Spannsägenkonstruktion (Veterinärmedizin)
Definition
Als Spannsägenkonstruktion bezeichnet man den Halteapparat aus Muskeln, Sehnen und Bändern an der Hinterextremität des Pferdes.
Anatomie
Die Spannsägenkonstruktion ist wie der Spannbandapparat der Vordergliedmaße aus bandartig modifizierten Muskeln aufgebaut, die im Zusammenwirken mit dem Skelett die Muskelarbeit beim Tragen des Gewichtes reduzieren.
Da das Hüftgelenk keine besonderen Fixierungseinrichtungen besitzt, muss Energie aufgewendet werden, da die umliegenden Muskeln zur Kontraktion gezwungen werden. Weil Muskeln ermüden, verlagern Pferde, die länger stehen müssen, das Gewicht von Zeit zu Zeit von einer Beckengliedmaße auf die andere. Die Hintergliedmaße ist somit nicht nur für den Vorwärtstrieb bei der Bewegung zuständig, sondern funktioniert im Stand auch zum Tragen und Stützen des gesamten Körpers. Das Hüftgelenk bildet dabei den Stützpunkt des Körpergewichts. Aufgrund dessen befindet sich auch senkrecht unter diesem der Huf. Wird nun eine Verbindungslinie zwischen dem Hüftgelenk und dem Huf gezogen, so verläuft diese kaudal des Kniegelenks und kranial des Sprung-, Fessel- und Krongelenks.
Für die Fixierung der distal des Hüftgelenks gelegenen Gelenke sind Sehnen ausgebildet, die während der Belastung im Stand unter Spannung gehalten werden, um die Einzelgelenke zu fixieren.
Kniegelenk
Am Kniegelenk gleitet bei Beuge- und Streckbewegung die Patella auf der Trochlea ossis femoris auf und ab (Schlittengelenk). Die Patella wird bei starker Extension über den proximalen Rand der Gelenkfläche gezogen, wobei sie gleichzeitig durch muskuläre Unterstützung nach medial gedrängt wird. Durch diese Verlagerung der Patella kommt es zur Fixierung am medialen Rollkamm des Oberschenkelbeins.
Damit die Patella nach medial gezogen werden kann, müssen der Musculus sartorius, der Musculus gracilis und der Musculus semimembranosus kontrahieren. Sie setzen geschlossen am medialen Kniescheibenband an und ziehen dieses mitsamt der Patella in die entsprechende Richtung. Um die Kniescheibe an der Trochlea femoris zu fixieren, ist zusätzlich eine Schlaufe ausgebildet (Fibrocartilago parapatellaris medialis). Diese Schlaufe entsteht aus dem medialen und mittleren Kniescheibenband, zusammen mit dem medialen Ansatzknorpel. Der Vorgang des Einhakens der Schlaufe und der Fixierung der Patella proximal des Rollkamms wird im Sprachgebrauch auch als "Schildern" bezeichnet.
Wird im Anschluss das Kniegelenk unter der Körperlast gebeugt, spannen sich die geraden Kniescheibenbänder an und die Kniescheibe sitzt nachfolgend dem nasenartigen Vorsprung des medialen Rollkamms auf. Das Knie wird in der Streckstellung blockiert, ohne dass Muskelkraft aufgewendet werden muss.
Um das Knie wieder zu beugen, muss der Fixierungsmechanismus gelöst werden. Dies geschieht dann, wenn die Gliedmaße entlastet und die Patella durch die Kraft des Musculus quadriceps femoris hochgezogen wird. Gleichzeitig wird die Kniescheibe unter Mitwirkung des Musculus biceps femoris nach lateral bewegt und so wieder in die Trochlea ossis femoris gehoben. Das Kniegelenk kann jetzt wieder gebeugt werden.
Sprunggelenk
Die Fixierung des Sprunggelenks steht in engem Zusammenhang mit der Feststellung des Kniegelenks. Dabei wird das Sprunggelenk durch zwei sehnige Stränge, die kranial und kaudal der Tibia verlaufen und jeweils am Oberschenkelbein und am Metatarsus bzw. Tarsus ansetzen, in Stellung gehalten.
Die kraniale Sehne wird durch den, beim Pferd rein sehnigen, Musculus fibularis tertius (Tendo femorotarseus), gestellt. Er entspringt am lateralen Condylus und inseriert distal am Tarsus sowie Metatarsus. Die kaudale Unterschenkelseite wird durch den stark sehnig durchsetzten Musculus flexor digitalis superficialis entgegengesetzt verspannt. Der oberflächliche Zehenbeuger hat seinen Ursprung kaudal am Oberschenkel (Fossa supracondylaris) und setzt am Tuber calcanei an.
Beide Sehnen, die Tendo femorotarseus und die Tendo plantaris, erzeugen zwischen beiden Gelenken (Knie- und Sprunggelenk) während der Bewegung eine obligate Kopplung. Aus diesem Grund sind Beuge- und Streckbewegung nur gleichzeitig möglich, weshalb die Bewegung beider Gelenke mit einem Treibriemen oder einer Spannsäge verglichen wird. Diese Beziehung zwischen Extension und Flexion verleiht dem Spannbandapparat der Hinterextremität die Bezeichnung "Spannsägenkonstruktion".
Im Gegensatz zur Vorderextremität nimmt das Basipodium (Tarsalgelenk) eine gewinkelte Stellung ein. Durch diese Winkelung ist eine stärkere Fixierungseinrichtung notwendig. Diese wird durch den sehnigen Musculus flexor digitalis superficialis gewährleistet. Die Stabilisierung des Zehengrundgelenks und der Zehengelenke erfolgt ähnlich wie an der Vorderextremität über den Fessseltrageapparat und die Beugesehnen.
Literatur
- Messner, Patrick, Renkin, Maria. Anatomie des aktiven & passiven Bewegungsapparates der Haussäugetiere. Band III (Myologie). Vienna Academic Press, 2017
um diese Funktion zu nutzen.