Tisotumab-Vedotin
Handelsname: Tivdak®
Englisch: tisotumab vedotin
Definition
Tisotumab-Vedotin ist ein Chemoimmunkonjugat, das zu den sogenannten bewaffneten Antikörpern gehört und zur antineoplastischen Therapie verschiedener solider Tumoren eingesetzt wird.
Chemie
Tisotumab ist ein monoklonaler Antikörper des Subtyps IgG1, der an das Oberflächenantigen CD142, besser bekannt als Gewebefaktor (Tissue Factor) oder Faktor III, bindet. Als "Payload" trägt der Antikörper das Zytostatikum Vedotin, das auch als Monomethylauristatin E (MMAE) bekannt ist. Ein Peptidlinker bindet das Zytostatikum stabil an den Antikörper, sodass dessen zytotoxische Wirkung systemisch nicht zum Tragen kommt.
Biochemie
Der Gewebefaktor wird von vielen soliden Tumoren exprimiert, u.a. von Ovarialkarzinomen, Prostatakarzinomen, Blasenkarzinomen, Ösophaguskarzinomen, Endometriumkarzinomen und Bronchialkarzinomen. Er ist dabei in eine Reihe pathologischer Prozesse involviert, z.B. in das Tumorwachstum, die Metastasierung und die Neoangiogenese. Darüber hinaus setzen Tumorzellen Gewebefaktor-positive Mikropartikel frei, die im Blutkreislauf Thromboembolien auslösen können.[1]
Wirkmechanismus
Mit der Bindung von Tisotumab-Vedotin an CD142 auf der Zelloberfläche der Tumorzellen wird ein Antigen-Antikörper-Komplex gebildet, der von der Zelle per Endozytose aufgenommen wird. Intrazellulär wird die Zytostatikakomponente in den Lysosomen vom Antikörper abgetrennt. Diese Abspaltung erfolgt enzymatisch, indem ein aus Valin und Citrullin bestehendes Dipeptid durch Cathepsin gespalten wird. Das freigesetzte Monomethylauristatin E blockiert als Spindelgift in der Tumorzelle die Polymerisation von Tubulin und führt so zum Arrest der Zelle in der G2/M-Phase und schließlich zur Apoptose.
Indikation
Tisotumab-Vedotin ist zur Behandlung von erwachsenen Patientinnen mit rezidiviertem oder metastasiertem Zervixkarzinom und Krankheitsprogression unter oder nach einer systemischen Therapie zugelassen.
Darreichungsform
- Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung
Nebenwirkungen
Die häufigsten Nebenwirkungen sind:
- periphere Neuropathie
- Übelkeit
- Epistaxis
- Konjunktivitis
- Alopezie
- Anämie
- Diarrhoe
Zulassung
Tisotumab-Vedotin wurde im Januar 2025 von der EMA zur Zulassung empfohlen. Dieser Empfehlung ist die Europäische Kommission Ende März 2025 gefolgt.
Quellen
- ↑ Kasthuri RS1, Taubman MB, Mackman N.: Role of tissue factor in cancer. J Clin Oncol. 2009 Oct 10;27(29):4834-8. doi: 10.1200/JCO.2009.22.6324. Epub 2009 Sep 8.