Goldenhar-Syndrom
nach Maurice Goldenhar (1924-2001), Ophthalmologe
Synonyme: Goldenhar-Symptomenkomplex, okulo-aurikulo-vertebrale Dysplasie, komplexe hemifaziale Mikrosomie, Goldenhar-Gorlin-Syndrom, Okulo-aurikuläres Syndrom
Englisch: Goldenhars syndrome, oculo-auriculo-vertebral dysplasia, (complex) hemifacial dysplasia, First and Second Branchial Arch syndrome, facio-auricular vertebral spectrum
Definition
Das Goldenhar-Syndrom ist ein angeborenes Fehlbildungssyndrom, das zu Missbildungen im Gesicht führt, die zumeist einseitig auftreten.
Ätiologie und Pathogenese
Die genaue Entstehung des Goldenhar-Syndroms ist nicht vollständig geklärt. Es handelt sich wahrscheinlich um eine intrauterine Unterbrechung der Blutversorgung. Aufgrund dieses vaskulären Vorfalls kommt es zur Thrombus-Bildung in den Geweben, die sich später zu Ohren und Kiefer entwickeln. Es entstehen hierdurch Entwicklungsstörungen im Bereich des ersten und zweiten Kiemenbogens und der ersten Schlundtasche. Die Schwere der Symptome ist abhängig vom Zeitpunkt und dem Ausmaß der Schädigung.
Das Goldenhar-Syndrom ist nicht genetisch bedingt, somit treten die meisten Fälle sporadisch auf. Das Risiko eines Patienten mit Goldenhar-Syndrom, dieses an seine Nachkommen weiterzuvererben, ist sehr gering. Verschiedene Umweltfaktoren werden als Ursache diskutiert.
Die Inzidenz des Goldenhar-Syndroms ist 1:3.000-5.000 Neugeborene.
Klinik
Die Symptome beim Goldenhar-Syndrom können einseitig (unilateral) oder beidseitig (bilateral) auftreten. Die Ausprägung und Schwere der Symptome sind variabel. Typische Symptome sind:
- Unterentwicklung des Unterkiefers: Hypoplasie oder Aplasie der Mandibula
- unterentwickelter, zu flacher Oberkiefer: Hypoplasie der Maxilla
- seitliche Abweichung des Kinns zur betroffenen Gesichtshälfte
- unterentwickelte Ausbildung der Wange
- asymmetrische Mundwinkel
- zu kleine, unterentwickelte Ohren: Mikrotie
- zu enge Lidspalte
- Fehlen des Auges: Anophthalmie
- Hypoplasie der Halswirbel
- epibulbäres Dermoid: gutartiger Tumor im Bereich des Auges, der Sehstörungen verursachen kann
- Herzfehler
- Nierenschaden
All diese Symptome können, müssen aber nicht auftreten.
Bedingt durch das Wachstum des betroffenen Kindes kann das Goldenhar-Syndrom Probleme verursachen; beispielsweise kann es die Kieferfehlbildungen zu Schwierigkeiten beim Atmen kommen.
Weitere häufige Probleme sind:
- Hörschäden und Taubheit
- Sprachschwierigkeiten
- Schluckbeschwerden
- Probleme der Mimik
- Zahn-Probleme
- Asymmetrie der Zunge mit Sprachstörungen
- Verwachsungen der Halswirbelsäule (Ankylosen)
- Gedeihstörung
- Lernschwierigkeiten in einigen Fällen
- Allergieneigung
Weiterhin benötigen viele Patienten eine chirurgische und Kieferorthopäde Behandlung der Zahnfehlstellungen. Hierfür sollten Spezialisten herangezogen werden.
Therapie
Ab dem Alter von 3 Jahren führt die Kieferfehlbildung oft zur Einengung der Atemwege und sollte daher operativ behandelt werden: Der Kiefer wird rekonstruiert, z.B. aus einer Rippe oder mit Hilfe einer Apparatur zur Streckung des Knochens. Wenn notwendig kann eine Rekonstruktion des Ohrs vorgenommen werden.
Eine möglicherweise bestehende Taubheit sollte baldmöglichst erkannt werden, um eine rechtzeitige Sprachtherapie zu ermöglichen.
Zudem können assoziierte Fehlbildungen wie beispielsweise Herzfehler eine Behandlung erforderlich machen.
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