Zusatzweiterbildung Sexualmedizin
Definition
Die Zusatzweiterbildung Sexualmedizin erweitert die ärztliche Facharztkompetenz um Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten in der Diagnostik, Therapie und Prävention sexueller Funktionsstörungen. Ferner befasst sie sich mit Störungen der sexuellen Entwicklung und Orientierung sowie sexualmedizinisch relevanten Erkrankungen.
Hintergrund
Sexualität ist ein integraler Bestandteil der menschlichen Gesundheit und Lebensqualität. Störungen des sexuellen Erlebens oder der Sexualfunktion können organische, psychische oder soziale Ursachen haben.
Die Sexualmedizin ist ein interdisziplinäres Fachgebiet an der Schnittstelle von Medizin, Psychiatrie, Psychosomatik, Endokrinologie, Urologie, Gynäkologie und Psychotherapie. Die ärztliche Zusatzqualifikation soll sicherstellen, dass Betroffene fachkundig behandelt werden. Die Zusatzweiterbildung vermittelt dafür sowohl medizinische als auch psychotherapeutische Kompetenzen und fördert eine ganzheitliche Sichtweise auf Sexualität. Diese Expertise gewinnt zunehmend an Bedeutung, da sexuelle Funktionsstörungen häufig unerkannt bleiben oder schambesetzt sind.
Weiterbildung
Die Zusatzweiterbildung Sexualmedizin ist in der (Muster-)Weiterbildungsordnung (MWBO) der Bundesärztekammer von 2020 verankert. Ziel der Weiterbildung ist die Befähigung zur fachgerechten sexualmedizinischen Beratung, Behandlung und Begutachtung unter Einbeziehung organischer, psychischer und sozialer Aspekte der Sexualität.
Ablauf
Voraussetzung für den Erwerb der Zusatzbezeichnung ist die Facharztanerkennung in einem Gebiet der unmittelbaren Patientenversorgung.
Zusätzlich erforderlich sind:
- 80 Stunden Kurs-Weiterbildung in Psychosomatische Grundversorgung oder Zusatzweiterbildung Psychotherapie oder Psychoanalyse
- 120 Stunden Kurs-Weiterbildung in Sexualmedizin
- 120 Stunden strukturierte Fallseminare unter Anleitung einer befugten Person
- Die Fallseminare können durch 6 Monate Weiterbildung an einer anerkannten Weiterbildungsstätte ersetzt werden.
Inhalte
Im Rahmen der Zusatzweiterbildung werden vertiefte Kenntnisse und praktische Fertigkeiten in folgenden Bereichen vermittelt:
- Grundlagen der menschlichen Sexualität, Sexualphysiologie und Sexualentwicklung
- Diagnostik und Therapie sexueller Funktionsstörungen (z.B. erektile Dysfunktion, Libidostörungen, Orgasmusstörungen, Vaginismus, Dyspareunie)
- Sexualität und Geschlecht: biologische und psychosoziale Determinanten
- Umgang mit Geschlechtsinkongruenz, sexueller Orientierung und Identität
- Sexualität im Alter, bei chronischer Krankheit oder Behinderung
- Psychosomatische und psychodynamische Aspekte der Sexualität
- Sexualstörungen infolge psychischer Erkrankungen (z.B. Depression, Angststörung, Psychose) oder Medikation
- Beratung und Therapie bei Paar- und Beziehungsproblemen
- Sexualmedizinische Prävention, Aufklärung und Gesundheitsförderung
- Sexualität in verschiedenen Lebensphasen (Kindheit, Jugend, Erwachsenenalter)
- Forensische und ethische Aspekte der Sexualmedizin (z.B. Begutachtungen, Einwilligungsfähigkeit, Grenzverletzungen)
- Kommunikation in der sexualmedizinischen Anamnese und Therapie
- Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Psychotherapeuten, Psychiatern, Gynäkologen, Urologen und Endokrinologen
Literatur
- Bundesärztekammer: (Muster-)Kursbuch Sexualmedizin, abgerufen am 31. Oktober 2025
- Sexualmedizinische Weiterbildung – Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung, abgerufen am 31. Oktober 2025
- Beier et al., Sexualmedizin: Grundlagen und Klinik sexueller Gesundheit, 3. Aufl., Urban & Fischer/Elsevier, 2021