Gynäkologischer Untersuchungsgang (Pferd)
Definition
Als gynäkologischer Untersuchungsgang bezeichnet man eine standardisierte Untersuchungsmethode beim Pferd, welche die Grundlage für die gynäkologische Befunderhebung darstellt.
Hintergrund
Die Durchführung der gynäkologischen Untersuchung erfolgt häufig im Rahmen einer Zuchttauglichkeitsuntersuchung vor einer Belegung bzw. Besamung oder im Rahmen einer Trächtigkeitsuntersuchung.
Voruntersuchungen
Vor der gynäkologischen Untersuchung sollten das Nationale und die Anamnese erhoben und der allgemeine klinische Untersuchungsgang durchgeführt werden.
Nationale
Die Erhebung des Nationales dient der sicheren Kennzeichnung des Patienten. Es besteht aus:
- Rasse
- Farbe
- Geschlecht
- Abzeichen
- Alter
- Größe und Gewicht
- Verwendungszweck
- Name
Anamnese
Zusätzlich zur allgemeinen Anamnese müssen spezielle gynäkologische Fragen gestellt werden, unter anderem:
- Zahl der Trächtigkeiten
- letzte Trächtigkeit: Zeitpunkt und Verlauf
- Puerperium: Verlauf und etwaige Besonderheiten
- Rosse: Dauer und Intensität
- bisherige Belegungen
Allgemeiner klinischer Untersuchungsgang
Vor dem Beginn der eigentlichen gynäkologischen Untersuchung sollte man zumindest einen abgekürzten allgemeinen klinischen Untersuchungsgang durchgeführen. Das ist notwendig, um einen Überblick über den gesamten körperlichen Zustand des Pferdes zu erhalten. Besonders wichtig sind unter anderem die Erhebung von:
- Ernährungszustand
- Allgemeinverhalten
- Puls
- Atmung
- innere Körpertemperatur
- Untersuchung der Schleimhäute
- Hautelastizität
- Auskultation von Herz und Lunge
Gynäkologischer Untersuchungsgang
Adspektion des äußeren Genitals
Bei der Adspektion des äußeren Genitals werden die Vulva und das Euter beurteilt:
- Vulva: Lage und Schluss, Ödematisierung, Schwellung, Sekret, Verletzungen, Narben
- Euter: Euteranbildung, Milchabgang, Größe der Zitzen
Vaginale Inspektion
Die vaginale Inspektion erfolgt entweder mit einem Röhrenspekulum (zur Adspektion der Zervix) oder mit einem Spreizspekulum (zur Adspektion der gesamten Scheide). Vor der Durchführung muss die Vulva sorgfältig mit Zellstoff trocken gereinigt werden. Man beurteilt den Scheidenvorhof und die Scheide inkl. Zervix.
- Scheidenvorhof: Farbe und Feuchtigkeit der Schleimhaut, Sekret, etwaige pathologische Befunde
- Scheide: Farbe und Feuchtigkeit der Schleimhaut, Sekret, Mündung der Urethra, etwaige pathologische Befunde
- Zervix: Form und Öffnungsgrad
Rektale Palpation
Die rektale Palpation wird mit einem langen Einweghandschuh und Gleitmittel durchgeführt. Zuerst muss die Bifurkation des Uterus aufgesucht werden, danach beginnt man mit der Beurteilung des Uterus, der Ovarien und der Adnexe (Bänder, Eileiter).
- Uterus: Größe, Symmetrie, Kontraktilität, Konsistenz, Inhalt
- Ovarien: Größe, Lage, Konsistenz, Funktionskörper (Follikel, Gelbkörper), pathologische Veränderungen
- Adnexe: Lage, Umfangsvermehrungen, etwaige palpatorische Erfassbarkeit des Eileiters
Transrektale/transabdominale Sonographie
In den meisten Fällen wird eine transrektale Sonographie durchgeführt. Eine transabdominale Sonographie ist beim Pferd theoretisch in der Endgravidität möglich.
Die Durchführung der transrektalen Sonographie erfolgt am besten mit einem Linearschallkopf. Der mit Gleitgel belegte Schallkopf wird in das Rektum eingeführt, wobei der Schallkopf stets unter Handschutz gehalten werden muss, da sonst die Gefahr der Perforation des Rektums besteht. Man beurteilt den Uterus und die Ovarien:
- Uterus: Größe, Wandbeschaffenheit des Endometriums (z.B. Ödematisierung in der Rosse) und Inhalt (z.B. Flüssigkeitsansammlungen oder Trächtigkeit)
- Ovarien: Größe, Beschaffenheit, Follikel, Gelbkörper, pathologische Befunde
Weiterführende Untersuchungen
Nach der Durchführung der gynäkologischen Untersuchung können je nach Befund weiterführende Maßnahmen, wie z.B. eine Tupferprobe oder eine Uterusbiopsie, angeordnet werden.
Literatur
- Baumgartner, Walter. Klinische Propädeutik der Haus- und Heimtiere. 8., aktualisierte Auflage. Enke-Verlag, 2014.