Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Syndrom
Synonyme: GSS-Syndrom, Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Krankheit
Englisch: Gerstman-Sträussler-Scheinker syndrome, Gerstmann Sträussler Scheinker's Disease
Definition
Das Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Syndrom, kurz GSSS oder GSS, ist eine seltene Form der übertragbaren spongiformen Enzephalopathie (TSE) mit Ausbildung von Prionen, vornehmlich im Kleinhirn.
Klassifikation
Zusammen mit der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung (CJK) und der letalen familiären Insomnie (FFI) wird das Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Syndrom zu den humanen Prionenerkrankungen gezählt.
Epidemiologie
Das Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Syndrom tritt weltweit auf und betrifft vor allem Menschen zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr. Frauen und Männer sind etwa gleich häufig betroffen.
Genetik
Die Krankheit wird autosomal-dominant vererbt und zeigt eine nahezu hundert-prozentige Penetranz. Ursächlich sind multiple Punktmutationen (typischerweise P102L, P105L, P105T, A117V, Q145X, F198S und Q217R) als auch Insertionsmutationen im Bereich der Oktapeptidwiederholungsstelle im Prion-Protein-Gen (PRNP-Gen) auf Chromosom 20. Je nach Lokalisation der Mutation variiert das klinische Bild.
Pathogenese
Prionen sind fehlerhaft ausgebildete Proteine. Es kommt zu einer Konformationsänderung des physiologischen Proteins PrPC (Alpha-Helix-Struktur) zur pathologischen Form PrPSc (Beta-Faltblatt-Struktur). Die Änderung der Tertiärstruktur bedingt eine Kettenreaktion, die dazu führt, dass es zu einer Akkumulation und Aggregation des fehlgefalteten Proteins in Form von spongiformen Fibrillen und Amyloid-Plaques kommt. Diese bilden sich beim Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Syndrom überwiegend multizentrisch im Bereich des Cerebellums (spinozerebellär, kortikospinal, Hinterstränge) aus.
Die Aggregation der Prionen führt weiterhin zum Untergang von Nervenzellen und ist ursächlich für die Entstehung von "schwammartigem" bzw. löchrigem Hirngewebe.
Klinik
Initial imponieren zunächst meist zerebelläre Symptome, wie Stand- und Gangataxie. Später können darüber hinaus eine Extremitätenataxie, Okulomotorikstörungen, Dysarthrie, Bradykinese, Pyramidenbahnzeichen und ein Vorderhornzellbefall hinzukommen. Ein progressiver demenzieller Abbau zeigt sich meist erst spät. Darüber hinaus treten selten Myoklonien, epileptische Anfälle sowie Erblindung und Ertaubung auf.
Diagnose
Primär kann das Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Syndrom mittels eines Gentests auf Mutationen im PRNP-Gen differentialdiagnostisch erkannt werden.
Die Verdachtsdiagnose wird hinsichtlich einer positiven Familienanamnese gestellt und kann zusätzlich durch verschiedene Verfahren unterstützt werden. Die CT dient der Darstellung von Proteinablagerungen im Gehirn, während die MRT im Spätstadium zur Darstellung von Strukturveränderungen genutzt wird. Zudem können abweichende Hirnströme durch die Elektroenzephalographie (EEG) erfasst werden. Mithilfe einer Liquorpunktion können charakteristische pathologische Proteine untersucht werden.
Therapie
Aufgrund einer fehlenden ursächlichen Therapie ist das Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Syndrom nicht heilbar. Eine symptomatische Behandlung dient der Linderung von Beschwerden und der Verlangsamung des progressiven Verlaufs.
Zur Erhaltung der Lebensqualität ist eine adäquate Betreuung der zunehmend pflegebedürftigen Patienten notwendig.
Prognose
Im Rahmen des chronisch-progressiven Verlaufs der Erkrankung liegt die durchschnittliche Überlebensrate nach Diagnosestellung bei ca. 5 Jahren.
Literatur
- A Hufschmidt, CH Lücking, S Rauer. Neurologie compact. Für Klinik und Praxis. 8. Auflage, Thieme (2020)