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Respiratorischer Quotient

Synonym: RQ
Englisch: respiratory quotient, respiratory exchange ratio

1. Definition

Der respiratorische Quotient, kurz RQ, gibt das Verhältnis zwischen gebildetem bzw. abgeatmetem CO2 und dem vom Körper aufgenommenen O2 wieder. Letzteres entspricht der Differenz aus dem O2-Gehalt der Inspirationsluft und dem O2-Gehalt der Alveolarluft.

2. Formel

Der respiratorische Quotient errechnet sich wie folgt:

  • RQ = VCO2 / VO2

Die Mengen werden in Mol angeben, der Faktor selbst ist dimensionslos.

3. Physiologie

3.1. Hintergrund

Im Stoffwechsel werden Nährstoffe schrittweise zu energieärmeren Stoffen abgebaut, wobei Energie freigesetzt wird. Verschiedene Nährstoffe erbringen unterschiedlich viel Energie, man spricht vom sogenannten Brennwert. Um Nahrung zu verbrennen, wird Sauerstoff benötigt. Wenn die Zusammensetzung der Nahrung bekannt ist, lässt sich die aus Sauerstoff erzeugte Energie genau bestimmen. So wird z.B. bei der Verbrennung von Glukose 21,0 kJ pro Liter Sauerstoff gewonnen (kalorisches Äquivalent).

Ob ein Körper zu einem Zeitpunkt eher Fette oder Kohlenhydrate verbrennt, lässt sich aus dem RQ ableiten. Nach Bestimmung des Quotienten kann man durch eine Tabelle das entsprechende kalorische Äquivalent ablesen. Wird dieser Wert mit der Sauerstoffaufnahme über die Zeit multipliziert, erhält man den Energieumsatz. Das ist das Grundprinzip der indirekten Kalometrie.

3.2. Messung

Der RQ lässt sich aus der theoretischen CO2-Bildung und dem O2-Verbrauch berechnen. Beispielsweise lautet bei kompletter Oxidation von Ethanol die chemische Reaktionsgleichung:

  • C2H5OH + 3 O2 -> 2 CO2 + 3 H2O

Entsprechend beträgt der RQ von Ethanol 2/3 = 0,67.

Die durchschnittlichen respiratorischen Quotienten der verschiedenen Energieträger betragen:

  • Kohlenhydrate: RQ = 1
  • Proteine: RQ = 0,80–0,85
  • Fette: RQ = 0,7

Um den RQ zu messen und damit Rückschlüsse auf die Energiequellen ziehen zu können, verwendet man die Spirometrie. Je höher der gemessene RQ, desto mehr Energie wird aus Kohlenhydraten gewonnen. Je kleiner der Wert ist, desto mehr basiert die Energiegewinnung auf Fetten. Bei der durchschnittlichen Ernährung in Mitteleuropa beträgt der RQ etwa 0,82.

3.3. Fehlerquellen

Nicht immer können die Energiequellen anhand des RQ zweifelsfrei zugeordnet werden:

  • Bei ausschließlicher Kohlenhydratzufuhr steigt der RQ an. Da Kohlenhydrate schnell verfügbar sind, wird ihre direkte Oxidation bevorzugt zur Energiegewinnung genutzt. Zusätzlich wird die Lipolyse durch Insulin gehemmt und die Fettverbrennung nimmt anteilig ab. Ein weiterer Faktor ist, dass die Lipogenese aus Kohlenhydraten in der Leber ansteigt. Dabei kann der RQ vorübergehend sogar auf >1,0 ansteigen. Der Grund dafür ist, dass für die Fettsäuresynthese NADPH benötigt wird, das über den Pentosephosphatweg unter CO2-Freisetzung gebildet wird.
  • Bei Hungernden finden sich erniedrigte RQ-Werte.
  • Erniedrigte Werte bei schlecht eingestellten Diabetikern: Aufgrund der eingeschränkten Glukoseverwertung werden vermehrt Fettsäuren über die Betaoxidation abgebaut und der Proteinabbau reduziert.
  • Bei Hyperventilation (z.B. im Rahmen von psychischen Belastungssituationen oder zur Kompensation von metabolischen Azidosen) wird vermehrt CO2 abgeatmet, welches nicht aus dem Stoffwechsel, sondern aus dem Bicarbonat-Puffer stammt. Da die Sauerstoffaufnahme bei Hyperventilation praktisch gleich bleibt, kann der RQ bis auf 1,4 ansteigen.

3.4. Leistungsphysiologie

Zur Untersuchung der aeroben Leistungsfähigkeit werden unter anderem Ausdauertests angewendet. Mittels Spiroergometrie kann der respiratorische Quotient bestimmt werden. Bei Belastung steigt er an, wobei ein Wert größer als 1,1 ein Zeichen der Ausbelastung ist (anaerobe Schwelle): Da durch anaerobe Glykolyse Laktat entsteht und der pH-Wert im Blut sinkt (Azidose), wird in der Niere kompensatorisch mehr Bikarbonat rückresorbiert. Die Carboanhydrase katalysiert aus Bikarbonat Wasser und CO2. Letzteres führt zur Erhöhung des RQ.

4. Respiratorische Austauschrate

Neben dem RQ findet man in der englischsprachigen Literatur häufig die Bezeichnung "respiratory exchange rate" (RER) für "respiratorische Austauschrate". Die Abgrenzung zwischen den Begrifflichkeiten ist häufig nicht ganz klar und sie werden zum Teil synonym verwendet.

Während die RER sich auf das Verhältnis von CO2-Abgabe und O2-Aufnahme im Bereich des Mundes bzw. der Lunge bezieht ("Lungen-RQ"), steht der RQ für den metabolischen Umsatz innerhalb der Zelle ("Stoffwechsel-RQ").[1][2] Unter Steady-State-Bedingungen bei gleichmäßiger Atmung unterscheiden sich RER und RQ nicht. Durch eine Hyper- oder Hypoventilation kommt es allerdings zu einer Entkopplung des RER vom RQ.

5. Quellen

  1. Kroidl, Rolf F. et al. Kursbuch Spiroergometrie Thieme, 2015
  2. Patel, Hiran et al. Physiology, Respiratory Quotient Stat Pearls, 2021

6. Literatur

  • Schmidt, Lang, Heckmann: Physiologie des Menschen, 31. Auflage, 2010, Heidelberg: Springer
  • Klinge, Pape, Kurtz, Silbernagl: Physiologie, 6. Auflage, 2009, Stuttgart: Thieme
  • Kroidl, Schwarz, Lehnigk, Burghart: Kursbuch Spiroergometrie, 2015: Thieme

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