Atemwegssicherung
Synonyme: Atemwegsmanagement, Airway-Management
Englisch: airway management
Definition
Bedeutung
In der Notfallmedizin ist die Sicherung der Atemwege neben der Aufrechterhaltung eines stabilen Kreislaufes eine zentrale Aufgabe. Die Atemwegssicherung hat das Ziel, eine Hypoxie vorzubeugen, eine Aspiration von Mageninhalt zu verhindern und eine kontrollierte Beatmung zu ermöglichen.
Indikationen
- Drohende Asphyxie (z.B. durch Obstruktion)
- Atemstillstand
- Bewusstlosigkeit
- Narkose
- Verletzungen des Kopfes und der oberen Atemwege
Freimachen der Atemwege
Freimachen der Atemwege ohne Hilfsmittel
Das Freimachen der Atemwege ist bei einer Verlegung der Atemwege notwendig. Das Freimachen der Atemwege ohne Hilfsmittel beschränkt sich auf die Entfernung von Atemhindernissen außerhalb des Körpers (Integralhelm) sowie das digitale Ausräumen von Mund und Rachen und die Reklination des Kopfes.
Entfernung eines Integralhelmes
Die Entfernung eines Integralhelmes ist meist bei schwer verletzten, ateminsuffizienten Motorradfahrern notwendig, da der Helm die Atemwegssicherung behindert und der Helm selber die Atmung des Patienten stören kann. Um die Gefahr einer Halswirbelsäulenschädigung zu minimieren, ist die Helmabnahme grundsätzlich durch zwei Personen durchzuführen. Dabei ist ein Helfer für die Stabilisierung des Halsbereiches zuständig, während der andere den Helm langsam und vorsichtig entfernt.
Digitales Ausräumen des Mund- und Rachenbereiches
Das digitale Ausräumen des Mund- und Rachenbereiches ist eine Standardmaßnahme zum Freihalten der Atemwege. Dabei wird die Mundhöhle geöffnet, der Kopf zur Seite gedreht und der Mund-Rachenraum unter Sicht mit zwei Fingern ausgeräumt. Bei Trägern von Zahnprothesen sollten lockere Prothesen entfernt werden. Fest sitzender Zahnersatz kann im Mund belassen werden. Zum persönlichen Schutz sollte der Helfer Einmalhandschuhe tragen. Ist der Patient nicht tief [[koma]tös, kann das Ausräumen ein reflektorisches Zubeißen triggern. Blinde Manipulationen sind zu unterlassen, da sie eine Verschiebung von Fremdkörpern in die Tiefe bewirken können.
Überstreckung des Kopfes
Durch die Überstreckung des Kopfes bei gleichzeitigem Anheben des Unterkiefers (HTCL-Manöver) werden die Atemwege durch ein Hebung der Zunge und des weichen Gaumens von der Rachenwand geöffnet. Eine absolute Kontraindikation für dieses Verfahren ist eine nicht auszuschließende Halswirbelsäulenverletzung. In diesem Fall wird der Esmarch-Handgriff empfohlen, bei dem das Kinn nach vorne geschoben wird.
Diese Techniken sind primär für die Feststellung eines grundsätzliches Atemantriebes und der Präoxygenierung zur Intubation zu nutzen, nicht für ein dauerhaftes Freihalten der Atemwege. Für eine dauerhafte Überstreckung des Kopfes bei vorhandenen, suffizienten Atemantrieb ist die stabile Seitenlage zu nutzen.
Freimachen der Atemwege mit Nutzung von Hilfsmitteln
Das Freimachen der Atemwege mit Hilfsmitteln findet Anwendung bei tief sitzenden Fremdkörpern und bei Flüssigkeiten im Mund- und Rachenraum.
Magill-Zange
Mithilfe der Magill-Zange ist es möglich tiefer liegende Fremdkörper zu greifen und zu entfernen. Für den Fall, dass der Fremdkörper bei normaler Mundöffnung nicht sichtbar ist, kann man den Fremdkörper mithilfe eines Laryngoskopes lokalisieren.
Vakuumpumpe
Mithilfe einer Absaugpumpe ist es möglich Erbrochenes, Blut, flüssige Speisereste und andere Flüssigkeiten zu entfernen. Für die Absaugung sollte ein großlumiger Absaugkatheter verwendet werden.
Freihalten der Atemwege
Hilfsmittelfrei
Stabile Seitenlage
Bei der stabilen Seitenlage wird der spontanatmende Patient auf eine Seite gedreht. Der Vorteil an dieser Lagerungsart ist, dass die Atemwege ohne weiteres Zutun offen bleiben und das Erbrochenes aus dem Mund-Rachen-Raum abfließen kann. Allerdings ist künstliche Beatmung nicht möglich. Bei einer anzunehmenden Wirbelsäulenverletzung sollte auf die stabile Seitenlage verzichtet werden.
Nutzung von Hilfsmitteln
Pharyngealtuben
Mithilfe von Pharyngealtuben ist es möglich, die oberen Atemwege freizuhalten und ein Zurückfallen der Zunge zu verhindern. Dabei teilt man auf in Orophrayngealtuben (z.B. Guedel-Tubus), die durch den Mund eingeführt werden, und Nasopharyngealtuben (z.B. Wendl-Tubus), die durch die Nase eingeführt werden.
Pharyngealtuben verbessern die Effektivität einer Maskenbeatmung, bieten aber keinen sicheren Schutz vor Aspiration. Des weiteren kann die Reizung durch den Tubus (besonders Oropharyngealtubus) einen Brechreiz auslösen. Aus diesem Grund sollte der Pharyngealtubus zeitnah durch einen Endotrachealtubus, Combitubus oder eine Larynxmaske ersetzt werden.
Endotrachealtubus
Die endotracheale Intubation ist allen anderen Luftbrücken überlegen und gilt als Goldstandard der Atemwegssicherung. Sie ermöglicht einen vollständigen Aspirationsschutz und ermöglicht eine Überdruckbeatmung ohne Überblähung des Magens. Allerdings muss der Einsatz der Intubation gut überlegt sein und von erfahrenem Personal durchgeführt werden, da die Komplikationen bei misslungener Intubation lebensbedrohlich sein können.
Combitubus
Der Combitubus bietet eine Alternative zur endotrachealen Intubation. Er kann blind geschoben werden und hat seinen Sitz im Oesophagus oder Trachea. Die zwei möglichen Lagen werden durch zwei getrennte Luftwege realisiert. Wenn der Tubus im Oesophagus liegt, kann über ein distales Lumen Mageninhalt abgesaugt werden und über ein proximales der Patient beatmet werden. Wenn der Tubus in der Trachea liegt, wird über den distalen Tubus beatmet und der proximale bleibt funktionslos.
Der Combitubus ermöglicht keinen kompletten Aspirationsschutz und ist nicht einsetzbar, wenn die Luftwege verlegt sind. Allerdings ist er durch seine einfache Anlage eine gute Alternative in schwierigen Situationen oder bei in der endotrachealen Intubation ungeübtem Personal.
Larynxmaske
Die Larynxmaske ist eine weitere Alternative zur endotrachealen Intubation. Der innen liegende Maskenanteil umschließt den Eingang des Larynx und ermöglicht damit eine Beatmung.
Sie ermöglicht wie der Combitubus keinen kompletten Aspirationsschutz und ist nicht einsetzbar, wenn die Luftwege verlegt sind. Vorteile sind auch hier die relativ einfache Anlage in schwierigen Situationen und das bessere Handling durch Personal, das die endotracheale Intubation nicht ausreichend beherrscht.
Konitomie
Die Koniotomie ist die Ultima Ratio der Atemwegssicherung, wenn alle anderen Versuche scheitern oder die oberen Atemwege vollständig verlegt sind. Dabei wird ein Zugang zwischen Ring- und Schildknorpel geschaffen, indem das dazwischen liegende Ligamentum cricothyroideum durchtrennt wird.
um diese Funktion zu nutzen.