; musculus - Mäuschen
Synonyme: i.m.-Injektion, intramuskuläre Applikation
Englisch: intramuscular injection
Definition
Als intramuskuläre Injektion bezeichnet man die Gabe eines Arzneimittels oder Impfstoffs in einen Muskel.
Technik
Vor der Injektion muss eine Ansaugprobe durchgeführt werden, um zu kontrollieren, ob ein Gefäß angestochen wurde. Ist das der Fall, muss eine andere Injektionsstelle ausgewählt werden.
Wiederkäuer
- Halsmuskulatur (Rind und kleiner Wiederkäuer)
Etwa im mittleren Halsdrittel kann zur richtigen Positionierung der Injektion mit Kreide ein Trapez auf dem Fell eingezeichnet werden: kranial etwa eine Handbreite hinter dem Atlasflügel, dorsal eine Handbreite unter dem oberen Rand des Nackenbandes, kaudal eine Handbreite vor dem Schulterblatt und ventral eine Handbreite über der Drosselrinne.
Man klopft das Tier nach lokaler Reinigung und Desinfektion mit der Hand kräftig ab, stößt rasch mit der fest zwischen den Fingern gehaltenen Nadel zu und führt sie ca. 5 cm tief ein. Während der Ansaugprobe und dem Injektionsvorgang werden Nadel und Spritze mit der am Hals aufgestützten Hand fixiert. Die applizierte Flüssigkeitsmenge darf bei adulten Tieren nicht mehr als 20 ml und bei Jungtieren nicht mehr als 5 ml betragen.
- Gluteal- und Schenkelmuskulatur
Die Gewebereaktion (besonders nach größeren Injektionsmengen) kann zur Beeinflussung der Qualität der wertvollen Fleischteile führen, also sollten andere Stellen bevorzugt werden. Außerdem besteht eine höhere Infektionsgefahr (insbesondere Anaerobier-Infektionen), weil dieser Bereich meistens stärker mit Kot verschmutzt ist.
Pferd
- Halsmuskulatur (wie beim Rind beschrieben)
Auch hier soll die applizierte Flüssigkeitsmenge bei erwachsenen Tieren nicht mehr als 20 ml und bei Jungtieren nicht mehr als 5 ml betragen.
- Kruppen- und Oberschenkelmuskulatur
Ist mehr oder mehrmals pro Tag zu injizieren, können auch diese Injektionsstellen herangezogen werden. Die Lokalisation in der Kruppenmuskulatur ist der Mittelpunkt zwischen Hüfthöcker und Schweifansatz, wobei in Richtung des kontralateralen Olekranons eingestochen wird.
Neuweltkamele
- Schultermuskulatur
Die Injektionsstelle befindet sich etwa mittig zwischen Buggelenk, Ellbogenhöcker und oberer Kante des Schulterblattes. Zum Auffinden dieser Stelle geht man vom Ellbogenhöcker aus ca. eine Handbreit in kraniodorsale Richtung. Eventuell muss die Wolle gescheitelt werden. Die Nadel wird wie beim Rind beschrieben etwa 1-2 cm tief eingeführt. Die pro Injektionsstelle applizierte Flüssigkeitsmenge darf bei erwachsenen Tieren nicht mehr als 5 ml (Alpaka) bis 10 ml (Lama) und bei Jungtieren nicht mehr als 2-5 ml betragen. Injektionen in die Gluteal- oder die Schenkelmuskulatur sind aufgrund der Reaktion der Tiere (Austreten) ungünstig.
Schwein
- Halsmuskulatur im borstenfreien Feld ein- bis zweifingerbreit kaudal des Ohrgrundes
(wie bei der subkutanen Injektion abhängig von der Größe des Tieres) Der Einstich der Nadel erfolgt senkrecht zur Hautoberfläche. Im Rahmen von Bestandsimpfungen werden Impfpistolen verwendet, die eine Aspiration unmöglich machen, was aus ökonomischen Gründen in Kauf genommen wird.
Hund und Katze
Die intramuskuläre Injektion wird bei Fleischfressern oft durch die subkutane Injektion ersetzt. Bei bestimmten Arzneimitteln oder Impfstoffen ist sie jedoch ausdrücklich vorgeschrieben, weil sonst ein Wirkungsverlust eintritt.
- Kaudalfläche des Oberschenkels
Die Injektion erfolgt etwas lateral der Falte zwischen Musculus semitendinosus und Musculus semimembranosus. Im Prinzip wird wie bei den anderen Tierarten vorgegangen. Insbesondere bei kleinen Tieren und zu tiefem Stich besteht die Möglichkeit einer Verletzung des Nervus fibularis, die zu Lähmungen führen kann. Außerdem können sich an der Injektionsstelle Entzündungen oder Abszesse entwickeln.
Hierzu wird der Muskelbauch mit einer Hand von kranial kommend umfasst und fixiert. Die Injektion erfolgt dann von außen kommend beinahe im 90°-Winkel zur Gliedmaße.
Heimtiere
- Kaninchen und Nagetiere: Musculus quadriceps oder Musculus semitendinosus
Medikamente können intramuskulär im Bereich der Oberschenkel verabreicht werden, da diese Muskeln am kräftigsten ausgebildet sind. Doch sollte bei der Injektion darauf geachtet werden, dass nicht zu nahe bei den Nerven (Nervus fibularis) eingestochen wird. Der Einstich sollte vom Femurknochen weg erfolgen, um das Risiko einer Nervenläsion möglichst gering zu halten. Das Medikamentenvolumen ist bei Kleinsäugern generell stark limitiert.
Vögel
- Musculus pectoralis
Am Übergang vom kranialen zum mittleren Drittel des Brustbeinkamms (Carina sterni) wird paramedian neben dem Kamm in kraniodorsaler Richtung steil (45°) eingestochen. Zwischen dem Musculus supraclavicularis und Musculus pectoralis befindet sich ein Venenplexus. Der Einstich darf nicht zu flach erfolgen, um Sickerflutungen dieses Plexus zu verhindern. Vor Applikation des Medikaments ist zu aspirieren. Zu weit kaudal und lateral durchgeführte Injektionen können in einer Punktion der Leibeshöhle, der Leber oder des Herzens resultieren. Die maximale Applikationsmenge beträgt ca. 4 ml/kg Körpermasse.
- Musculus tibialis lateralis
Injektionsstelle bei juvenilen und kachektischen Vögeln mit schlecht ausgeprägter Brustmuskulatur sowie bei der Impfung von Eintagsküken gegen die Mareksche Krankheit. Applikation in proximodistaler Richtung in der Mitte des Tibiotarsus in den die laterale Kontur des Unterschenkels bildenden Muskel parallel zum Knochen.
Exoten
Da Reptilien und Amphibien ein Nierenpfortadersystem aufweisen, sollten Medikamente möglichst in die Muskulatur der vorderen Körperpartie verabreicht werden.
- Echsen und Amphibien: Oberarmmuskeln
- Schildkröten: Oberarmmuskulatur oder Schultermuskulatur zwischen Kopf und Vordergliedmaße
- Schlangen haben lange, gut ausgebildete Rückenmuskeln, die sich gut für intramuskuläre Injektionen eignen.
Vorteile
Im stark durchbluteten Muskel erfolgt eine rasche Resorption und man kann auch ohne Weiteres Suspensionen applizieren. Die Resorptionsgeschwindigkeit und Verträglichkeit von reizenden Arzneimitteln steht zwischen der intravenösen und der subkutanen Injektion.
Nachteile
Nach größeren Injektionsmengen können Gewebereaktionen entstehen.
Risiken
- Muskelnekrose
- Fettgewebsatrophie
- Muskelfibrose bei wiederholten Injektionen
Die Injektion in die Brustmuskulatur des Pferdes wird vom Gremium der Gesellschaft für Pferdemedizin in Deutschland als die „gefährlichste“ intramuskuläre Injektion angesehen! Werden Keime (v.a. Anaerobier) eingebracht, können tiefe Abszesse, Phlegmonen oder Gasbrand entstehen, sodass die Pferde oft monatelang arbeitsunfähig bleiben.
Quellen
- Walter Baumgartner: Klinische Propädeutik der Haus- und Heimtiere, 9. Auflage, Enke-Verlag
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