Skorbut
Synonyme: Möller-Barlow-Krankheit, Möller-Barlow-Syndrom, Scharbock
Englisch: scurvy
Definition
Skorbut ist eine schwere Form des Vitamin-C-Mangels. Sie zählt zu den so genannten Hypo- bzw. Avitaminosen. Bei Säuglingen wird der Skorbut als Möller-Barlow-Krankheit oder Möller-Barlow-Syndrom bezeichnet.
- ICD-10 Code: E54
Pathogenese
Vitamin C (Ascorbinsäure) muss mit der Nahrung ausreichend aufgenommen werden, da es vom menschlichen Körper nicht selbst synthetisiert werden kann. Eine Vitamin-C-Hypovitaminose führt zu einer unzureichenden Bildung von Kollagen bzw. zur Bildung defekter Kollagene. Kollagene sind wichtige Faserproteine des menschlichen Bindegewebes.
Symptome
Ein Skorbut manifestiert sich vor allem an Geweben mit hohem Kollagen-Turnover wie Bindegewebe, Knochen, Knorpel und Blutgefäßen. Die spezifischen Symptome zeigen sich an verschiedenen Organsystemen. Darüber hinaus bestehen Allgemeinsymptome wie Schwächegefühl, Leistungsabfall und Fieber.
Haut
Im Prodromalstadium (1-3 Monate) äußert sich der Mangel durch eine blaßgelbe Hautfarbe sowie follikuläre Hyperkeratosen, wo im Anschluss an körperliche Anstrengungen petechiale Blutungen entstehen. Später kommt es zu größeren Blutungen in die Muskulatur und unter das Periost, welche mit ziehenden Gliederschmerzen ("Skorbutrheumatismus") verbunden sind.
Die Blutungen entstehen bevorzugt in den Beugemuskeln der unteren Extremitäten und an den Stellen, die wie die Kniekehlen und die Umgebung der Achillessehnen bei Bewegung gedehnt werden.
Schleimhäute
- Schleimhautblutungen
- Gingivitis mit Zahnfleischbluten
Bei der Gingivitis verquellen zunächst die Interdentalpapillen im Bereich der Schneidezähne, wobei Blut spontan oder auf Druck aus den Zahnfleischtaschen sickert. Später schwillt die gesamte Mundschleimhaut, sie erscheint blaurot und schwammig, zuletzt sind auch die Molaren betroffen.
Immunsystem
- Immundefizienz mit erhöhter Infektanfälligkeit
- verzögerte Wundheilung
- Entzündungen
Bewegungsapparat
- Subperiostale Blutungen, dadurch starke Knochenschmerzen
- Entzündungen der Gelenke, Gelenkschwellung
- Muskelschmerzen
Blut
Bei länger andauerndem Skorbut kann es zu allgemeiner Auszehrung, zunehmendem Kräfteverfall und Zahnverlust kommen.
Therapie
Die Therapie besteht in der Behebung des Vitaminmangels durch ausreichende orale oder parenterale Gabe von Vitamin C.
Eine ausreichende Prophylaxe ist durch eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung gegeben. Diese sollte vorzugsweise in Form von Früchten, Obst und Gemüse erfolgen - vor allem Zitrusfrüchte enthalten sehr viel Ascorbinsäure. Bei nicht ausreichender Zufuhr über die Nahrung kann gegebenenfalls für einige Zeit auf Nahrungsergänzungsmittel mit Ascorbinsäure zurückgegriffen werden, diese können jedoch eine gesunde Ernährung nicht ersetzen.
Geschichte
Skorbut ist eine der am längsten bekannten Avitaminosen. Früher wurde die Mangelerscheinung oft als "Seefahrerkrankheit" beschrieben. Die Symptome traten vermehrt bei Seefahrern auf, deren Ernährung auf langen Schiffsreisen häufig unzureichend war.
Zum ersten Mal wurde der Skorbut zu Zeiten Hippokrates um ca. 400 v. Chr. beschrieben, jedoch wurde erst 1747 durch den englischen Schiffsarzt James Lind bewiesen, dass die Symptome durch das Essen von Zitrusfrüchten verhindert werden können. Seine Untersuchung auf einer Seereise gilt als erste kontrollierte Studie in der modernen Medizin.
Doch auch nach dieser Erkenntnis blieb Skorbut unter den Seefahrernationen ein Problem. Selbst die britische Kriegsmarine führte die regelmäßige Versorgung mit Vitamin-C-haltigen Früchten erst 48 Jahre später ein. Da hierfür die kostengünstigeren Limetten eingesetzt wurden, die einen charakteristischen Geruch hervorrufen, erhielten die britischen Matrosen den Spitznamen "Limey". Auch ein Jahrhundert nach James Lind wurde vielerorts noch geglaubt, dass Skorbut durch regelmäßige Hygiene und Sport vorgebeugt werden kann.
Einige Marinehistoriker vertreten die Ansicht, dass der berühmte Sieg der britischen Marine über die Franzosen in der Seeschlacht von Trafalgar auch darin begründet lag, dass bei den britischen Besatzungen schon eine Vitamin-C-Prophylaxe üblich war, bei den französichen dagegen nicht. Die französiche Flotte war vor der Schlacht bereits zweimal über den Antlantik gesegelt, wodurch genug Zeit für die Entwicklung von Skorbut bestand.
Auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts spielte Skorbut noch eine relativ große Rolle. So wurden zum Beispiel im ersten Weltkrieg noch einige Soldaten Opfer dieser Avitaminose. Erst im Jahr 1932 wurde bewiesen, dass es der Mangel an Ascorbinsäure ist, der die Symptome auslöst. Trotzdem gab es auch während des zweiten Weltkriegs noch zahlreiche Skorbut-Opfer in Konzentrations- und Kriegsgefangenenlagern. Heute spielt Skorbut nur noch in Ländern der Dritten Welt eine Rolle, vor allem bei chronischer Mangelernährung. In westlichen Industrienationen kommt er kaum noch vor.
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