Taenia hydatigena-Zystizerkose (Schwein)
Synonym: Taenia hydatigena-Zystizerkose des Schweines
Definition
Als Taenia hydatigena-Zystizerkose des Schweines bezeichnet man einen Befall mit den Larven von Taenia hydatigena beim Schwein.
Erreger
Cysticercus tenuicollis (dünnhalsige Finne) ist die Metazestode von Taenia hydatigena (geränderter Bandwurm des Hundes). Der Durchmesser der Finne kann bis zu 8 cm betragen.
Vorkommen
Die Finnen befinden sich in den serösen Häuten und im subserösen Gewebe. Sie können in der Bauchhöhle (Omentum majus, Leber), seltener aber auch in der Brusthöhle von Schafen und Schweinen sowie anderen domestizierten und wild lebenden Huftieren vorkommen.
Taenia hydatigena ist weltweit verbreitet. Die Häufigkeit des Auftretens ist stark vom Hygienestandard der Schweinehaltung abhängig.
Entwicklung
Schweine stecken sich auf Ausläufen, Wiesen (Grünfutter), Stallungen oder über Trinkwasser mit Taenia hydatigena-Eiern an. Die Parasiten stammen dabei meist aus dem Kot befallener Hunde, eventuell auch von Füchsen.
Nachdem die Eier oral aufgenommen wurden, werden die Onkosphären (Hakenlarven, Erstlarven) im Darm freigesetzt. Diese bohren sich anschließend in die Darmwand ein und gelangen so über die Vena portae zur Leber, um dort durch das Parenchym an die Organoberfläche zu wandern. Manche dieser Larven entwickeln sich schon unter dem subserösen Leberüberzug zu Finnen weiter. Der Großteil der Larven gelangt jedoch über die Leberserosa in die Peritonealhöhle und entwickelt sich in Netz und Gekröse weiter.
Innerhalb von 6 bis 8 Wochen erreichen sie ihr infektiöses Stadium, wobei sie zu diesem Zeitpunkt schon in ihrer Größe variieren können (walnuss- bis mandarinengroß). Da die Finnen subserös liegen, wölben sie die Serosa kugelig bzw. sackförmig vor und kommen so zum Durchschein. Finnen, die aus den serösen Hüllen herausgelöst sind, bestehen aus einer dünnen Blasenwand (Integument und Parenchym) und einer mit wasserklarer Flüssigkeit gefüllten Höhle. In diesem Hohlraum ist die Kopfanlage des Parasiten eingestülpt und wird von außen als weißliches, etwa hanfkorngroßes Gebilde sichtbar. Der Skolex ist mit 28 bis 36 Haken versehen.
Die Finnen liegen meist dicht auf einem Organ beisammen und sind rundlich-kugelförmig ausgebildet. Finnen - die am Netz oder am Peritoneum hängen - sind meist langstielig und sackförmig. Der Entwicklungszyklus schließt sich dann, wenn fertile Finnen von einem Endwirt aufgenommen werden.
Pathogenese
Im Leberparenchym wandernde Larven gelten als pathogen. Sie verursachen scharf begrenzte, geschlängelte, dunkelrote Bohrgänge, die mit Blut und Zellen gefüllt sind. Es bilden sich keulenförmige Bläschen, die 12 Tage p.i. ca. 2 bis 3 mm lang und erreichen nach etwa 3 Wochen eine Länge von 10 mm. 4 Wochen nach der Infektion beginnt in ihnen die Differenzierung der Kopfanlage. Einzelne Parasiten haben keinen nennenswerten Einfluss auf die Gesundheit der Tiere.
Da Schweine jedoch als bekannte Kotfresser (Koprophagie) immer wieder einmal ganze Proglittiden aufnehmen, gelangen viele hundert jugendliche Finnen in den Körper und von dort aus in die Leber. Die mit zahlreichen Bohrgängen durchsetzte Leber erscheint geschwollen (Hepatitis cysticercosa). In dieser Infektionsphase (etwa 3 bis 4 Wochen p.i.) kann es zu plötzlichen Todesfällen kommen. In der Peritonealhöhle findet man meist größere Mengen rötlich-wässriger Flüssigkeit, in der auch oftmals reiskorngroße Finnen enthalten sind. Alte Bohrgänge erscheinen aufgrund von eosinophilen Granulozyten grünlich. Im späteren Verlauf werden sie durch Bindegewebe ersetzt. Ein Massenbefall kann auch zu Wanderstadien in der Lunge führen.
Klinik
Klinische Erscheinungen können auch bei hochgradigem Befall oftmals erstaunlich gering ausfallen. Ein perakuter Verlauf geht oftmals mit plötzlicher Futterverweigerung einher. Es können jedoch auch Tiere tot aufgefunden werden, ohne dass vorher Krankheitserscheinungen beobachtet wurden.
In Jungtiergruppen werden seuchenartige Krankheitsausbrüche beobachtet. Manchmal geht dem Tod ein langwieriges Krankheitsstadium voraus: Inappetenz, allmähliche Erschöpfung, zunehmende Anämie, Fieber sowie Druckdolenz (bei Peritonitis). Akut infizierte Tiere reagieren mit vermindertem Hämatokrit und Hb sowie erhöhten Leberenzymkonzentrationen im Serum.
Diagnose
Eine Diagnosestellung ist am lebenden Tier nicht mit Sicherheit möglich, da ein serologischer Nachweis mittels ELISA nicht routinemäßig angewandt wird. Manchmal können die reiskorngroßen Finnen in der Peritonealflüssigkeit nach Punktion nachgewiesen werden.
Die Bestätigung einer Taenia hydatigena-Zystizerkose erfolgt meist post mortem durch den Nachweis der Finnen oder der charakteristischen Leberveränderungen.
Therapie
Die Zystizerkose kann mit Praziquantel (50 mg/kgKG täglich über 5 Tage, 10 mg/kgKG über 14 Tage oder einmalig 100 mg/kgKG p.o.) behandelt werden. Dabei bewirkt die Therapie eine effektive Abtötung infektionsreifer Finnen, wobei eine systematische Behandlung beim Schwein nicht zugelassen und auch nicht praktikabel ist. Aus diesem Grund sollte das Hauptaugenmerk auf der Prophylaxe einer Kontamination der Stallungen mit Taenia hydatigena liegen.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Literatur
- Boch, Josef, Supperer, Rudolf. Veterinärmedizinische Parasitologie. 6. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Parey Verlag, 2005
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