Reptil
Synonyme: Reptilia, Kriechtiere
Englisch: reptile
Definition
Die Reptilien sind in der klassischen Biologie eine Klasse der Wirbeltiere. Aus Sicht der modernen Taxonomie werden die Reptilien über gemeinsame Merkmale definiert, stellen jedoch kein Monophylum dar. Zahlreiche Arten haben Bedeutung als Klein- und Heimtiere.
Biologie
Die Haut der Reptilien ist schuppig und durch den Gehalt von β-Keratin ausgezeichnet. Sie ist trocken, drüsenarm und wasserdicht, wodurch Wasserverlust minimiert und ein Überleben in trockenen Umgebungen ermöglicht wird. Die Haut wird von Zeit zu Zeit abgeschilfert oder erneuert (Schildkröten, Krokodile) oder mit einem Mal durch Häutung in Fetzen (Echsen) oder im Ganzen (Schlangen) erneuert. Die Häutungsintervalle nehmen mit steigendem Alter ab.
Der Gasaustausch findet über Lungen statt. Bei Schlangen ist der rechte Lungenflügel zumeist zurückgebildet. Einige Schildkröten nutzen zudem die Schleimhäute der Kloake für den Gasaustausch im Wasser. Das Herz ist dreikammerig und venöses und arterielles Blut mischen sich teilweise. Bei Krokodilen ist das Herz vierkammerig. Das Skelett ist nahezu vollständig verknöchert. Es sind zwischen 40 und über 400 (Schlangen) Wirbel vorhanden. Die Ausführungsgänge von Harn-, Verdauungs- und Geschlechtsorganen münden gemeinsam in die Kloake.
Reptilien sind Amnioten. Die Befruchtung erfolgt innerlich. Die meisten Arten pflanzen sich durch Oviparie (eierlegend) fort. Einige Echsen und Schlangen sind eilebendgebärend (Ovoviviparie). Ein wichtiger Unterschied zu den Amphibien ist die prinzipiell wasserunabhängige Fortpflanzung.
Reptilien sind ektotherm; das bedeutet, sie können ihre Körpertemperatur nicht durch eigene Stoffwechselvorgänge regulieren. Die Körpertemperatur wird durch Anpassungen des Verhaltens (z.B. Aufsuchen von Sonne oder Schatten) oder die Veränderung der Färbung (Abdunkeln, Aufhellen) geregelt. Der Energiebedarf von Reptilien entspricht weniger als 10 Prozent des Bedarfs eines Säugetiers, wodurch der Nahrungsbedarf entsprechend geringer ist.
Merkmale ausgewählter Reptilien
Taxon | Merkmale |
---|---|
Testudines (Schildkröten) | Harter Panzer als Schutzanpassung; Kiefer ohne Zähne; eierlegend. |
Sphenodontia (Brückenechsen) | Auffällig große Schädelfenster; eierelegend. |
Squamata (Schuppenkriechtiere) | Echsen: zumeist mit Gliedmaßen, einige Vertreter ohne Gliedmaßen; Größe zwischen wenigen Zentimetern und 3 Metern; carnivore und omnivore Vertreter; eierlegend- oder eilebendgebärend. Schlangen: ohne oder mit rudimentären Gliedmaßen; carnivor mit Spezialisierungen für den Beuteerwerb; einige mit Giftdrüsen und Fangzähnen; spezielle Sinnesorgane wie das Jacobson-Organ oder Grubenorgane (Infrarotwahrnehmung); lockere und gelenkige Kiefer; Größe zwischen 0,3 und 9 Metern; eierlegend oder eilebendgebärend. |
Crocodylia (Krokodile) | Wassergebundene Lebensweise; carnivor; eierlegend; bemerkenswertes Brutverhalten; Größe je nach Art bis 6 Meter; Herz vierkammerig; eng verwandt mit Vögeln. |
Systematik
Es wurden bisweilen etwa 8.000 rezente Arten beschrieben. Die ersten Reptilien sind aus dem Ober-Karbon (300 mya) bekannt. Traditionell werden die Reptilien als eine Klasse der Wirbeltiere betrachtet und in folgende Ordnungen eingeteilt:
Diese Auffassung der Reptilien ist in taxonomischer Hinsicht überholt, da es sich nicht um eine monophyletische Klade handelt. Das bedeutet, die Angehörigen dieser Tiergruppe sind nicht allesamt auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückzuführen. Eine Möglichkeit der Einteilung entsprechend der biologisch-evolutiven Verwandtschaft bezieht die Vögel mit ein:
- Sauropsida
- Parareptilia (ausgestorben)
- Diapsida
- Schuppenechsen (Lepidosauria)
- Sphenodontia (Brückenechsen)
- Squamata (Schuppenkriechtiere): i.e.L. Schlangen und „Echsen“
- Archosauria: schließen Flugsaurier (ausgestorben), Dinosaurier inkl. Vögel und Krokodile ein
- Schuppenechsen (Lepidosauria)
Die exakte Stellung der Schildkröten ist unklar.
Reptilienkrankheiten
Insbesondere durch die weite Verbreitung der Reptilienhaltung in privaten Haushalten gewinnen Reptilienerkrankungen auch in Deutschland Bedeutung für die Veterinärmedizin. Die häufigsten Erkrankungen sind:
- Beschwerden durch Vitamin- oder Mineralstoffmangel
- Vitamin-A-Mangel führt zu Häutungsschwierigkeiten
- Mangelnde UV-Beleuchtung führt besonders bei Echsen und Schildkröten zu Vitamin-D-Mangel und Rachitis
- Infektionen und Parasitosen, z.B. durch:
- Spulwürmer
- Flagellaten
- Amöben
- Kokzidien
- Kryptosporidien
- Milben (Ektoparasiten)
- bakterielle Infektionen des Gastrointestinaltrakts
- Maulfäule
- Pneumonie
- Abzeße
- Bisswunden durch andere Tiere
Oftmals sind Erkrankungen auf falsche Haltungsbedingungen zurückzuführen. Die entsprechenden Parameter sind daher stets zu kontrollieren und ggf. zu korrigieren.
Beim Kauf neuer Tiere können folgende Merkmale herangezogen werden, um die Gesundheit eines Tieres zu beurteilen:
- aktives Fluchtverhalten (jedoch mit artspezifischen oder individuellen Variationen)
- helle, nicht eingefallene Augen; Schnauze schließt gut; keine Schleimabsonderungen aus Augen oder Nasenöffnungen
- keine eingefallene Haut
- Haut intakt und ohne Häutungsreste
- Kloake ist nicht verunreinigt
- der Kot ist von normaler Konsistenz
- es sind keine Milben erkenntlich
Neu erworbene Tiere sollten zunächst isoliert gehalten werden (Quarantäne), bevor sie mit anderen Reptilien vergesellschaftet werden. In regelmäßigen Abständen sollten Untersuchungen von Kotproben veranlasst werden. Dies ist besonders dann angeraten, wenn mehrere Tiere in unterschiedlichen Terrarien gepflegt werden. Hygienische Vorkehrungen sind zu treffen, um das Verschleppen von potentiellen Pathogenen zwischen Populationen verschiedener Terrarien zu erschweren.
Toxine
Unter den Reptilien sind einige Vertreter für die Bildung von Toxinen zum Zwecke der Verteidigung und zum Beuteerwerb bekannt. Die Toxine werden in modifizierten Speicheldrüsen gebildet. Bei zahlreichen Schlangen und Echsen münden Giftkanäle in den Kiefer und werden beim Biss mit dem Speichel in die Giftwunde eingebracht. Dies ist etwa beim Komodowaran (Varanus komodoensis) der Fall. Zudem gibt es bei den Schlangen verschiedene Typen von Giftzähnen, die eine gezielte Verabreichung des konzentrierten Toxinsekrets beim Biss ermöglichen.
Die Effekte der Toxinsekrete variieren stark. Häufige Komponenten sind:
- Neurotoxine
- Zytotoxine
- Hämotoxine
- Myotoxine
- Pro- und Antikoagulantien (Beeinflussung der Hämostase)
Medizinische Bedeutung
Reptilientoxine können zur Entwicklung neuer Arzneistoffe und Diagnostika beitragen. Oftmals wird auf biotechnische Verfahren zurückgegriffen, um die Substanzen zu erhalten. Beispiele für bereits zugelassene Wirkstoffe sind:
Literatur
- Storch & Welsch: Kurzes Lehrbuch der Zoologie, Spektrum akadem. Verl., 8. Auflage, 2005.
- Campbell & Reece: Spektrum Lehrbuch Biologie, Spektrum akadem. Verl., 6. Aufl.
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