Führungskatheter
Englisch: guiding catheter
Definition
Ein Führungskatheter ist ein flexibler, formstabiler Katheter, der in der interventionellen Medizin verwendet wird, um den Zugang zu Gefäßen oder Hohlorganen zu ermöglichen und andere Instrumente – etwa Mikrokatheter, Führungsdrähte oder Ballonkatheter – sicher an den Zielort zu führen. Er dient zudem als Arbeitskanal für Kontrastmittel, Medikamente oder zur Aspiration.
Aufbau
Führungskatheter besitzen einen mehrschichtigen Aufbau mit einem formstabilen Innenlumen aus Polyamid, PTFE oder Polyurethan, einer metallischen oder polymeren Geflechtverstärkung (z.B. Stainless Steel, Nitinol) sowie einer flexiblen Außenbeschichtung zur Verbesserung der Gleitfähigkeit.
Am proximalen Ende befindet sich ein Luer- oder Tuohy-Borst-Adapter; distal sind Katheterspitzen in unterschiedlichen Formen (z.B. JR, JL, MP, Headhunter, Simmons) erhältlich, um anatomische Varianten verschiedener Gefäßabgänge zu erreichen. Der Innendurchmesser liegt – je nach Einsatzgebiet – typischerweise zwischen 5 F und 8 F (1 F = 0,33 mm).
Funktionsprinzip
Der Führungskatheter wird über eine Punktionsstelle (meist femoral, radial oder jugulär) in das Gefäßsystem eingeführt und dient als stabile Plattform für weitere Instrumente. Über ihn werden Kontrastmittel injiziert, Drähte oder Mikrokatheter eingebracht und Interventionen wie Stentimplantationen oder Thrombektomien durchgeführt.
Er gewährleistet eine Kombination aus Stützfunktion (Support) und Lenkbarkeit, wobei Steifigkeit und Form an das Zielgefäß angepasst werden.
Anwendungsgebiete
- Kardiologie: Koronarangiographie, PCI, Thrombektomie, Ablationsverfahren
- Neuroradiologie: Endovaskuläre Rekanalisation bei ischämischem Schlaganfall, Aneurysmaversorgung, Embolisation
- Angiologie/Radiologie: Interventionen an peripheren oder viszeralen Arterien
- Elektrophysiologie: Einführung von Ablations- oder Mapping-Kathetern
Anwendung
Nach perkutaner Gefäßpunktion wird zunächst eine Schleuse ("introducer sheath") platziert. Über einen Führungsdraht wird der Führungskatheter bis zur gewünschten Gefäßregion vorgeschoben und unter Bildgebung (Fluoroskopie oder Angiographie) positioniert.
Er verbleibt während der Intervention als stabiler Zugang und kann mehrfach für den Wechsel von Drähten oder Kathetern genutzt werden. Spezielle neurovaskuläre Systeme (z. B. mit "distal-access"- oder "balloon-guide"-Funktion) ermöglichen eine verbesserte Stabilität und eine Reduktion des Embolisationsrisikos.
Komplikationen
Mögliche Komplikationen umfassen Gefäßdissektionen, Vasospasmen, Perforationen, Thrombenbildung, Embolien oder Hämatome an der Punktionsstelle. Bei unzureichender Spülung kann es zu einem Katheterverschluss durch Koagelbildung kommen.
Beispiele
- Neurointervention: Neuron™ MAX (Penumbra), FlowGate™ (Stryker), React™ 71 (Medtronic)
- Kardiologie: Launcher™ (Medtronic), XB Guiding Catheter (Cordis), EBU Guiding Catheter (Boston Scientific)
- Peripher / allgemeinradiologisch: Destination™ (Terumo), Bright Tip™ (Cordis)
Literatur
- Turc G, Bhogal P, Fischer U et al. European Stroke Organisation (ESO) – European Society for Minimally Invasive Neurological Therapy (ESMINT) Guidelines on Mechanical Thrombectomy in Acute Ischemic Stroke. J Neurointerv Surg. 2023; 15(8): e8. doi: 10.1136/neurintsurg-2018-014569
- Medtronic: Launcher™ Guiding Catheter – Product Information. Medtronic Website