Tarlov-Zyste
Synonym: Perineuralzyste, sakrale Wurzeltaschenzyste, meningeale Zyste, sakrale Nervenwurzelzyste
Englisch: perineural cyst
Definition
Tarlov-Zysten sind mit Liquor cerebrospinalis gefüllte Zysten der Nervenwurzeln. Sie treten am häufigsten im sakralen Wirbelsäulenbereich auf, kommen jedoch auch in anderen Bereichen der Wirbelsäule vor.
Epidemiologie
Die Angaben zur Prävalenz von Tarlov-Zysten variieren und liegen meist zwischen 5 und 9 % der Gesamtbevölkerung. Da nur ein sehr kleiner Anteil der Zysten symptomatisch ist, werden sie meist als Zufallsbefund im Rahmen einer radiologischen Untersuchung entdeckt. Die tatsächliche Prävalenz ist daher vermutlich höher. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
Ätiopathogenese
Die genaue Ursache für die Entstehung von Tarlov-Zysten ist bislang (2023) nicht geklärt. Die Zysten entstehen zwischen Peri- und Endoneurium im Übergangsbereich von der dorsalen Wurzel der Spinalnerven zum Spinalganglion. Die häufigste Lokalisation ist auf Höhe von S2 und S3.
Das teilweise sehr schnelle Wachstum der Zysten ist durch eine Einwegklappe an ihrem Eingang begründet, die durch zirkuläre Vernarbung der Arachnoidea mater entsteht. Durch die einseitige Verbindung zum liquorgefüllten Subarachnoidalraum kommt es dabei zum stetigen Wachstum der Zysten ohne Möglichkeit der Verkleinerung.
Der Druck, den die Tarlov-Zysten dabei auf die umgebenden Nervenfasern und das Periost der benachbarten Knochen ausüben, ist verantwortlich für die Schmerzsymptome.
Genetik
Obwohl Tarlov-Zysten in der Regel sporadisch auftreten, wird die Möglichkeit einer autosomalen Vererbung diskutiert. Darüber hinaus besteht eine Assoziation mit dem Marfan- und Ehlers-Danlos Syndrom.
Klinik
Tarlov-Zysten sind nur in seltenen Fällen (ca. 15 %) symptomatisch und werden häufig als radiologischer Zufallsbefund festgestellt. Klinisch äußern sie sich meist durch sakrale Ischialgien und sensible Ausfälle bis hin zu Paresen. Hierbei können Hyporeflexie, Muskelschwäche und Schwierigkeiten bei längerem Sitzen auftreten. Darüber hinaus sind Störungen der Blasen-, Mastdarm- und Sexualfunktion möglich.
Diagnostik
Die Diagnose einer Tarlov-Zyste erfolgt mittels Bildgebung. In Frage kommen MRT, CT, oder eine Myelographie. In der MRT weisen die Zysten liquorähnliche Signale auf, während sie sich in der Myelographie nur langsam mit Kontrastmittel anreichern. Ein weiterer typischer Befund ist ein erweitertes Foramen intervertebrale.
Differentialdiagnostik
Die wichtigsten Differentialdiagnosen sind:
Therapie
Eine Therapie der Tarlov-Zyste erfolgt nur, wenn sie symptomatisch ist. Sie kann konservativ (Schmerztherapie) oder neurochirurgisch sein. Die chirurgischen Ansätze umfassen unter anderem eine Drainage des Liquor cerebrospinalis, eine CT-gesteuerte Aspiration der Zyste, eine dekompressive Laminektomie, oder eine mikrochirurgische Eröffnung der Zyste.
Prognose
Tarlov-Zysten reagieren in der Regel auf die chirurgische Therapie mit einem schnellem Symptomrückgang. Komplikationen entstehen vor allem durch die hohe postoperative Rezidivrate bei chirurgischer Intervention.
Literatur
- Neulen et al., Sakrale Wurzeltaschenzysten - Epidemiologie, Diagnostik und Therapie, Die Wirbelsäule, 2021
- Forsting und Jansen, MRT des Zentralnervensystems, 2. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, Stuttgart: Thieme, 2014
- orpha.net - Perineural cyst, abgerufen am 11.02.2023
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