Vergewaltigung
Synonym: Notzucht
Definition
Eine Vergewaltigung ist eine Nötigung zu sexuellen Handlungen ohne die Einwilligung des Opfers. Sie ist definiert als besonders schwerer Fall des sexuellen Übergriffes durch den Vollzug des Beischlafs oder qualifizierter sexueller Handlungen, insbesondere wenn diese mit einem Eindringen in den Körper (vaginal, anal, oral) einhergehen. Eine Vergewaltigung ist rechtlich gesehen eine Straftat, die sich gegen die sexuelle Selbstbestimmung des Opfers richtet.
Hintergrund
In besonders schweren Fällen ist eine Vergewaltigung mit dem Ausüben oder Androhen von körperlicher oder psychischer Gewalt sowie mit dem dem Ausnutzen einer schutzlosen Lage verbunden. Die bloße Berührung des Genitals des Opfers durch das Genital des Täters gilt als versuchte Vergewaltigung. Kommt es dabei zum Eindringen des männlichen Genitals in den Scheidenvorhof, gilt das als vollendeter Beischlaf.
Medizinische Betreuung des Opfers
Für eine zukünftige oder bereits erhobene Anzeige einer Vergewaltigung ist die medizinische Untersuchung und Beweissicherung beim Opfer sowie beim möglichen Täter entscheidend. Die ärztliche Betreuung ist jedoch nicht an eine polizeiliche Anzeige gebunden und solange keine Entbindung der ärztlichen Schweigepflicht vorliegt, dürfen keine Informationen weitergegeben werden.
Eine gynäkologische oder urologische Untersuchung findet in der Regel in Krankenhausambulanzen statt. Zudem kann in rechtsmedizinischen Instituten eine gesonderte Untersuchung zur Beweismittelerhebung erfolgen.
Eine medizinische Betreuung ist in jedem Fall nach einer Vergewaltigung indiziert, auch wenn keine äußerlich sichtbaren Verletzungen vorliegen. Das Opfer einer Vergewaltigung leidet häufig noch Stunden nach dem Ereignis unter einer akuten Belastungsreaktion (Angst, Herzklopfen und Beklemmungsgefühle).
Gespräch
Eine behutsame Befragung des Opfers sollte folgende Inhalte beinhalten:
- Wann war die letzte Menstruation?
- Wann war der letzte Geschlechtsverkehr?
- Alkohol- und Medikamenteneinnahme?
Das Opfer sollte den Tathergang schildern. Hierbei sollte besonders auf den Wahrheitsgehalt und den Bewusstseinszustand des Opfers geachtet werden.
Körperliche Untersuchung
Nach Möglichkeit sollte keine Reinigung des Körpers und kein Kleidungswechsel vor der Untersuchung stattfinden. Je rascher die körperliche Untersuchung stattfindet, desto mehr Spuren können üblicherweise gesichert werden. Jedoch ist auch eine zeitlich verzögerte medizinische Betreuung noch sinnvoll.
Wichtig ist ein sorgfältiges, aber behutsames Vorgehen, um eine Retraumatisierung des Opfers zu vermeiden. Die Untersuchung sollte sich auf folgende Fragestellungen konzentrieren: Bestehen Verletzungen:
- am äußeren und / oder inneren Genitalbereich?
- Hymenalverletzungen?
- im Bereich des Anus?
- an den Oberschenkelinnenseiten?
- im Bauchbereich?
- an den oberen Extremitäten, z.B. durch Abwehrhandlungen?
- am Rücken?
- am Halsbereich, z.B. Würgemale?
- im Gesichtsbereich und/oder am Mund?
Von großer Bedeutung ist die Spurensuche, insbesondere von Spermaspuren. Die Spurensuche erfolgt am Körper und der Kleidung des Opfers. Bei weiblichen Opfern wird Vaginalsekret aus dem hinteren Scheidengewölbe sowie aus dem Bereich der Zervix entnommen. Des Weiteren wird nach Blut, Harn und Textilien des möglichen Täters gesucht. Von besonderer Wichtigkeit ist die Asservierung und der Transport des gesicherten Materials.
Zudem sollte auch eine labormedizinische Untersuchung von Blut und Urin angeboten werden, um Infektionen mit HIV, Hepatitis B oder Hepatitis C sowie eine Schwangerschaft nachzuweisen. Ein weiterer Bestandteil ist die Urindiagnostik bezüglich Alkohol, Drogen und Medikamenten. Ebenfalls erfolgen Abstriche (genital, anal, oral) zum Ausschluss bzw. Nachweis sexuell übertragbarer Krankheiten.
Nachsorge
Behandlungsbedürftige Verletzungen oder Folgeerscheinungen erfordern die entsprechende medizinische Betreuung (z.B. chirurgisch, gynäkologisch, infektiologisch). Zudem sollten Informationen und Kontaktadressen für soziale Unterstützungsangebote sowie eine psychotherapeutische Betreuung ausgehändigt werden.
Medizinische Maßnahmen beim Täter
Befragung
Beim möglichen Täter sollte folgende Fragestellung beachtet werden:
- Wann war der letzte Geschlechtsverkehr?
- Medikamenten-, Alkohol- oder Drogenkonsum?
Der mögliche Täter sollte den Tathergang schildern.
Körperliche Untersuchung
- Bestehen Abwehr- und Kratzspuren, insbesondere an Extremitäten?
- Bestehen Bissverletzungen?
- Bestehen Verletzungen des männlichen Genitales?
Bei der Spurensuche am möglichen Täter wird gezielt nach Spuren des Opfers gesucht:
- Genitalsekret
- Haare, Textilfasern, Schamhaare, Harn, Speichel und Blutspuren
- Spermaspuren
Beim möglichen Täter kann eine HIV-Serologie auch ohne vorherige Einwilligung durchgeführt werden.
Weblinks
- Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben: Hilfetelefon - sexualisierte Gewalt
Literatur
- Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung 2016, abgerufen am 23.07.2021
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