Clindamycin
Handelsnamen: Basocin®, Dalacin®, Sobelin® u.a.
Definition
Clindamycin ist ein Antibiotikum aus der Gruppe der Lincosamide. Es ist das halbsynthetische Derivat des Lincomycins.
Hintergrund
Clindamycin wird insbesondere in der Zahnheilkunde, Kieferchirurgie, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und in der Dermatologie genutzt, da der Wirkstoff effektiver als bei anderen Antibiotika in schlecht durchblutete Weichteile eindringt. Clindamycin gilt inzwischen als Reserveantibiotikum, das nur eingesetzt werden sollte, wenn Alternativen nicht zur Verfügung stehen.[1]
Wirkmechanismus
Clindamycin blockiert die Proteinbiosynthese von Bakterien durch Bindung an die 50S-Untereinheit der Ribosomen. Dadurch wird das Enzym Peptidyltransferase blockiert. Clindamycin hat einen bakteriostatischen Wirkmechanismus.
Wirkspektrum
Clindamycin ist gut wirksam gegen:
- Grampositive Kokken: Clindamycin wirkt gegen Staphylokokken, jedoch auch gegen Streptokokken wie beispielsweise Streptococcus pyogenes und Streptococcus pneumoniae.
- Anaerobier: Die Wirksamkeit gegen Anaerobier erfasst Arten von Fusobacterium, Actinomyces, Bacteroides, Peptostreptococcus und Peptococcus. Gegen Propionibakterien (z.B. Cutibacterium acnes) ist Clindamycin ebenfalls wirksam.
- Corynebacterium diphteriae
- bestimmte Parasiten (z.B. Plasmodien, Toxoplasmen, Babesien)
Clindamycin ist nicht oder wenig wirksam gegen:
- aerobe gramnegative Stäbchen
- Haemophilus-Arten
- Enterokokken
- Neisserien
- Mykoplasmen
- Clostridioides difficile und Clostridium-Arten
Die Bildung sekundärer Antibiotikaresistenzen gegenüber Clindamycin durch Veränderung der Zielstrukturen am Ribosom und/oder enzymatische Inaktivierung ist möglich.
Pharmakokinetik
Die Plasmahalbwertszeit beträgt ca. 3 Stunden. Nach oraler Gabe wird Clindamycin fast vollständig resorbiert. Nahrungsaufnahme beeinflusst die Resorption nicht wesentlich. Clindamycin zeichnet sich durch gute Gewebegängigkeit und Anreicherung im Knochen aus. In der Leber wird Clindamycin intensiv metabolisiert. Lediglich ein Drittel der Dosis wird in unveränderter Form renal ausgeschieden.
Indikationen
Indiziert ist Clindamycin bei durch empfindliche Erreger hervorgerufenen
- Infektionen von Knochen und Gelenken
- Infektionen des Zahn- und Kieferbereichs
- Infektionen des HNO-Bereichs
- Infektionen der weiblichen Geschlechtsorgane
- Infektionen des Becken- und Bauchraumes
- Haut- und Weichteilinfektionen (z.B. Akne, Furunkulose und Wundabszesse)
Clindamycin ist aufgrund der Möglichkeit schwerer Nebenwirkungen als Reserveantibiotikum einzustufen. Es ist bei den oben aufgeführten Indikationen nicht mehr (Stand 2023) Mittel der ersten Wahl.[1]
Clindamycin wird als Ausweichpräparat bei der Behandlung von schweren Infektionen mit Staphylokokken bei vorliegender Penicillinallergie des Patienten oder bei Resistenz des Erregers gegen Dicloxacillin verwendet. Eine weitere Indikation stellen Infektionen mit Anaerobiern dar. Auch zur Behandlung der Akne vulgaris und zur Behandlung einer Babesiose kann das Clindamycin eingesetzt werden.
Darreichungsformen
Clindamycin kann je nach Indikation per os als Kapsel oder Tablette, parenteral als Infusionslösung oder lokal als Salbe oder Gel angewendet werden.
Nebenwirkungen
Die häufigsten Nebenwirkungen von Clindamycin sind Übelkeit, Diarrhö und Erbrechen. Weitere, potentiell lebensgefährliche Nebenwirkungen sind die pseudomembranöse Enterokolitis und die Agranulozytose.[2] Bei Hinweisen auf eine lebensgefährliche Reaktion ist die Therapie sofort abzubrechen und ein Arzt hinzuzuziehen. Selten sind Leberschäden mit Anstieg der Transaminasen, Allergien und Leukozytopenie zu beobachten.
Wechselwirkungen
Die gemeinsame Anwendung von Clindamycin und Erythromycin sollte vermieden werden, da ein signifikanter antagonistischer Effekt möglich ist. Darüber hinaus besteht eine Kreuzresistenz der Erreger gegenüber Clindamycin und Lincomycin. Clindamycin kann die Wirkung von neuromuskulär-blockierenden Substanzen verstärken. Durch die kombinierte Anwendung mit Vitamin-K-Antagonisten kann es zu erhöhten Blutgerinnungswerten oder Blutungen kommen. Die Blutwerte der Patienten sollten daher bei gemeinsamer Anwendung engmaschig kontrolliert werden. Die Sicherheit von oralen Kontrazeptiva während der Anwendung von Clindamycin ist nicht sicher. Daher sollten zusätzliche empfängnisverhütende Maßnahmen angewendet werden.[3]
Kontraindikationen
Eine absolute Kontraindikation besteht bei Überempfindlichkeit gegen Lincosamid-Antibiotika. Relative Kontraindikationen sind das Vorliegen einer
- eingeschränkten Leberfunktion
- Störung der neuromuskulären Übertragung (z.B. Myasthenia gravis)
- Magen-Darm-Erkrankung in der Anamnese des Patienten
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 National Library of Medicine. Clindamycin. (Abgerufen am 16.05.2023)
- ↑ Packungsbeilage Clindamycin der 1A Pharma (Abgerufen 16.05.2023)
- ↑ Gelbe Liste - Clindamycin, abgerufen am 18.01.2023